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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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vor indiskreten Blicken zu verbergen! Schon verspürte ich eine erfrischende, unaussprechlich große Erleichterung bei dem Gedanken, dass deine leidenschaftlichen Umarmungen mit ihr, denen ich heimlich und voll bitterer Reue zugesehen hatte, nichts Widernatürliches besaßen. Um den Trost der Wahrheit zu erfahren, hatte ich freilich auf deinem eigenen Feld pflügen |288| müssen. Noch drehte sich mir der Kopf ob dieses unerwarteten erotischen Beweises, und ich musste mich mächtig zusammenreißen, um Schoppe anzuhören, ohne weiter an jene gerissene Dame, die sich Barbello nannte, und an den raffinierten Hinterhalt zu denken, durch den sie mich besessen hatte.
    »Woher wisst Ihr, dass es sich um ein Tagebuch handelt?«, fragte ich den Verehrungswürdigen, als wir allein waren.
    »Haltet Ihr mich für einen Dummkopf?«, antwortete der betagte deutsche Herr. »Ich bin zwar alt, aber nicht taub. Ihr und Naudé, das heißt, mein Freund Gabriel«, verbesserte er sich und steckte kurz den Kopf aus der Höhle, um sich zu vergewissern, dass der Bibliothekar noch schlief, »habt gestern Abend, als ihr im Zimmer neben mir miteinander spracht, so viel Lärm gemacht, dass man euch bis Livorno hören konnte.«
    Überrumpelt, denn es war meine Schuld, dass er beim Lärm des zerbrechenden Kruges aufgewacht war, konnte ich Schoppe den Gefallen, um den er mich gebeten hatte, nicht abschlagen.
    Nachdem ich aufgestanden war und mir das Laub von Hose und Jacke geklopft hatte, entfernten wir uns auf den Rat des alten Deutschen, um nicht von den anderen gehört zu werden.
    »Nun«, sagte er, als wir im dichten Wald standen, »kann ich die Seiten jetzt lesen, bevor dieser Prahlhans Gabriel aufwacht?«
    Ich reichte sie ihm, und wir setzten uns auf zwei große Felsbrocken.
    »Interessant … sehr interessant«, bemerkte er von Zeit zu Zeit. »Die Handschrift ist tatsächlich dieselbe wie auf den Notizen über Lykurg. Aber wer ist dieser Orestes?«
    »Das scheint mir der Verfasser zu sein«, vermutete ich.
    »Das habe ich auch begriffen. Ich wollte sagen: Orestes ist sicher ein Pseudonym. Wer verbirgt sich dahinter?« Schoppe las fieberhaft weiter.
    Ich nutzte die Gelegenheit, um gemeinsam mit ihm die Seiten zu überfliegen und so die Lektüre zu vervollständigen, die ich wegen des Überfalls der armen Irren und unserer Flucht aus ihrem Häuschen hatte unterbrechen müssen.
    Nach den Berichten von höchst zweifelhafter Echtheit und Wahrscheinlichkeit aus den Textsammlungen antiker Historiker folgte nun der Kommentar.

|289| NOTIZ
    Darin die gegenwärtige Lage hintangestellt wird und man hört, wie der geheimnisvolle Orestes sein Urteil über die Historiker der Antike und ihre Lügen abgibt.
    Cicero behauptet, dass die himmlischen Sphären bei ihren Bewegungen ein Geräusch erzeugen. Bei uns könne man es aber nicht hören, da unsere Ohren taub seien für seine Frequenz, und ohnehin sei das Gehör von allen Sinnen der gröbste und stumpfeste. Als Beispiel dienen ihm jene Völker, die an den Nilfällen leben und von dem Wasser, das dort herabstürzt, taub geworden sind.erscheint dies als eine so gewaltige GOTTESLÄSTERUNG, dass er selbst durch ihren übergroßen Lärm taub zu werden meint. Wie vermochten diese Völker denn Handel zu treiben und wie wurden sie regiert? Seneca scheint die Geschichte zu glauben und sagt zu Lucilius, dass es dort sogar eine Stadt gab. Warum aber sollen deren erste Bewohner sich dort angesiedelt haben? Gab es den Nil damals schon oder nicht? Gab es jenen tosenden Wasserfall schon oder nicht? Warum machten sie sich die Mühe, ausgerechnet dort eine Stadt zu erbauen? Oder bemerkten sie nicht, dass der Ort unbewohnbar war? Da diese tauben Nilbewohner von Natur aus taub waren, müssen sie auch stumm gewesen sein, also genossen sie jenes Gut, nach dem Seneca strebte, ein Leben in Ruhe und Frieden. Welch eine rechtschaffene Stadt, welch eine gut geführte Republik. Welch ein Unsinn.
Herodot, der berühmte Historiker, Herodot, der von Cicero Vater der Geschichtsschreibung genannt wird. Herodot, der erste, wie Cicero sagt, der seine Historien korrekt verfasste, Herodot, den Dion Chrysostomos überaus schätzte, Herodot, der zu der Zeit des Xerxes lebte, behauptet als Historiker, dass Xerxes Heer so groß an Zahl war, dass die Flüsse austrockneten, wenn die Männer darin ihren Durst löschten. Herodot nennt sogar die Flüsse: Skamandros, Lisos und Klidoto und fügt hinzu, dass allein die Tiere dieses Heeres einen See in

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