Das Nest des Teufels (German Edition)
Polizeiorganisation abgesegnet?»
David blickte schweigend auf die Karten. Ich hatte allmählich genug von seiner Art, Macht auszuüben, indem er Informationen für sich behielt, gerade als würde er mir doch nicht trauen, sondern damit rechnen, dass ich ihn tatsächlich an Iwan Gezolian ausliefern wollte.
«Ich weiß, dass Gezolian als Kind hier gewohnt hat, in der Zeit, als das Gebiet an die Sowjetunion verpachtet war. Das heißt, nicht direkt hier in Kopparnäs, aber immerhin irgendwo im Gebiet von Porkkala», sagte ich, als ich das Schweigen nicht mehr aushielt.
«Genau. Diese Gegend hier war ein versengtes Schussfeld, aber im Fels kann es trotzdem Verstecke gegeben haben. Oder in den Ruinen des Gutshofs von Kopparnäs. Aber es kann sich nicht um etwas handeln, das aus der Sowjetzeit stammt, denn in den 1970 er Jahren wurde das Gebiet gründlich untersucht, weil man hier ein Kernkraftwerk bauen wollte. Vielleicht hat Gezolian in seiner Kindheit ein gutes Versteck gefunden und will es jetzt in Gebrauch nehmen. Deshalb interessiert er sich für das Gebiet. Syrjänens Geschäfte sind für ihn nur eine Kulisse.» David beugte sich vor und küsste mich, aber sein Kuss war irgendwie beamtenhaft, ohne Leidenschaft.
Ich verspürte kühle Enttäuschung und zog mich wieder zurück.
«Wie lange bleibst du in Finnland?»
«Das weiß ich noch nicht.»
«Gezolian kommt zur Maifeier nach Långvik. Tun wir es bei der Gelegenheit oder später?»
An sich hatte ich ja keinen Grund, gegen Gezolian zu intrigieren. Sicher, der Mann war ein Schurke, aber waren seine Hände blutiger als Davids? Und hatte ich das Recht, irgendwen mit Steinen zu bewerfen? Da hörte ich eine neue Stimme in meinem Kopf. Früher hatte Mike Virtue dort gesprochen, doch jetzt war es Teppo Laitio.
«Verdammt noch mal, Mädchen, ich dachte, du könntest immerhin zwischen Arschlöchern und in ehrlicher Absicht handelnden Bürgern unterscheiden. Enttäusch mich nicht!»
«Später», sagte David. «Ich muss erst noch darüber nachdenken. Bisher habe ich noch keinen vernünftigen Plan zustande gebracht. Und dann ist da noch Deividas. Früher war es mir nicht so wichtig, ob ich überlebe. Versteh mich nicht falsch, Hilja.» David zog mich wieder an sich. «Natürlich will ich dich so oft sehen wie nur möglich, aber Deividas ist ein Kind, das Fürsorge und Liebe braucht. Du kommst auch ohne mich zurecht.»
Davids Augen lagen tief in den Höhlen, die Falten auf seiner Stirn zeichneten sich deutlicher ab als früher. Seine Haut war winterblass, nicht mehr von der mediterranen Sonne gebräunt. Ich konnte mir vorstellen, wie er mit siebzig aussehen würde: die Nase noch spitzer, ein Spinnengewebe von Falten um die Augen. Würde er so lange leben?
«Gehen wir zur Ruine des Gutshofs? Vielleicht findet sich da etwas.»
«Hast du deine Partie des Isotops hier versteckt? In diesem Steinturm? Wann denn? Du warst doch nicht in Finnland – ach nein, du warst ja hier, im letzten Frühjahr. Damals hast du die Freundin meiner Mutter besucht und den hier machen lassen.» Ich holte den Ring aus der Innentasche meines Rucksacks. «Warum in aller Welt hast du das getan?»
David lächelte müde. «Warum kauft ein Mann einen Ring für eine Frau? Ich wollte Genaueres darüber wissen, warum dein Vater deine Mutter getötet hat, und habe die Leute zum Reden gebracht, indem ich behauptete, ich würde Ehegattenmorde in drei europäischen Ländern untersuchen. Damals glaubte ich, wir könnten endlich zur Ruhe kommen und zusammenleben. Das war leider ein Irrtum. Aber immerhin hast du den Ring bekommen. Darf ich ihn dir anstecken, obwohl ich dir im Moment nichts versprechen kann?» Davids Blick war fordernd, als er mir den Ring aus der Hand nahm. «Ich habe ihn anhand des Fotos von einem Goldschmied in Siena anfertigen lassen. Hoffentlich passt er.»
David nahm meine linke Hand, und ich wehrte mich nicht, als er mir den Ring auf den Ringfinger schob. Die Sonne fiel auf die drei Rubine, die aufleuchteten wie Flammen.
«Trag ihn, wenn du kannst und willst. Er muss kein Gelöbnis sein.» Wieder beugte sich David zu mir und küsste mich, und jetzt war der Kuss so wie früher. Eng umschlungen sanken wir auf den Felsboden, ich spürte Davids Gewicht auf mir, seine Hände tasteten sich unter meine Kleider. Eine Elster schackerte auf dem Steinturm, in meinen Haaren verfing sich eine Flechte.
«Lass uns zum Gasthof gehen», schlug ich vor. «Ich kann nicht lange bleiben.»
Hand in
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