Das Mysterium Des Himmels
Ekuos eine Überraschung. Das Volk hatte bereits in der Nacht zu tanzen begonnen und da es nicht bereit war, die Würde des Ortes zu respektieren, verließen die Weisen das Tempelgebiet erst, als der letzte Tag der Verehrung des Grannus gekommen war. Der weise Mann trat an Ekuos heran und teilte ihm mit, dass er sich in die Einsamkeit der nahen Berge zurückziehen wird, um dort so zu leben, wie es den Göttern genehm war. Dazu schickte er den sich belustigenden Menschen einen bösen Blick hinüber. Ekuos wurde zwei weisen Frauen übergeben, die ihn in ihre Mitte nahmen, um ihn an eine der Quellen des Grannus zu führen. Dort durfte er sich an einem Wasserlauf reinigen und seine Kleidung für die Reise überziehen. Danach führten die weisen Frauen ihn dicht an die Quelle. Während eine der Frauen einen aus Silber gefertigten Krug über die Quelle hielt, schöpfte eine andere das Wasser und füllte damit das Gefäß. Während der Zeremonie vermied Ekuos jeden Blickkontakt. Es war ihm nicht erlaubt, sich den weisen Frauen auf irgendeine aufdringliche Weise zu nähern. Sie standen weit über ihm und jede Respektlosigkeit hätte seinen weiteren Weg beenden können. Also wartete er.
Eine junge Frau, vielleicht ein als Blutopfer in der Vorbereitung befindliches Mädchen, übergab ihm ein silbernes Kreuz und eine kleine Statue des Grannus. Dann wurde Ekuos über einen Weg zu einer Wagenkolonne geführt, die auf einer befestigten Straße wartete. Der Führer der Wagenkolonne verbeugte sich tief und richtete Ekuos aus, welche Aufgabe für ihn vorgesehen war. Ekuos sollte das heilige Wasser an den Fluss Alz bringen, wo ein neuer Tempel des Grannus errichtet wurde. Auch das silberne Kreuz und die Grannusstatue waren Gaben für diesen Ort. Es folgten noch einige Worte über das Reiseziel der Wagenkolonne, das im Salzgebiet der Alpen lag, und schon begann die Reise. Nur eines wollte der Wagenführer noch von Ekuos wissen. Er trug seine roten Haare stark gekalkt aufgerichtet wie ein Hahn und hatte ein herbes Gesicht. Warum sie in der Heimat von Ekuos die hohen Steinwände Alp nannten, wollte er wissen und Ekuos erzählte, dass Alpen nichts anderes bedeutet als Berge.
Danach gab es keine Worte mehr. Von nun an durfte Ekuos der Seher nicht mehr sprechen. Weder die Männer noch die Frauen und Kinder wagten es, sich Ekuos zu nähern. Häufig verließ er den Wagenzug und spazierte allein über den Weg, versunken in Gedanken und den Beutel mit den Heiligtümern fest im Griff. Häufig kontrollierte er, ob das harte Bienenwachs das Gefäß mit dem Wasser aus der Quelle des Grannus weiter gut verschloss. Sein Leben hatte sich nun vollends verändert, weil die weisen und auserwählten Frauen und Männer in ihm einen ihrer Nachfolger erkannt hatten. Aber er würde sich noch bewähren müssen. Die Götter beobachteten ihn und von ihrer Gnade würde nicht nur sein Leben abhängen.
3. Die Spiegel im See
Ekuos kehrte aus seinen Erinnerungen an seine Reise zu den Quellen des Grannus zurück und suchte Kida am Waldrand, aber die Wölfin war nicht mehr da. Matu saß bei den Pferden und zeigte ihm den Rücken. An seine Reise mit dem weisen Mann erinnerte Ekuos sich gerne, denn sie hatte ihn gelehrt, wie er mit der Einsamkeit umgehen musste. Nur durch sie würde es ihm irgendwann gelingen, die Botschaften des Himmels und der Götter zu verstehen. Noch war er nicht so weit gekommen. Aber warum war ihm an diesem Ort hier diese Reise wieder in den Sinn gekommen? Wer hatte ihm die Bilder in den Kopf gebracht? Ekuos schloss die Augen und wartete. Er sah das Bild der geschorenen Feinde in der Nähe der heiligen Quelle des Grannus wieder und er sah auch, wie er selbst dem Feind die Manneskraft genommen hatte. Ekuos öffnete die Augen. Konnte es sein, dass ihm Feinde gefolgt waren und mit der Entführung seines Bruders und seiner Freunde an ihm Rache nehmen wollten? Er blickte zum Himmel und drehte den Kopf hinüber zu den Bäumen. Kida war wieder da.
Ekuos durchlief in seinen Gedanken wiederholt seine Reise. Er erinnerte sich, dass der Wagenführer immer wieder die Wege verlassen hatte und durch unwegsames Gelände gefahren war. Hatte er das wegen möglicher Verfolger getan? Erst als sie bereits wieder tief in ihren angestammten Gebieten waren, das nördlich und südlich der Danau lag, blieb man auf den guten Wegen. Und plötzlich entdeckten sie in einem Bachbett einen übel zugerichteten Mann, der tagelang nicht gesprochen hatte. Als er endlich
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