Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition)
seinem
Versteck hervor.
In der Gasse war alles ruhig. Lautlos verschwand er in die
Richtung, aus der er gekommen war. Er bog in die nächste Gasse ein, neben der
ein Bach floss und in der sich Gerber angesiedelt hatten, wie der Gestank
verriet. Direkt dahinter war die Stadtmauer.
Am Ende er Gerbergasse wartete er hinter einer Ecke, konnte
aber keinen Verfolger ausmachen.
Wer auch immer der Mann mit den Sporen gewesen sein mochte,
ihm war es lieber, ihm nicht zu begegnen. Es war möglich, dass man ihm noch
immer nach dem Leben trachtete. In diesem Fall wussten seine Feinde jetzt, dass
er noch am Leben war. Deshalb hielt er es für besser, die Stadt sofort zu
verlassen.
An der Stadtmauer entlang ging er bis zum nächsten Stadttor,
das er ungehindert passierte. Conrad ging ein Stück in südlicher Richtung und
verbarg sich am Wegrand in einem Gebüsch.
Von hier aus konnte er das Tor beobachten und jeden
möglichen Verfolger entdecken. Hier wollte er warten, bis die beiden Frauen den
Heimweg antraten.
*
Zur gleichen Zeit trat ein großer, vierschrötiger Ritter mit
einer entstellenden Narbe im Gesicht an den Bäckerstand heran.
„Dieser Burs-he, der eben eine Brezel bei euch gekauft hat,
kennt ihr den?“, fragte er den Bäcker mit befehlsgewohnter Stimme, der den
Furcht einflößenden, etwas lispelnden Mann erschrocken anstarrte.
„N..nein, Herr. Wir kennen ihn nicht. Wir haben ihn heute
das erste Mal gesehen“, stammelte der Mann eingeschüchtert. „Er hat nur eine
Brezel gekauft.“
Der Ritter, der nicht nur ein langes Schwert an der Seite
trug, sondern auch eine riesige Streitaxt auf dem Rücken, wandte sich an den
Tuchhändler, von dem Conrad das Schleifenband gekauft hatte und packte ihn am
Kragen. Als er ihm dieselbe Frage stellte, beteuerte der ebenfalls schlotternd,
den Burschen noch nie zuvor gesehen zu haben.
Dann mischte sich plötzlich seine Frau ein. „Der junge Mann
ist zusammen mit der alten Grete gekommen“, sagte sie ängstlich.
Der Ritter horchte auf. „Die alte Grete sagst, du? Wer ist
das?“
„Ein Kräuterweib, aber auf dem Markt haben sie sich
getrennt.“
„Wo wohnt dieses Weib?“
„Das weiß ich nicht.“ Die eingeschüchterte Frau schrumpfte
förmlich zusammen, als der vierschrötige Kerl sie durchdringend anstarrte.
„Sie…sie wohnt zusammen mit ihrer Enkelin einsam im Wald.
Keiner weiß genau, wo.“
„Keiner?“
„Nein, nicht einmal der Apotheker, bei dem sie regelmäßig
einkauft“, beteuerte sie verängstigt.
Der Ritter ließ den Tuchhändler los und stapfte in Richtung
Apotheke davon.
XIII
Das Mädchen Caroline
Scheidingmond Anno 1229
Endlich konnte Conrad sich nützlich machen. Er ging in den
Wald, um Fallen aufzustellen, mit denen er kleinere Tiere fangen wollte. Mit
etwas Glück konnte er so dazu beitragen, den Speiseplan der kleinen
Gemeinschaft ein wenig zu bereichern. Der Herbst stand vor der Tür und es
konnte nicht schaden, ein paar Vorräte anzulegen. Natürlich war Wildern wie
überall verboten, aber sie lebten so abgeschieden, dass sich hierher kaum mal
ein Mensch verlief.
Nur zur Hütte kamen manchmal Hilfesuchende, wenn jemand in
Herbishofen oder einem der anderen nächstgelegenen Dörfer erkrankt war.
Conrad hatte schon als Kind einfache Fallen gebastelt und in
den heimatlichen Wäldern ausgelegt, auch wenn er es damals natürlich nicht
nötig hatte, für sein Essen zu sorgen. Seine seltenen Fänge schenkte er
meistens dem Sohn des Schäfers oder einem anderen Kind von armen Eltern.
Auch wenn sie nicht selbst jagen oder Fallen stellen
durften, ein Geschenk des Sohnes des Herrn durften sie annehmen.
Mehrere Fallen hatte er bereits aufgestellt und sich dabei
ein ganzes Stück von der einsamen Hütte auf der Wiese entfernt, als er
unversehens eine silberne Wasserfläche zwischen den Bäumen hindurch schimmern
sah. Er ging noch ein paar Schritte durch das Unterholz und blickte auf einen
von Bäumen gesäumten See. Durch das Unterholz konnte man an den meisten Stellen
schlecht an das Wasser herankommen. Aber ein paar Schritte neben ihm tat sich
eine Lichtung auf, die bis an den See heranreichte, eine perfekte kleine
Badestelle. Es war ein herrlicher, milder Herbsttag und die Sonne schien auf
den See, als wolle
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