Das mysteriöse Pergament 03 - Heimkehr (German Edition)
keine Notwendigkeit, den Tod des Halunken zu
beschleunigen.
Verächtlich baute er sich vor dem froschäugigen Kerl auf.
„Eines will ich noch wissen“, sagte er. „Woher wusstest du damals vor dem
Überfall, wann und wo du mich finden würdest?“
Rupert verzog sein Gesicht zu einer hämischen Grimasse. „Von
Euch selbst, edler Ritter. Aus einem Brief an das Weib Constance, den natürlich
ihr Vormund, mein Herr, erhielt.“
Scharf zog Conrad die Luft ein. In dem Brief, den er
Constance vor der Alpenüberquerung schrieb, hatte er seine geplante Reiseroute
angegeben. Arnulf hatte ihn gelesen, bevor Constance ihn erhielt. Daraufhin
schickte er Rupert los, um ihn so weit weg wie möglich von zu Hause abzufangen
und zu töten. So wollte Arnulf sicherstellen, dass kein Verdacht auf ihn fiel.
Conrad hatte keine Zeit mehr zu verlieren. Jetzt musste er
so schnell wie möglich von hier verschwinden und Line finden. Er hoffte und
betete, sie möge ihren Verfolgern entkommen sein. Aber wo sollte sie hin?
Selbst wenn sie das Lager erreichte, war sie nicht sicher. Im Ernstfall waren
Arnulfs Männer zahlenmäßig überlegen.
Er mochte gar nicht weiter denken. Auch Constance konnte
Line nicht schützen. Sie war Arnulfs Eheweib und ihm damit nach Recht und
Gesetz zu Gehorsam verpflichtet. Die Vorwürfe gegen Arnulf könnte Line nicht
beweisen, falls sie die Gelegenheit dazu bekäme, vor einem Gericht angehört zu
werden. Das Wort eines einfachen Mädchens wie Line hatte kein Gewicht gegen das
eines Edelmannes.
Er band die Pferde los und schnappte sich das beste Tier,
Ruperts Wallach, einen kräftigen Schecken. Die anderen trieb er in den Wald.
Mit zusammengebissenen Zähnen beobachtete Ruprecht, wie die Pferde
verschwanden.
Die Wunde in seinem Bauch schmerzte höllisch. Dieser
verfluchte Ritter schien sieben Leben zu haben. Wahrscheinlich war seine
Geliebte tatsächlich eine Hexe. Wie anders war zu erklären, dass der Kerl
damals überlebt hatte und jetzt schon wieder ungeschoren davon gekommen war?
Das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen.
Stöhnend setzte sich Rupert auf. Mit großer Mühe zog er sein
schweres Kettenhemd aus, danach auch seinen gepolsterten Waffenrock. Dabei
verlor er eine Menge Blut. Als er endlich die Bauchwunde freigelegt hatte,
verband er sie notdürftig mit einem Leinenstreifen, den er sich von seinem
schmutzigen Hemd abriss.
Er wusste, dass er das Lager in seinem Zustand nicht
erreichen konnte. Es gab nur einen Ort, wo man ihm helfen konnte und der nahe
genug war, dass er ihn erreichen konnte, bevor er durch den Blutverlust zu
geschwächt dazu sein würde. Glücklicherweise kannte er sich hier gut aus.
Die frommen Brüder vom nahen Kloster flickten ihn sicher
wieder zusammen und danach würde er blutige Rache nehmen. Dreimal war dieser verfluchte
Ritter ihm entkommen, das vierte Mal würde er es nicht überleben, das schwor
er. Für ihn war es jetzt nicht mehr nur ein Auftrag seines Herrn, sondern eine
ganz persönliche Sache.
III
Der Prior
Brachetmond Anno 1230
Wie von Teufeln gehetzt galoppierte Line durch den Wald,
wobei sie es völlig ihrem braven Maultier überließ, den Weg zu finden. Sie
wusste ohnehin nicht, wo sie sich befand, also war es völlig egal, wohin sie
ritt. Das Mädchen hoffte, ihr Tier würde den Weg zum Lager finden.
Lines Haare flatterten wie eine Fahne hinter ihr her,
während sie sich mit den gefesselten Händen in die dichte Mähne ihres Tieres krallte,
um nicht herunter zu fallen. Sie riskierte einen kurzen Blick nach hinten. Die
Verfolger waren ihr noch auf den Fersen, kamen aber nicht näher. Es schien ihr
sogar, als vergrößere sich ihr Vorsprung.
Als sie eine Weile später wieder einen Blick zurück warf,
konnte sie Arnulfs Männer nicht mehr sehen.
Trotzdem stieg langsam Panik in ihr auf, denn je weiter sie
ritt, desto sicherer wurde sie, nicht auf dem richtigen Weg zu sein. Der Wald
wurde immer dichter, hier kam sie nicht zum Lager. Auch wenn ihr Vorsprung sich
vergrößerte, konnte sie ihre Verfolger nicht abschütteln, denn die Hufe ihres
Maultiers hinterließen deutliche Spuren, die man selbst noch nach Tagen sehen
würde.
Der Weg vor Line verbreiterte sich, wahrscheinlich tauchte
bald eine
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