Das Musterbuch (German Edition)
bedeutet? Vielmehr hätte ich doch wohl allen Grund, eifersüchtig zu sein, oder? Was macht deine Lucrezia?" "Ach, seit Pietro Bembo um sie herumstreift, werde ich den Teufel tun, in Abwesenheit deines Bruders ihr den Hof zu machen, denn ich verfolge ausschliesslich politische Ziele, wie du weisst!" Wie auch immer Francesco die Situation auslegte, Isabella hatte längst keine Ressentiments mehr gegen ihren Gatten. Und wenn es um die Ehre des Hofes Mantua ging, war ihr jedes Mittel recht, den guten Ruf zu wahren.
Und es schliesslich war es Francesco, der ihr Trost spendete, als am 24. Januar 1505 ihr Vater starb!
Zwischen dem neuen Herzog von Ferrara, ihrem Bruder Alfonso, und Lucrezia entflammte eine neue Liebe. Und es gab noch einen Grund zur Freude im Hause Este: der Ehevertrag zwischen dem 14jährigen Francesco Maria della Rovere und der erst elfjährigen Eleonara Gonzaga wurde aufgestellt wurde. Damit würde Isabellas Tochter einst Herzogin von Urbino sein!
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Nicolosia strich über das Haupt ihres Mannes; sie wollte ihn daran erinnern, dass er niemals allein war. Ja, die Kinder waren längst aus dem Haus, selbst der Jüngste, Federico, hatte das Haus verlassen und schlug den Weg eines jungen avvocato ein. Nicolosia sah, dass ihrem Mann eine richtige Aufgabe fehlte, eine Herausforderung wie damals, als er die camera degli sposi ausgemalt hatte. Wie jung sie damals noch waren!
Es lagen Blätter vor ihm auf dem Tisch. Zeichnungen, die Andrea damals zur Hochzeit vom Schwiegervater Jacopo erhalten hatte. "Ich denke, sie gehören nicht mir, sondern...", Nicolosia merkte, wie schwer ihm diese Offenbarung fiel."...sie gehören der Familie Bellini! Ich will, dass Giovann Battista hierherkommt, und sie seinem Vater bringt!" Dieser Wunsch überraschte Nicolosia gar sehr, war doch der uneheliche Bruder, der insgeheim ihr Lieblingsbruder war, gar nicht der rechtmässige Erbe der Musterbuch-Blätter. Und wie hatte er damals Giovann Battista verjagt! Er hatte in der Tat etwas wieder gut zu machen. Nicolosia setzte einen Brief auf, an ihren Neffen Giovann Battista, Sohn der Elena Loredan Contarini in Venezia.
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Isabella liess den alten Künstler zu sich kommen. "Lieber Mantegna. Sind Sie noch immer nicht bereit, mir ihre Statue zu verkaufen?" Isabella sah, dass sie ein empfindliches Thema angesprochen hatte, deshalb schwenkte sie schnell um:"Aber lasst es gut sein! - Kennt Ihr die Geschichte vom punischen Krieg? Als Hannibal die Alpen überquerte und wie er gegen Publius Cornelius Scipio kämpfte?" Andrea runzelte die Stirn. "Ich habe hier einen Auftrag für Euch, ein Schreiben von Francesco Cornaro, der für seinen Palast in San Polo eine Dekoration zu diesem Thema möchte. Er sieht sich als Nachfolger der Cornelii, die Scipio Africanus als ihren prominentesten Vorfahren ansehen und er lässt fragen, ob Ihr bereit wäret, diesen Auftrag für ihn auszuführen?
"Dann will er wohl nicht den Helden Hannibal, sondern den klugen Konsul Scipio als Sieger sehen, womöglich seine Einnahme Karthagos oder der iberischen Halbinsel." Andrea kannte die Geschichte des römischen Helden recht genau.
"Es geht aber auch um den Kybele-Kult und um die Frauen. Wenn das Thema dich also reizen sollte, werft einen Blick auf meine Gemmen Sammlung dort vorn. Cornaro will ein Fries, der nicht so kostspielig sein soll, also weder aus Onyx noch aus Gold." Andrea liess seinen Blick über die antike Kamee mit den Porträts Livias und Augustus streifen. "Dann werde ich eben Grisaillen schaffen, die wie ein Fries wirken." Mantegna war inspiriert und Isabella überaus glücklich, ihrem Freund in Venedig eine gute Botschaft zurücksenden zu können.
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Als der junge Abt eines Tages vor ihm stand, stiegen Andrea Tränen in die Augen: was war Giovann Battista nur für eine sanftmütige Erscheinung geworden! Und diesen schönen Mann hatte er einst als Schwiegersohn verschmäht.
Der Jüngere nahm die Hand des Älteren und drückte diese lang und fest: "Ich weiss nur zu gut, was du mir sagen willst Andrea. Lass gut sein - mein Schicksal lag von Anfang an in Gottes Hand und ich bin dankbar dafür! Und wie ich sehe, stehst du meiner Glaubensauffassung gar nicht fern", dabei blickt er auf das Gemälde mit den zwei heiligen Familien, Elisabeth und Maria mit ihren beiden Söhnen, Christus und Johannes der Täufer, letzterer Giovann Battistas Namensgeber.
"Ich habe hier etwas für dich, Giovann Battista. Es ist ein Büchlein mit
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