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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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Getreuer dem antiken Rom ein neues Gesicht gegeben und der Nachwelt Dutzende verloren geglaubter Meisterwerke der Dichtung, der Redekunst, der Geschichtsschreibung, der Epik, der Grammatik, der Architektur, der Wissenschaft und der Philosophie geschenkt. Kein Wunder also, dass man ihm in Florenz eine Statue im Dom errichtet hatte, und dass sein Ruhm auch nach zwei Jahrhunderten weit davon entfernt war, unterzugehen.
    Die Handschriften, die sich jetzt im Besitz des Mönches befanden, ergänzten Poggios vorhergehende Entdeckungen auf das Schönste: So würden die neuen Reden Ciceros die Sammlung vervollständigen, die der große Florentiner gefunden hatte, und fast alle Kapitel des großen Historikers Livius, die in Poggios Kopie seiner Geschichte Roms gefehlt hatten, kamen nun ans Licht. Von dem berühmten Redner Quintilian, dessen
Institutio oratoria
Poggio gefunden hatte, waren nun zwei Werke aufgetaucht, die zwar seit der Antike bekannt waren, jedoch nie gefunden wurden. Auch die bisher unvollständige
Achilleis
des Statius konnte jetzt endlich vervollständigt werden.
    »Es ist, als hätte man endlich alle fehlenden Teile einer großen zerbrochenen Vase wiedergefunden, deren Scherben Poggio einst der Welt gezeigt hatte«, bemerkte Naudé mit einem begeisterten Funkeln in den Augen.
    Auf eine so außergewöhnliche Geschichte könne man nur mit größter Überraschung und Ergriffenheit reagieren, sprach Naudé weiter. Die Bürger der Gelehrtenrepublik würden nun jahrzehntelang Material für ihre Studien haben. Durch die Untersuchung der Dichtung und Prosa der soeben wiederentdeckten Autoren würde man endlich erfahren, wo ein bestimmter Dichter geboren war, welche geheimen Skandale die Politik dieses oder jenes Kaisers beeinflusst hatten, woher ein bestimmter religiöser Geheimkult mit orientalischem Einschlag stammte, welcher Baumeister dieses oder jenes Monument errichtet |85| hatte, wie der ungeschlachte Volkstribun hieß, der den berüchtigten Sklavenaufstand angeführt hatte, oder von welchem Geschäftemacher dieser oder jener leichtsinnige Präfekt sich hatte bestechen lassen. Zahllose Rätsel, über welche die Gelehrten sich seit Jahrhunderten die Köpfe zerbrachen, würden wie durch ein Wunder gelöst.
    »Doch vor allem, mein Freund«, rief Naudé überschwänglich aus, »wird die Weltliteratur um viele tausend unsterblich schöne Seiten bereichert, aus denen Dichter, Künstler und Literaten ihre Inspirationen schöpfen werden!«
    Wir beendeten die Lektüre des Briefes:

    Um Euch Einblick in die Handschriften zu geben, auf dass Ihr in der für Euch angenehmsten Weise den Grundstein für Eure zukünftige Arbeit legen könnt und die Gelehrtenrepublik alsbald die Früchte Eurer Mühen genießen möge, von welchen ich schon jetzt sagen kann, dass sie hervorragend sein werden, aus diesem Grunde also war es meine Absicht, Euch aufzusuchen und Euch persönlich meine Aufwartung zu machen. Doch aus gesundheitlichen Gründen habe ich in Livorno im Großherzogtum der Toskana bleiben müssen. Falls es Euer Hochwohlgeboren konveniert, bitte ich Euch daher, mich hier in Livorno aufzusuchen, so sich eine angemessene Unterkunft für Euch findet und eine geeignete, sichere Aufbewahrung für die Handschriften, welche Ihr Euch, Signore, dank Eures großen Ansehens und des Gehörs, das Ihr bei den Gelehrten aller Nationen findet, zweifellos werdet verschaffen können.
    Ich verbleibe in Erwartung Euer Entschlüsse oder der Ankunft Euer Hochwohlgeboren und empfehle mich unterdessen ergebenst und ehrerbietigst als Euer aufrichtiger Bewunderer.
    Ich logiere in der Locanda delle Cucine Vecchie.

    Euer untertänigster Diener
    Philos Ptetès

    »Ich hoffe doch sehr«, schloss Guyetus, »dass wir unseren Philos Ptetès in Lyon aufstöbern werden, auch wenn wir seine Adresse nicht kennen. Wir werden damit beginnen, in den Klöstern Nachforschungen anzustellen. Hoffentlich hat er die Stadt in der Zwischenzeit nicht ein zweites Mal gewechselt. Sollte er erkrankt oder bereits verblödet sein, umso besser, dann hat er sich wenigstens nicht wegbewegt.«
    |86| »Philos Ptetès, das klingt wie ein griechischer Name …«, überlegte ich laut. »Habt Ihr in Livorno in der Locanda delle Cucine Vecchie gefragt, woher er kommt?«
    »Natürlich. Er stammt aus Dalmatien, haben sie gesagt.«
    »Dalmatien? Meint Ihr Slawonien?«, fragte ich.
    »Dalmatien heißt der Küstenstreifen Slawoniens«, bestätigte Naudé.
    »Ein slawonischer Mönch also. Ich

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