Das Mysterium der Wölfe: Die Reise zu Kyrion (German Edition)
und schauen zu dem dunkelgrauen Wolf, der zuerst aus seinem Versteck gekommen ist. Er muss sowas wie der Anführer dieser kleinen Truppe sein.
Alle warten auf seine Reaktion und er antwortet mir mit seiner tiefen Stimme: "Ihr seid also Reisende? Wir hatten schon lange keine Besucher mehr hier. Die meisten umgehen diesen Wald, weil sie es nicht wagen, sich mit uns anzulegen." Er kommt langsam auf mich zu und fixiert meine Augen. Ich wollte irgendetwas sagen, aber vor lauter Anspannung kann ich nicht mehr sprechen.
Plötzlich schaltet sich Jake ein und stellt sich schützend vor mich: "Wir wollen wirklich keinen Streit mit euch, aber wenn ihr uns nicht durchlasst, haben wir wohl ein Problem miteinander. Also geht zur Seite!" Oh Mann, wenn das mal gut geht! Wir sind nur zu dritt und um uns herum stehen acht große Wölfe, die alle sicher erfahrener sind wie wir. Würde es tatsächlich zu einem Kampf kommen, hätten wir drei keine Chance.
Doch plötzlich geschieht etwas, mit dem ich am allerwenigsten gerechnet hätte: er lacht. Der graue Wolf, der vorhin noch so bedrohlich gewirkt hat, lacht nun. Und es ist kein hämisches oder fieses Lachen, es klingt schon fast freundlich. Wie kann das bloß sein? Ich weiß momentan gar nicht wie mir geschieht und tausche verwirrte Blicke mit Jake und Chris aus, die sich auch nicht zu helfen wissen. Auch die anderen Wölfe schauen sich gegenseitig an und haben anscheinend ebenfalls keinen blassen Schimmer, wie sie reagieren sollen.
Schließlich kriegt sich ihr Anführer aber dann doch wieder ein und liefert uns endlich eine Erklärung: "Du gefällst mir!" Er klingt nun ganz anders als vorher, so freundlich. "Ich habe es bisher nur selten erlebt, dass mir jemand Einhalt bietet, aber du scheinst kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Jemanden wie dich könnten wir gut gebrauchen." Soll das jetzt ein Scherz sein? Wie konnte seine Stimmung bloß so schnell umschlagen? Die ganze Sache kommt mir äußerst merkwürdig vor. "Was haltet ihr drei davon, wenn ihr uns erst einmal begleitet? Wir bringen euch zu unserem großen Anführer. Er soll dann entscheiden, wie wir weiter mit euch vorgehen." Anführer? Das heißt dann wohl, dass es jemanden gibt, der noch über ihm steht.
Chris versucht uns rauszureden: "Ehrlich gesagt haben wir es sehr eilig. Der Winter steht vor der Tür und wir haben bereits sehr viel Zeit verloren..."
Der graue Wolf unterbricht ihn mit einem Lächeln im Gesicht: "Du verstehst das etwas falsch..." Nun ist seine Miene wieder ernst. "Das war keine Frage." Mit einem Kopfnicken gibt er den anderen die Anweisung uns voranzutreiben. Diese gehorchen sogleich und kommen auf uns zu.
Ich weiß nicht recht, wie ich reagieren soll und werfe Jake einen besorgten Blick zu: "Was sollen wir jetzt machen?"
Jake setzt sich in Bewegung: "Uns bleibt wohl keine andere Wahl, als ihren Befehlen zu folgen. Kommt, ihr beiden!" Er geht weiter und folgt dem grauen Wolf, der bereits vorausgegangen ist. Als ich Chris mit fragendem Blick ansehe, zuckt dieser nur mit den Schultern und folgt Jake. Ich drehe mich noch kurz um und sehe die anderen Wölfe, die bereits hinter mir stehen. Der eine stupst mich mit der Nase unsanft am Rücken an, um mich voranzutreiben.
"Ja ja, ist schon gut, ich geh ja schon!" Auch wenn mir diese Situation nicht wirklich gefällt, Jake hat recht: uns bleibt keine andere Wahl. Sollten wir ihnen nicht gehorchen, könnten diese Typen kurzen Prozess mit uns machen und dieses Risiko will ich nicht eingehen. Also folge auch ich den anderen. Bin ja mal gespannt, wo wir hingebracht werden...
"So, wir sind da!" Mit diesen Worten bleibt der graue Wolf vor uns stehen und deutet auf ein großes Loch, das von den Wurzeln der kräftigen Eiche, vor der wir uns befinden, gestützt wird.
Skeptisch stehe ich vor dem Loch und verschränke meine Arme: "Und da sollen wir ernsthaft rein? Lebt ihr unter der Erde, oder was?"
Wieder lacht der Anführer der Truppe: "Nein, wir leben doch nicht unter der Erde! Das ist nur ein kleiner Tunnel, der zu einer Lichtung führt. Es ist der einzige Weg, um dort hin zu gelangen." Na toll, das heißt ja dann wohl, dass ich mitten in der Nacht durch einen dreckigen Erdtunnel kriechen muss, um zu einer Lichtung voller fremder Wölfe zu gelangen...der Tag könnte nicht besser werden...
Chris ist anscheinend von all dem begeistert: "Aha, ich verstehe...das ist also eine Art natürliche Schutzvorrichtung...nicht schlecht." Da hat er wiederum recht, trotz allem
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