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Das Musterbuch (German Edition)

Das Musterbuch (German Edition)

Titel: Das Musterbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Mantovana
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vom Tod des Vaters verursachte immer noch ein Würgen in seinem Hals, so dass Elena ihren Arm um Giovanni legte. Dabei waren sie sich nah wie ehemals.
"So kann es nicht weitergehen. Während Alberto unseren Sohn wie den seinen erzieht und du jedesmal, wenn du ihn anschaust, an mich denkst, und ich von euch entfernt meinen Alltag verbringe...," Giovannis Stimme wurde immer lauter. " Zitto, caro !“, unterbrach sie ihn. „… es stimmt doch nicht: wir werden uns sehen, so oft wie möglich! Und Giovannino soll von dir profitieren, von seinem Vater. Alberto ist als Konsul ohnehin öfters auf Reisen, so dass ....". Niemals hätte Elena für möglich gehalten, eine untreue Gattin zu werden. Aber was konnte sie tun, die sie ihren pittore immer noch so sehr liebte? Giovanni spürte, dass diese Lösung für ihn nur Qualen verursachen würden, aber zunächst beschloss er, die Zeit mit Elena und ihrem gemeinsamen Kind zu geniessen.
     
***
     
     
Ein Jahr war kaum vergangen, da offenbarte Anna ihren Kindern ihr Testament. Ein Notar, die drei Söhne sowie Nicolosia mussten beim Verlesen anwesend sein. Nicolosia wurde von ihrem Mann Andrea begleitet.
"...verfügt Signora Anna Rinversi da Pesaro, die Witwe des maestro Jacopo Bellini, dass ihre beiden Söhne Gentile und Niccolo sich den gesamten Bestand des Ateliers bereits jetzt teilen dürfen und die Tochter Nicolosia das Wohnhaus samt Inhalt erben wird. Gezeichnet anno 1471 etc. " "Das glaub ich nicht!" schrie Giovanni seine Mutter an, "Du willst mich gar nicht, überhaupt nicht berücksichtigen?" "Nein, Giovanni, du bist jetzt alt genug, der Tatsache ins Auge zu sehen: ich bin nicht deine Mutter, das ahntest du vielleicht schon - nun weisst du es!"
Giovanni verliess ohne ein Wort zu sagen den Raum, wobei er die Tür zuschlug. Erst draussen schnappte er wieder nach Luft, wobei er im stürmischen Gang beinahe eine junge Frau vor der Zaccaria-Kirche umgelaufen hätte. "Nicht so stürmisch...", ihr fiel dabei der Inhalt ihres Korbes heraus, Tomaten, Zucchini und Melonen. Giovanni, der mit zwei Handgriffen beim Einsammeln half, blickte ihr in die Augen, in ihm bekannte blaue Augen, nur vorher kannte er sie? Grusslos liess er sie stehen und eilte mit Tränen in den Augen in die Kirche. Die Kühle des sakralen Raumes tat ihm gut.
     

Kapitel XXIV
anno 1475
     
     
Antonello kam aus dem Süden Italiens, genauer aus Messina, wurde aber in Neapel bei Colantonio ausgebildet. Im Jahre 1475 traf er in Venedig ein und revolutionierte die Kunst der Serenissima, vor allem hinsichtlich der Maltechnik. Hier führte er die von ihm durch die Niederländer erlernte Ölmalerei ein, welche im Vergleich zur Tempera-Technik mit Ei als Emulsion eine grössere Bildtiefe und mehr Transparenz evozierte. Er machte sich mit den Malern der Lagunenstadt vertraut, vor allem befreundete er sich mit den Halb-Brüdern Bellini. Alle drei hatten eine gemeinsame Leidenschaft: die Porträtmalerei.
"Ich habe mir deine Marienkrönung in Pesaro angeschaut", sagte der ihm nahestehende Künstler aus dem Süden. "Phantastisch! Vor allem deine Pietà! Eine unglaubliche inventione diese Handsprache!" In der nachfolgenden Zeit wetteiferten die neuen Freunde um den gelungensten Pietà-Typus: mit und ohne Engel, mit und ohne Begleitpersonal, mit und ohne Landschaftsausblick. Giovannis Werke, fortan in Öltechnik ausgeführt, wurden noch wärmer und lyrischer, Antonello hingegen adaptierte den poetischen Stil Giovannis und schuf realitätsnahe Bildnisse. Seine berühmtesten Werke zu dieser Zeit wurden der condottiere und das ritratto Trivulzio – und die Pala Cassiano, die einen grossen Eindruck auf die Venezianer hinterliess. Zuweilen hatte man den Eindruck, den Stil des Niederländers Jan van Eyck in seinen Bildnisdarstellungen zu erkennen.
Giovanni ahmte wiederum Antonello nach, so im Bildnis des Kunstsammlers Jacopo Marcello, den Freund des verstorbenen Vaters aus Padua. Wie ein ovales Ei sah das Bildnis der Heiligen Justina aus, ein Werk das er dem Kardinal Federigo Borromeo schickte.
Es war in dieser Zeit, als Giovanni zusammen mit seinem Bruder Gentile den grössten öffentlichen Auftrag in der Stadt Venedig erhielt: die Ausmalung des Palazzo Ducale. Eigentlich war es Gentile, der den Auftrag eingehandelt hatte, er, der conte palatino , zu dem er seit 1469 durch den römischen Kaiser Friedrich II. ernannt worden war.
Giovanni war dank seiner Gehilfen im Atelier inzwischen so organisiert, dass er mehrere Aufträge

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