Das Nest des Teufels (German Edition)
bist wütend geworden, als du gemerkt hast, dass ich dir zuvorgekommen war.»
«Ach, Juri.» David schüttelte den Kopf wie ein Lehrer, der einen unfassbar begriffsstutzigen Schüler vor sich hat. «Dein Vater hatte mich geschickt. Ich sollte in der Küche Brot und Salzgurken holen, und Darjas Zimmer lag gleich neben der Küche. Als ich die Angst in ihrer Stimme hörte, musste ich eingreifen. Übrigens lechze ich nicht nach Minderjährigen.»
«Im Gegensatz zu deinem Freund Rand», sagte Juri bissig.
«Rede nicht über Dinge, von denen du nichts weißt! Jaan ist hundertmal besser als du.»
«Nicht nach dem, was ich über ihn gehört habe. Und Hilja, Paskewitsch hat mich tatsächlich verprügelt wie einen Muschik. Er hat gern Ruten und Peitschen benutzt. Stahl hat mit den anderen dabeigestanden und es genossen. Wahrscheinlich hätte er sich am liebsten beteiligt.»
«Ich habe es nicht genossen! Als du dich nicht mehr auf den Beinen halten konntest, habe ich ihm gesagt, er soll aufhören.»
«Tatsächlich? Das habe ich nicht mitbekommen. Allerdings habe ich auch sonst nicht viel gehört. Ich konnte an nichts anderes denken als an den Schmerz. Aber die Genugtuung, dass ich um Gnade gewinselt hätte, habe ich dir nicht gegeben.» Juri schnitt eine Grimasse, doch seine Augen waren immer noch verletzt und sehr dunkel. Er schluckte die Tränen hinunter. David ging in die Hocke, als sei er eine Katze, die durch ihre Körperhaltung einem Artgenossen signalisiert, dass sie ihn nicht bedroht.
«Das alles ist schon Jahre her, und wir arbeiten beide nicht mehr für Paskewitsch. Nicht die Vergangenheit ist wichtig, sondern die Zukunft.»
«Wenn es nach mir geht, hast du keine Zukunft, David Stahl. Ich brauche nur Julia Gerbolt anzurufen, sie verrät mir bestimmt die Telefonnummer ihres Vaters, wenn sie hört, welche Beute ich ihm zu bieten habe. Gezolian wartet schon lange darauf, mit dir abzurechnen.»
«Mal langsam, Juri. Du hast immer wieder gesagt, dass du nichts mehr mit kriminellen Handlungen zu tun haben willst. Wenn du dich mit Gezolian einlässt, steckst du wieder mittendrin.» Ich bemühte mich, die richtigen Worte zu finden, denn Juris Wut und Verbitterung waren explosiv. Bisher war mir nicht klar gewesen, wie sehr er David hasste, da ich den eigentlichen Anlass nicht gekannt hatte. Ich hatte keine Möglichkeit, herauszufinden, wer von den beiden die Wahrheit sagte. Vielleicht beide, vielleicht keiner.
«Du hast Stahl sicher erzählt, was zwischen uns ist? Hilja ist im Bett wild wie eine Luchskatze. Vielleicht möchtest du das Bild, das ich von ihr gemalt habe, Stahl. Darauf hat sie nicht allzu viel an. Natürlich verführt ein Maler sein Modell, in diesem Fall brauchte ich mir allerdings keine große Mühe zu geben. Ich bekomme Frauen, ohne sie zu zwingen, und ich brauche nicht mal für ihre Dienste zu zahlen wie mein Vater.»
David erhob sich wieder, die Katze sträubte ihr Fell, um möglichst groß und furchterregend auszusehen.
«Wenn Hilja mit dir geschlafen hat, wird sie ihre Gründe gehabt haben. Die große Liebe war es sicher nicht.» Davids Stimme klang trocken, aber es schwang ein Ton mit, der mir überhaupt nicht gefiel.
Juri öffnete den Mund, doch ich ließ ihm keine Gelegenheit, mit seinen Sticheleien weiterzumachen.
«Hört um Gottes willen endlich auf, alle beide! Keiner von euch besitzt mich! Ich habe niemandem irgendetwas versprochen, und das habe ich auch künftig nicht vor. Aber wenn einer den anderen in Gefahr bringt, werde ich es ihm nie verzeihen. Juri, ich habe den Auftrag erhalten, David an Gezolian auszuliefern, die Mühe bleibt dir also erspart.»
Als Juri überrascht nach Luft schnappte, fügte ich hinzu, es handle sich natürlich um ein Täuschungsmanöver, und ein Verbündeter sei mehr als willkommen.
Ich wusste, was das Klügste gewesen wäre. Ich hätte Juri umgarnen müssen, ihn becircen und verzaubern, bis er mir aus der Hand fraß. Noch vor einigen Monaten, bevor er Rytkönen erschoss, wäre ich dazu fähig gewesen, aber jetzt nicht mehr. Ich verdankte ihm mein Leben, vor allem aber verdiente er meine Freundschaft. Was ich für David empfand, war noch stärker als Freundschaft, doch gerade jetzt erschien mir der Ring, den er mir angesteckt hatte, beengend wie eine Fessel. Ich schob die Hand in die Hosentasche, damit Juri den Ring nicht sah, und nahm ihn verstohlen ab.
Ich wollte das Unmögliche: Wir drei sollten zusammenarbeiten, um Gezolian zu schnappen. Doch es
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