Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
Vom Netzwerk:
Padrone nannte, als die Reihe an mir war, mich Ali Rais vorzustellen, um mein Leben zu retten. Aufgrund des allmählichen Niedergangs der Medici hatte die kriegerische Energie der Ordensritter zwar abgenommen, wenn man ihre Tatkraft vor achtzig Jahren zum Vergleich nahm, aber sie flößten noch immer Furcht und Schrecken ein. Würden wir also gegen jene türkischen |114| Sklaven ausgetauscht werden, die an den Rudern der Galeeren des Ordens schmachteten? Wie viele Sklaven würden die Barbareskenreiche für jeden von uns fordern? Auch in diesem Fall drohten Jahre zu vergehen, bevor es zu einer Einigung über unsere Freilassung kam.
    Vielleicht war der schnellste Weg ein anderer, überlegte ich. Schon vor zwei Jahren, als ich dich und deinen Bruder nach Paris begleitet hatte, wo ihr auf der französischen Premiere der
Finta Pazza
singen solltet, munkelte man in italienischen Kreisen, dass der Kardinal den königlichen Schatz mit seinem persönlichen Besitz zu verschmelzen gedachte, um das Königshaus von der Kontrolle seiner Finanzen durch das Parlament zu befreien. Nicht zufällig hatte Mazarin die
Finta Pazza
, bei du auftratest, in Gegenwart der Königinmutter Anna von Österreich, des blutjungen Königs und, wie in solchen Fällen vorgeschrieben, des gesamten Adels, aber auch zu Ehren gewisser toskanischer Bankleute aufführen lassen, zwei Männern aus Lucca, um genau zu sein: Cantarini und Cenami. Mit diesen Bankiers machte Mazarin schon seit seiner Ankunft in Paris als päpstlicher Nuntius gemeinsame Sache, und gleich nach dem Tod Richelieus, als der Kardinal den Posten des Regierenden Ministers von ihm erbte, waren sie Schatzmeister der französischen Krone geworden.
    Dank dieser finanziellen Machenschaften würde Mazarin vielleicht über die nötige Unabhängigkeit verfügen, um das geforderte Lösegeld rasch zu bezahlen.

    »Und du, Alter? Wer bist du, wohin willst du und aus welcher Gegend der verfluchten Nazarener stammst du?«
    Dieses Mal war Alis Krummsäbel auf Schoppes finsteres, schnurrbärtiges Gesicht gerichtet. Ungerührt grüßte der Deutsche, indem er einen imaginären Hut lüpfte.
    »Caspar Schoppe. Aus Deutschland zu Euren Diensten, Exzellenz. Hund.«
    Alle hielten wir den Atem an. Das letzte Wort hatte Schoppe auf Deutsch so lässig hinzugefügt, dass der Korsar vor lauter Überraschung nicht den Mut fand, sich zu Fragen herabzulassen. Vielleicht dachte er, es handle sich um den Namen von Schoppes Familie statt um das Schimpfwort, mit dem Muselmanen und Christen einander seit Jahrhunderten an den Ufern des Mittelmeers beleidigen.
    »Hm …«, brummte er misstrauisch, die Hand auf den Griff seines |115| im Gürtel steckenden Krummsäbels gelegt, und wechselte einen flammenden Blick mit seinem Statthalter, der keinerlei Regung zeigte.
    »Und was hast du in Frankreich vor?«, begnügte er sich zu fragen, während Schoppe, der bis zu diesem Augenblick im Grunde bereits als tot hatte gelten können, unter die Lebenden zurückkehrte. Da ein räuberischer Barbareske nicht der geeignete Zuhörer für die seltsame Geschichte von dem slawonischen Mönch Philos Ptetès und der von Poggio Bracciolini entdeckten Handschriften war, antwortete der alte Gelehrte nur vage, dass er sich aus Forschungsgründen auf dem Weg nach Lyon befinde.
    Ali Rais musterte ihn mit dem größten Missbehagen. Was sollte er mit einem alten Mann anfangen, der weder für die Ruder noch für den Sklavenmarkt taugte, der kein Mann von Mazarin oder wenigstens ein reicher Kaufmann war, dessen Familie man ein Lösegeld abpressen konnte? Schoppe taugte nur dazu, als überflüssiger Ballast ins Meer geworfen zu werden, und schon gab es auf dem Schiff ein Maul weniger zu stopfen. Während Ali noch murmelnd mit seinen Männern beratschlagte und zwei weitere holen ließ, wahrscheinlich damit sie Schoppe überraschend über Bord würfen, bevor jemandem von uns einfallen konnte, sich zu wehren und damit unnötigerweise das üppige Lösegeld aufs Spiel zu setzen, das er wert war, sprach ich hastig mit Guyetus, der als Einziger in meiner Nähe stand. Der Pariser Philologe begriff auf der Stelle.
    »Wenn ich es wagen darf, Exzellenz«, rief Guyetus aus, indem er auf sich und Hardouin zeigte, »auch wir beide sind auf dem Weg nach Lyon. Wir sind das ergebene Geleit, welches der hier anwesende Bibliothekar des Königs, Signor Gabriel Naudé, ausgewählt hat, um den verehrungswürdigen Schoppe«, und er zeigte erst auf Naudé, dann auf Schoppe, der

Weitere Kostenlose Bücher