Das Nest des Teufels (German Edition)
zufrieden, denn der Apfel schien nicht weit vom Baum gefallen zu sein. Sein Sohn war ein ausgefuchster Dieb und Betrüger, sodass Paskewitsch ihn in den dunkelsten Bereichen seiner Geschäftstätigkeit einsetzen konnte. Und Juri war zu allem bereit, um von Paskewitsch akzeptiert zu werden und wenigstens sein Patronym verwenden zu dürfen, wenn er schon nicht den Familiennamen seines Vaters bekam.»
David trat so weit zurück, dass er sich an eine Fichte lehnen konnte. Er wirkte entspannt und selbstsicher, und Juri schrumpfte gewissermaßen vor ihm.
«Ist es ein Verbrechen, dass ich meinen Vater kennenlernen wollte?», fragte Juri leise. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt, aber David hörte nicht auf, ihn zu provozieren.
«Nein, das ist kein Verbrechen. Vielleicht hast du ja geglaubt, Valentin Paskewitsch sei ein ehrbarer Geschäftsmann, der sich nur an die Landessitte hielt, wenn er links und rechts Schmiergelder verteilte, ohne die im russischen Baugeschäft nichts läuft. Und du warst genau der richtige Handlanger für ihn. Aber Valentin war trotzdem nicht zufrieden. Wahrscheinlich spürte er, dass du im Zweifelsfall auch ihn verkaufen würdest.»
«Du selbst hast das Blaue vom Himmel gelogen, um dich bei ihm einzuschleichen. Und nun hast du die Stirn, mir Vorwürfe zu machen!»
«Ich habe eine Aufgabe ausgeführt, die meine Vorgesetzten mir gestellt hatten. Du kannst dich nicht einmal damit verteidigen.»
«Ich brauche mich nicht zu verteidigen! Sobald mir klar wurde, was für ein Typ Paskewitsch ist, habe ich mich abgesetzt. Ich will von anständiger Arbeit leben, nicht von Verbrechen.»
«Sagt der Mann, der für Rytkönen spioniert und ihn schließlich erschossen hat.»
Juri drehte sich zu mir um, und für einen kurzen Moment richtete sich der Hass in seinen Augen auf mich.
«Hast du Stahl davon erzählt? Außer uns beiden und Laitio sollte doch niemand davon wissen.»
«Ja. Ich gehe davon aus, dass du und ich auf derselben Seite stehen.»
«Tun wir das? Wenn Stahl mit im Bunde ist, wohl eher nicht. Darja war in mich verliebt, und du hast dich geärgert, Stahl, weil sie nicht auf deine Avancen reagiert hat.» Nun wandte sich Juri wieder an David, und sein Gesicht verzerrte sich, als David ihn auslachte. Ich erinnerte mich an Lena und Ljuba, die leichtbekleideten Kammerzofen in Paskewitschs Villa in Bromarv. War Darja ihre Vorgängerin gewesen? Als habe er meine Gedanken gelesen, erklärte David:
«Du weißt sicher, Hilja, dass Paskewitsch an einer Frau nie genug hatte. Er wollte immer mehrere zur Auswahl haben. Aber zu denen gehörte Darja nicht. Sie war erst sechzehn, und sie war eingestellt worden, um im Haushalt zu arbeiten, nicht, um mit dem Sohn des Bosses zu schlafen. Man kann Valentin Paskewitsch manches nachsagen, aber er ist zumindest bereit, für Sex zu zahlen, und er hat nie eine Frau gezwungen, gegen ihren Willen mit ihm ins Bett zu gehen. Juri hat das nicht begriffen. Es mag ja sein, dass Darja in dich verliebt war, woher soll ich das wissen? Das hieß aber nicht, dass sie mit dir schlafen wollte. Ich habe mit eigenen Ohren gehört, wie sie weinte und dich anflehte, aufzuhören.»
«Du hast genau das gehört, was du hören wolltest! Und ich hätte nichts getan, wozu sie nicht bereit war. Aber du musstest in das Zimmer stürzen und das ganze Haus aufwecken. Stahl, der große Held, schlief selbst nachts nicht, sondern wachte über die Sicherheit seines Herrn. So hast du es Valentin doch erzählt, du Scheißspion!»
«Es war Darjas Glück, dass ich so spät noch auf war. Nach dem Vorfall wollte sie natürlich nicht mehr dort bleiben, das arme Mädchen.»
«Hat sie dir und Paskewitsch gegenüber gesagt, dass Juri sie vergewaltigen wollte?»
«Ja», antwortete David, während Juri schrie: «Ihr habt sie gezwungen, es so hinzustellen! Sie hatte Angst, für leichtfertig gehalten zu werden, wenn sie die Wahrheit gesagt hätte. So bekam sie immerhin den Lohn für zwei Monate, den ich aus meiner Tasche zahlen musste, und dazu ein gutes Zeugnis. Sie konnte sich ja ausrechnen, was aus ihrer Sicht lohnend war. Womöglich hatte sie die ganze Sache sogar geplant, vielleicht sogar mit dir, Stahl! Ich hätte schon damals lernen sollen, dass man keiner Frau vertrauen kann.»
Juri hörte sich an wie ein Teenager. David dagegen war locker und selbstsicher, er hatte ja nichts Böses getan.
«Warum bist du überhaupt vor Darjas Tür herumgeschlichen? Du hattest natürlich dasselbe vor wie ich und
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