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Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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Schulter: »Wir werden sehen, ob er nicht in Kürze zum
     Wanken kommt.« Drüben angekommen, sagte er: »Wer etwas zu gestehen hat, soll hier vor mich treten!«
    Die Gnadeersuchenden reihten sich auf, eine lange Kette von Menschen wurde es, sie reichte über den halben Marktplatz. Bei
     den umgestoßenen Kohlenbecken bückten sich einige nach Leberstücken. Sie rieben den gröbsten Dreck ab, und steckten sich das
     gebratene Fleisch in den Mund. Am Boden lagen glühende Kohlen und rauchten. Auch ein Mensch lag da. Niemand kümmerte sich
     um ihn, bis einer der Ritter des Inquisitors vom Pferd stieg und sich zu ihm niederbeugte. |348| »Könnt Ihr mich hören?« Er rührte ihn an. Der Mensch lag still. Der Ritter drehte ihn um. Zuerst meinte Nemo, eine rote Halskette
     zu sehen. Dann wurde ihm klar, daß es eine Wunde war. Ein roter Strich führte die Kehle entlang.
    »Schafft ihn vom Platz!« befahl der Dominikaner. »Er hat nichts mit der Ketzerei zu tun, gegen die ich hier angehe. Um Raubmorde
     müssen sich die Städtischen kümmern.«
    Nemo sah genau hin. Am Gürtel des Toten hingen die Reste einer Geldkatze. Die Diebe hatten das Gedränge ausgenutzt, das entstanden
     war, als der Dominikaner auf den Platz ritt. Wie hatte er das so schnell erfaßt?
    »Bringt ein Schreibpult für meinen Notar.« Der Dominikaner sah über die lange Kette von Münchnern, die ein Geständnis ablegen
     wollten. Er nickte zufrieden. »Du da«, sagte er zum Vordersten, »tritt heran.«
    »Mein Name ist Jobst Ott, ich möchte mich schuldig bekennen, dem Ketzer gelauscht zu haben.« Bei jedem Wort verbeugte er sich,
     er vollführte ein Dutzend kleiner Verbeugungen. »Einmal habe ich ihm einen kleinen Geldbetrag gegeben, für mein Seelenheil.
     Ihr habt gesagt, daß Ihr gnädig urteilen werdet, wenn man geständig ist, Herr Inquisitor.« Nun wagte er, kurz den Kopf zu
     heben. »Ich gestehe alles.«
    Der Dominikaner stieg vom Pferd. »Du kannst dein Geständnis gleich noch einmal vortragen, wenn der Notar bereit ist, es niederzuschreiben.
     Bis dahin habe ich eine andere Aufgabe für dich. Meine Schimmelstute ist müde von der Reise.« Er reichte ihm die Zügel. »Führe
     sie zu den Augustiner-Eremiten. Dann kommst du wieder hierher.« Er sah einen der Ritter an, einen bärtigen, stiernackigen
     Mann. »Gehe mit ihm, und nimm drei Männer mit dir. Die anderen bleiben bei mir. Du weißt, was du zu tun hast. Finde das Haus!«
    William Ockham stieg die Hühnerleiter von seinem Karren hinunter. »Ich gehe zu ihm«, sagte Nemo zu Adelines Mutter.
    Sie sah ihn nicht an. Unverwandt blickte sie zum Engländer. »Dieser Mann soll der Vertraute meiner Tochter sein? Das kann
     ich nicht glauben.«
    |349| »Seid dankbar.« Er ließ sie stehen und trat an William Ockham heran.
    Der Franziskaner sagte: »Der Student.« Sein Gesicht zeigte keine Gemütsregung, nicht Freude, nicht Abscheu. Er winkte den
     Wachen. Sie gingen auf ihn zu, packten ihn, drehten ihm die Arme auf den Rücken.
    Es fühlte sich an, als bohre jemand einen Dolch zwischen seine Schulterblätter. Die Rippe! Nemo schrie laut auf vor Schmerz.
     Marktplatz und Menschen verschwammen vor seinen Augen. Undeutlich sah er, daß der Engländer sich abwendete. »Es geht um Adeline!«
     heulte Nemo. »Sie ist verschwunden!«
    William Ockham kehrte um. »Laßt ihn los«, sagt er.
    Seine Arme wurden frei. Das Stechen im Rücken ließ nach, ganz allmählich. Er rang um Atem. Nach einigen Augenblicken konnte
     er wieder klar sehen.
    Der Franziskanermönch sah ihn mitleidlos an. »Ich höre.«
    »Adeline – wißt Ihr, wo sie ist?«
    »Dir würde ich es zuletzt sagen. Rede mit dem Inquisitor. Er wird sicher gern hören, was du über deinen Freund Amiel zu berichten
     hast.«
    »Ich habe mit ihm nichts mehr zu schaffen.«
    »Meinst du, ich durchschaue dich nicht? Amiel fürchtet Adelines Aussage vor dem Dominikaner. Dich schickt er als seinen Strohmann,
     um herauszufinden, wo sie ist.«
    Er wies hinter sich. »Das ist Adelines Mutter. Sie wird Euch bezeugen –«
    »Was wird sie mir bezeugen?« fuhr William dazwischen. »Daß du auch sie getäuscht hast?« Er sah sie an. »Wie hat er sich Euch
     vorgestellt? Als Student Heinrich Pfanzelter?«
    Er sagte: »Mein richtiger Name ist Nemo. Und ich bin hier, um Adeline zu helfen.«
    »Nenne mir einen guten Grund, warum ich dir glauben sollte.«
    Er war immer gut darin gewesen, völlig unvorbereitet eine glaubhafte Lügengeschichte zu erzählen. Jetzt

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