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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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der französischen Offiziere diskutieren.
    In dem engen Kielraum herrschte die hellste Aufregung. Unsere Angreifer waren keine einfachen Piraten, also wilde Seeräuber, die, wann immer sich die Gelegenheit bot, Schiffe unter jedweder Fahne angriffen, ohne die Gesetze auf See zu achten, und darum früher oder später alle von türkischen oder christlichen Kriegsschiffen, die für Ordnung sorgten, angegriffen und versenkt wurden. Nein, sie waren Korsaren, sie besaßen einen Kaperbrief, eine von einer anerkannten Macht ausgestellte Erlaubnis, Schiffe anzugreifen, auszuplündern, ihre Besatzung zu deportieren und nach eigenem Gutdünken mit ihr zu verfahren. In unserem Fall, der sehr häufig vorkam, war die anerkannte Macht eines der drei Reiche der Berberei, der muselmanischen Staaten, die dem Großtürken, also dem Sultan von Konstantinopel tributpflichtig waren.
    Fast alle Passagiere hatten sich Geld, die wichtigsten Papiere und Wertgegenstände behelfsmäßig in die Hosen gestopft, da wir fürchten mussten, schon bald von den Korsaren ausgeplündert zu werden. Sodann beschloss ein jeder, seine Sachen in einer dunklen Nische zu verstecken. |91| Binnen kurzem entstand ein hektisches Hin und Her von einem Versteck zum anderen, ratlos irrten die Besitzer mit ihren prall mit Münzen gefüllten Täschchen, mit Papieren und Juwelen in dem dunklen Raum umher. Wie lange würde unsere Flucht dauern? Die Korsaren der Barbareskenstaaten, sagte Pasqualini, befolgen die Lehren Mohammeds, daher beschweren sie ihre Schiffe nicht mit Wein und Fleisch. »Sie begnügen sich mit Reis, Zwieback, Hülsenfrüchten, Butter, Oliven und Öl. Im Winter sind sie bei günstigen Winden unendlich viel schneller als jede Galeere.«
    Sodann wurde lebhaft darüber diskutiert, ob das Schiff, das uns auf den Fersen war, Brigg, Dau, Dromone, Fusta, Galeasse, Karavelle, Kraweel, Nao, Schebecke oder Triere genannt wurde, und man einigte sich schließlich auf die Bezeichnung Karacke, ein rundes Schiff ohne Ruder, das ungefähr so groß war wie das, was uns verfolgte.
    »Verfluchte Holländer«, zischte Naudé.
    »Das sind Piraten, keine Holländer«, präzisierte Barbello, der sein Tuchsäckchen auf der Höhe des Bauches unter seinen Kleidern verbarg, ohne im Übrigen Zeichen der Angst zu zeigen, wie man sie bei einem Kastraten von niedriger Statur und schlaffer Konstitution erwartet hätte. Du wirktest bestürzt, versuchtest aber, äußerlich gelassen an der ungewöhnlichen Diskussion teilzunehmen.
    »Ja, ja, ich weiß«, erwiderte Naudé ärgerlich, »aber es war ein Holländer, der den Korsaren der Barbareskenstaaten beigebracht hat, wie man die Karacken lenkt, Simon Danziker aus Dordrecht, der Verräter, den alle Kapitän Dämon nannten. Dieser Verfluchte war es, der die Barbaresken den Bau und die Lenkung von Segelschiffen gelehrt hat. Er besaß eine Flotte aus Schiffen mit je dreihundert Mann und sechzig Kanonen, hatte sich einen ganzen Palast in Algier gebaut, und der Bey von Tunesien war sein Freund. In Spanien haben seine Truppen einmal neunundzwanzig Schiffe auf einmal aufgebracht. Die Engländer hatten Befehl erlassen, ihn gefangen zu nehmen, lebendig oder tot.«
    »Und dann?«, fragte Guyetus.
    »Dann ist er zu den Christen zurückgekehrt, sein zweiter Verrat. Aber die Barbaresken haben ihn erwischt und ihm den Kopf abgeschnitten.«
    In diesem Moment stieß Schoppe zu uns und brach in einen wütenden Schrei aus:
    »Ein Brandschiff – wir sind auf einem Brandschiff, verflucht!«

|92| DISKURS XI
    Darin erklärt wird, was ein Brandschiff ist, und welchen Gefahren derjenige ausgesetzt ist, der sich darauf befindet.
    Die Augen traten ihm schier aus dem Höhlen, als Schoppe berichtete, was er soeben von einem der Offiziere erfahren hatte, kurz bevor ihm befohlen wurde, zu uns in den Kielraum zu gehen.
    Das Schiff, auf dem wir uns befanden, war keine Galeere. Oder besser, es war keine normale Galeere, die zum Kampf gerüstet ist. Im Gegenteil, sie war dazu bestimmt, zu explodieren.
    »Sie ist nur deshalb voller Verzierungen und kostbarer Schnitzereien, damit sie einem echten Schiff täuschend ähnlich sieht. In Wahrheit ist sie eine schwimmende Bombe. Die Laderäume sind bis zum Rand gefüllt mit Schießpulver und brennbarem Material«, erklärte der deutsche Gelehrte, dem vor Angst der Atem stockte. »Dieses Schiff dient dazu, nahe an ein feindliches Schiff heranzufahren, sich mit speziellen Haken daran festzumachen, um dann zu explodieren, sodass

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