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Das Nebelhaus

Das Nebelhaus

Titel: Das Nebelhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Berg
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ein Luder, wenn Sie mich fragen. Sie hat Yim schöne Augen gemacht, die beiden sind hier nachts spazieren gegangen, ich hab’s genau gesehen. Na ja, ich hätte ihm ja eine Neue gegönnt, wo doch seine Freundin damals so unglücklich gestorben ist. Ertrunken ist sie, hier vor der Insel vom Boot gefallen. Wollte unbedingt bei schlechtem Wetter rausfahren und die Heldin spielen. Aber eine mit bunten Haaren als Ersatz für die andere – das hat der doch gar nicht nötig, so wie der aussieht. Na ja, natürlich nur, wenn man auf Ausländer steht. Sie haben doch nichts mit ihm, oder?«
    »Nein.«
    »Wie sind wir denn jetzt darauf gekommen? Ach, über das freche Ding mit den bunten Haaren. Die hat auf meinem Grundstück Hasch geraucht, Drogenkonsum fast direkt vor meinem Küchenfenster. Stand da einfach so rum, unter dem Baum, und hat zum Schuppen rübergestarrt. Ich poche wirklich nicht oft auf meine Grundstücksgrenzen, aber da habe ich sie verscheucht und ihr mit der Polizei gedroht.«
    »Wann war das?«
    »Am Morgen des bewussten Tages. So, ich muss jetzt nach meinem Kuchen schauen. War nett, Sie kennengelernt zu haben.«
    Es kitzelte mich, Yim auf Yasmin anzusprechen. Als wir abends in einem einfachen Fischrestaurant essen gingen, redeten wir über alles, nur nicht über den Fall, und ich wollte die gute, von lustigen Anekdoten angeregte Stimmung durch den ganzen Abend tragen. Daher verkniff ich mir die Frage. Yim bewies Qualitäten als humorvoller Erzähler, wenn er sich beispielsweise über Schauspieler lustig machte, die er parodierte. Seine Karikatur von Sky Dumont war zum Schreien komisch. Später ließ er einige seiner witzigsten Begebenheiten als Wirt Revue passieren.
    Die anderen Gäste schauten zu uns herüber, einige verärgert, weil sie sich gestört fühlten von so viel Gelächter, andere neidisch, weil sie sich absolut nichts zu sagen hatten. Yim dachte jedoch nicht daran, den Lauf, den er an diesem Abend hatte, zu zügeln. Im Gegenteil, ihm schien die Rolle als Spaßvogel zu gefallen, und ich ertappte mich bei einem Funken Stolz über einen solchen Tischherrn.
    Erst als wir die fünfhundert Meter zurück zum Haus gingen – es war bereits Nacht, nirgendwo stand eine Laterne, und am Firmament glitzerten mehr Sterne, als ich von Berlin gewohnt war –, war er auffällig still.
    Ich dachte: Oh, oh, entweder bereitet er gerade einen Annäherungsversuch vor oder …
    Es wurde das Oder. Er gab mir den Schlüssel zum Nebelhaus, und ohne mich anzusehen sagte er: »Da musst du allein rein. Ich kann dich nicht begleiten, beim besten Willen nicht.«
    Ich ging am nächsten Morgen ins Nebelhaus, gleich nach einem einsamen Frühstück. Yim hatte mir einen Zettel auf den Küchentisch gelegt, dass er joggen sei, und Herr Nan war glücklicherweise bereits im Garten zugange, wo er mit einer Geschwindigkeit Unkraut jätete, als ginge es um sein Leben. Er kroch auf allen vieren um die Rabatten herum. Seine Hose war wieder einmal verrutscht, der Ansatz seines Hinterns lugte hervor. Eigentlich gab er ein Bild der Lächerlichkeit ab, aber ich konnte über nichts lächeln, was ihn betraf.
    Als ich das Haus verließ, war er gerade hinter einem prächtigen Bambus beschäftigt, so konnte ich ohne ein Wort das Gartentor passieren. Ich fragte mich, ob sein Blick mir folgte, ebenso der Blick der Witwe Bolte von nebenan. Da mir lieber war, es nicht zu erfahren, drehte ich mich nicht um, sondern ging schnurstracks meinem Ziel entgegen.
    Das Nebelhaus machte seinem Namen alle Ehre. Zwar lag an diesem frühen Morgen der ganzen Insel ein feiner Schleier aus aufsteigender Feuchtigkeit über, aber in der Richtung, in die ich ging, war er weit dichter. Aus dem Vogelschutzgebiet zogen zerfetzte Schwaden heran, die sich am Nebelhaus verfingen, aufschichteten und die Fassade still und leise in ihren kaltgrauen Mantel hüllten. Schon das Birkenwäldchen war ein Hort von Dunst und Verlassenheit, doch erst unmittelbar vor dem Glaspalast, gleich hinter dem Katzengrab, überkam mich das dringende Bedürfnis nach einem Menschen an meiner Seite, so stark war der Eindruck, der auf mich wirkte. Der Nebel schien sich mit dem Haus zu verbinden, dessen gläserne Fronten ihn widerspiegelten, sodass die Grenze zwischen der festen und der gasigen Materie leicht verschwamm. Ein paar Meter vom Eingang entfernt geisterte der kuriose Gedanke durch meinen Kopf, dass das Haus eines Tages im Nebel aufgehen und nie wieder Gestalt annehmen würde. Irgendwann wäre es

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