Das Musterbuch (German Edition)
scheut, ihre dunkelhäutige Sklavin in ihr Bett zu holen...' - Isabella überflog die Zeilen des Briefes und traute ihren Augen nicht. "Francesco, ich muss mit dir sprechen..." Isabella stürzte in das Audienzzimmer ihres Mannes und platzte mitten in ein Gespräch ihres Gatten mit einem Gesandten aus Venedig, welcher eine Allianz anstrebte.
Isabella berichtete ihrem Gatten, der seinen Gast für eine Erfrischung in den Garten, dem Giardino del Padiglione, gehen liess, was sie gelesen hatte, und hielt ihm den Brief hin. " Cara, mia , solche Eskapaden kommen doch an vielen Höfen vor! Vielleicht solltest du dein strenges moralisches Bild ein wenig zurechtrücken." So gleichgültig gegenüber höfischen Benimmregeln hatte sie ihren Gatten kaum je gesehen. Bestürzt verliess sie sein Zimmer. Sie war sich sicher, dass man dies an ihrem väterlichen Hof niemals akzeptieren würde. Und in der Tat wurde auch diese Ehe annulliert.
' Vera amore non cambia ' - wahre Liebe verändert sich nicht - sie schlug das Buch ihres Freundes Paolo Giovio auf, den 'Dialogo delle Imprese'. Isabella beschloss, dieses Motto in die Heraldik der Gonzaga aufzunehmen. Sie strich über ihren gewölbten Bauch. Plötzlich erlitt sie Krämpfe, die bis in die Nacht hinein sich so verschlimmerten, dass der herbeigezogene Arzt nur noch die Fehlgeburt eines Sohnes konstatieren konnte. Francesco verliess wortlos das Schlafgemach seiner Frau.
***
Francesco war jetzt häufiger auf Reisen. In Venedig hatte er durch seine Präsenz die neue Allianz zu festigen. Erst zur Hochzeit des Königs von Neapel sah Isabella ihren Mann wieder, aber Francesco hatte mehr Augen für die charmante Braut als für sie...
Lucrezia Borgia war eine Schönheit, das konnte jedermann sehen. Dass der verwitwete Moro ihr oft, zu oft ein Lächeln schenkte, wurde mit Nachsicht toleriert, aber Francesco stachelte dies umso mehr an!
In Sachen Eheschliessung hatten die Borgia dank der Protektion des Papstes, ihres eigenen Vaters, viel Glück. Auch ihr Bruder Cesare, der den Beinamen 'Valentino' trug, denn er war einst Kardinal des spanischen Valencia, vermählte sich, und zwar mit Charlotte d'Albret von Navarra. Dann aber geschah damals das Unvorstellbare: Cesare tötete den König von Neapel, den Gatten seiner Schwester Lucrezia!
Die politische Lage Norditaliens spitzte nach dem Tod Karls des VIII. zu, als Ludwig der XII. nach Pavia einmarschierte. Der Moro ergriff die Flucht nach Tirol, Francesco hingegen traf sich mit dem französischen König. Somit war der Spalt zwischen den Sforza und den Gonzaga besiegelt.
Der Sturz des Moro wurde nur von einer Person am Hofe von Mantua bedauert, von Isabella. Sie beherbergte gar die ‚Freundinnen‘ Moros, Cecilia Gallerani und Lucrezia Crivelli, in ihrem Palast, ohne dass ihr Gatte dies ahnte. Aber als der König von Frankreich offiziell in Mailand einmarschierte, hielt sie es jedoch für klüger, die Damen nach Venedig zu schicken. Begleitet wurden diese vom Künstler Leonardo da Vinci, der eigens nach Mantua gekommen war, um der Herzogin eine Zeichnung mit ihrem Porträt zu überreichen. " Cara marchesa , wenn ich nur geahnt hätte, dass sie wieder in guter Hoffnung sind, hätte ich diesen Umstand gern im Bild verewigt. Aber einen Moment bitte - ", schon hatte der Meister einen Kohlestift hervorgezaubert und unterhalb des Gürtelansatzes gewahr man in der Zeichnung die runde Wölbung der Schwangeren. Streng aber zielgerichtet war ihr Blick hierin und ihre Hand wies auf das, was ihrem Leben einen neuen Sinn geben würde: ihren Federighino!
Am 17. Mai 1500 kam Federigo II. zur Welt und Isabella liess sofort den Stubenwagen der Familie d'Este, bemalt vom Hofmaler Ercole de'Roberti, in den Palast kommen.
Eine Allianz zwischen Venedig, dem König von Frankreich und dem Papst schloss auch den Hof von Mantua mit ein. Dass der Papst eine Verbindung zum Hofe von Ferrara anstrebte zeigte die angekündigte Hochzeit der Papst-Tochter Lucrezia mit Alfonso d'Este. Nun würde Isabella also mit ihrer Rivalin verwandt werden! Zum Fest entwarf Isabella ihr eigenes Kleid mit Impresen, Pausenzeichen aus der Sprache der Musik. Damit würde sie ein Symbol offen tragen, nämlich das der Pause innerhalb ihrer Ehe, der Zeit für Meditation und der Ruhe, in der ihre Stärke wachsen sollte!
Kapitel XXXII
' Carnevale ' war ein Zauberwort, das jeden Venezianer in Taumel und Entzücken versetzte. Zwar wurde auch an den Höfen in Ferrara und Mantua
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