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Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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aber war sein |350| Kopf leer. Er wollte sich dem Engländer als der zeigen, der er wirklich war. Nur fiel es ihm selbst schwer, die Wahrheit zu
     fassen. Und wie sollte er sie so vorbringen, daß man ihm glaubte?
    Der Franziskaner winkte den Wachen. Sie traten wieder an Nemo heran und griffen nach seinen Armen.
    Vielleicht bedeutete Ehrlichkeit, daß man nicht danach fragte, ob das Gesagte den gewünschten Eindruck beim Gegenüber hinterließ.
     Vielleicht bedeutete sie, nicht außerhalb zu forschen nach dem, was der andere hören wollte, sondern nur in sich selbst zu
     suchen. Warum bin ich hier? fragte er sich. Tränen stiegen ihm in die Augen. »Es gibt keinen Grund«, sagte er. Er schluckte.
     »Außer, daß ich sie liebe.«
    Etwas geschah mit dem Gesicht des Engländers. Er sah überrascht aus. Neugierig blickte er Nemo an.
    »Ja, ich liebe sie«, sagte Nemo. »Ich hätte längst aus der Stadt sein können. In Augsburg, und noch weiter fort. Meint Ihr,
     ich weiß nicht, daß es ein böses Ende nehmen muß mit Amiel, auf die eine oder andere Weise? Aber ich bin wiedergekommen, weil
     ich Adeline mitnehmen wollte. Ich habe es ihr versprochen, und ich bin hier. Ich werde nicht ohne sie gehen.«
    »Ich glaube, du hast gerade das erste Mal die Wahrheit gesagt. Du liebst Adeline.« William Ockham strich sich nachdenklich
     über das Kinn.
    »Helft mir, sie zu finden!«
    Der Engländer sagte: »Laßt ab von ihm.« Er trat an Nemo heran. »Ich habe sie gestern vormittag zuletzt gesehen. Sie wollte
     sich bedanken, weil ich bei der Gräfin ein gutes Wort für sie eingelegt habe. Und sie hat gesagt, sie fürchte, daß Amiel sie
     vergiften will.«
    »Glaubt Ihr, sie hat Gift geschluckt? Sie könnte noch im Hospital liegen!«
    William schüttelte den Kopf. »Sie hat keine Anzeichen von Vergiftung gezeigt. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, erscheint
     es mir eher so, als wollte sie sich danach erkundigen, wie man einen anderen Menschen mit Gift tötet.«
    |351| Nemo faßte sich an die Stirn. »Ich weiß, was geschehen ist. Der Perfectus hat sie bedrängt. Aus Verzweiflung hat sie versucht,
     ihn zu vergiften. Dieser Bastard!« Es kochte auf in ihm. »Er hat es spitzbekommen, und dann hat er sie aus dem Weg geschafft.«
     Nemo bremste sich. Das konnte nicht sein. »Das heißt, nein.« Er wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. »Ich habe ihn
     heute nacht beten gehört. Er hat Gott um Hilfe angefleht, weil er es nicht schafft, von Adeline loszukommen.«
    »Also ist sie am Leben.«
    »Wir müssen ihn fragen, wo sie ist.«
    »Mir wird er das nicht sagen. Wir müssen warten, bis der Inquisitor ihn faßt. So schwer es mir auch fällt, diesen Mann um
     etwas zu bitten, aber ich werde den Dominikaner zur Eile anhalten. Ist Amiel erst einmal von seinem Sockel gestoßen, wird
     er uns Rede und Antwort stehen.«
    Adelines Mutter trat neben ihn. »Es geht ihr nicht gut. Nicht wahr?« Ihre Stimme bebte.
    »Ich glaube, daß sie unsere Hilfe braucht«, sagte Nemo. »Aber Amiel gefangenzunehmen heißt noch nicht, daß er auch sprechen
     wird. Im Gegenteil. Unterschätzt nicht seinen Stolz! Ich werde mit ihm reden.«
    »Tun wir beides. Ich beschleunige seine Festnahme, und Ihr geht hin und redet mit ihm.«
    Nemo fror. Er war müde. »Welches Gift habt Ihr Adeline empfohlen?«
    »Blauen Eisenhut.«
    »Ihr kennt das Gift. Was geschieht, wenn man Blauen Eisenhut zu sich nimmt?«
    »Schweiß bricht aus, und die Gliedmaßen sterben ab. Man übergibt sich. Die Atmung wird flacher, und man leidet starke Schmerzen.«
    »Wieviel Zeit bleibt bis zum Tod?«
    »Wenige Stunden.«
    Wenige Stunden. »Wir müssen sie finden.«
    Hinter ihm am Karren des Inquisitors sagte eine Frau: »Kon rad |352| Pregler hat ihn unterstützt. Und Martin Weitting, er hat ihm Schuhe geschenkt und einen Mantel.«
    Der Dominikaner lobte sie. »Sehr gut. Nenne weitere Namen.«
    Irgendwann würde jemand sagen: Nemo, der war sein Leibdiener.

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    Er schloß hinter sich die Tür. Die Flamme der Kerze flackerte im Luftzug. Dann wurde sie wieder ruhig. Ihr Licht beschien
     die ersten Weinfässer. Dahinter verlor es sich. »Ich bin es«, sagte Amiel. Er ging langsam vorwärts. Zwischen dem dritten
     und vierten Faß lag sie, so, wie er sie zurückgelassen hatte. Der Knebel steckte noch im Mund, Hände und Füße waren gefesselt.
     Es war Stoff von ihrem Kleid, auf diese Weise sahen die Fesseln aus, als gehörten sie zu ihr. Die Reste des Kleides

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