Das Mysterium Des Himmels
sprach, da hatte ihn niemand verstanden. Man nahm ihn mit und während der nächsten Tage ergab sich doch eine Art Gespräch. Der Mann war weit gereist und mit den Stunden des Kontaktes verstand Ekuos, dass er vom Süden her über die Berge gekommen war, um ein Volk zu besuchen, das er Kelten nannte. Ekuos hatte davon gehört, dass hinter den Bergen seiner Heimat andere Menschen leben sollten, aber gesehen hatte er noch keinen von ihnen. Erst allmählich begriff er, dass mit den Kelten seine Leute und die Menschen gemeint waren, die zwischen Alp und dem großen Rhenus lebten. Als der Mann die Feinde beschrieb, die ihn angegriffen hatten, da sah Ekuos erneut die Gesichter vor sich, die als Geschorene an der Quelle des Grannus zwischen den Tieren zu leben hatten. Ekuos bat den Mann, den Wagenführern darüber zu berichten. Nun wussten auch sie, dass die Feinde tief in ihr Land eingedrungen waren und sie sich in Acht nehmen mussten.
Der Mann hatte mit dem Finger auf sich gezeigt und Amadas gesagt. Ekuos hatte mit der gleichen Geste geantwortet und seinen Namen genannt. Damit endeten die Gespräche, denn die Fuhrleute wurden unruhig, weil einer wie Ekuos mit niemandem reden durfte. Er hörte aber zu, wenn sich Amadas von den Fuhrleuten beharrlich Begriffe erläutern ließ. Sie amüsierte dieses Spiel. Nach einigen Tagen der Reise konnte der Mann wieder laufen und eilte vorneweg, weil er einen Fluss entdeckt hatte. Ein Kind rief ihm den Namen zu, den er, dabei etwas mit der Zunge schnalzend, wiederholt hatte. Mit Worten und Gesten verstand er ›Fluss zwischen hohen Ufern‹ und sprach ›Alz‹ korrekt aus. Bevor sie an dem Ort des neuen Tempels des Grannus angelangt waren, musste Amadas Abschied nehmen. Diesen Bereich durfte ein Fremder nicht betreten. Amadas verstand die Gesten nicht und erst, als einer der Männer ein Schwert zog, da zog er mit den Fuhrleuten weiter.
Ekuos wartete, bis die Sonne für diesen Tag den höchsten Punkt am Himmel erreicht hatte. Dann näherte er sich dem Heiligtum. Das Gebiet oberhalb des Flusses war weiträumig geglättet und von Bewuchs befreit worden. Der offene Tempel hatte an jeder Seite drei Säulen, auf denen das Dach ruhte. In seiner Mitte wurde gerade das Becken für das heilige Wasser des Grannus aufgestellt. Der Stein war aus einem Berg geschlagen worden, dem die große Sonne die Ehre zuteilwerden ließ, genau zur Mitte jeden Tages über ihm zu stehen. Die Menschen erzählten sich, dass dort in den vielen Höhlen tief unten im Berg ein Riese lebte, der ein Heer von Zwergen um sich scharte, die jeden bestraften, der sich zu nahe an ihren Herrn heranwagte. Man nannte ihn den ›unheimlichen Berg‹.
Ekuos näherte sich und trat mit dem Wasser des Grannus schweigend zwischen die weisen Männer und Frauen. Die Zeremonie konnte nicht beginnen, denn genau gegenüber, in dem ebenso neu errichteten Heiligtum der Göttin Sirona, wurden die Insignien der Heiligen aufgestellt. Danach folgte die Statue, die auf einen Sockel gehoben wurde. Diese Darstellung zeigte die Göttin in einem bodenlangen Kleid, ohne Schmuck, und auch ihr Gesicht trug keinerlei Maske. In den Siedlungen war es Usus geworden, dass Frauen ihre Gesichter schminkten, sich die Ohren behängten, Ringe an die Finger und die Füße steckten, sich breite Halsreifen umlegten und sich Kettchen um die Fußgelenke banden, um sich gegen das Böse zu schützen. Obwohl die weisen Frauen und Männer gegen den Glauben an Abwehrzauber vorgingen, blieben die Frauen dabei. Selbst die Göttinnen, die ihr reines Gesicht zeigten, konnten daran nichts ändern. Ekuos schaute hinüber, wo zwei weise Frauen noch immer dabei waren, die Ähre und die Traube so aufzustellen, dass sie mit dem Licht und der Göttin harmonierten. Als Nächstes wurden zwischen den beiden Tempeln Steinkreise gelegt. Sie verbanden das Licht und die Macht des Himmels mit der Mutter Erde. Ekuos füllte das Becken im Tempel des Grannus mit dem Wasser der heiligen Quelle. Dann schritten die weisen Frauen und Männer durch den Tempel, ein jeder hielt kurz einen Finger in das Wasser und tupfte ein Kreuz auf seine Stirne. Mit der Aufstellung aller Anwesenden zu einem Oval wurde die rituelle Handlung beendet. Frauen zogen mit weiblichen Tieren durch den Tempel der Göttin Sirona und baten sie um Fruchtbarkeit für sich, die Tiere und die Felder. Als die Sonne am nächsten Tag erneut im Zentrum des Tages stand, konnte Ekuos den Ort verlassen und in seine Heimat
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