Das Nest des Teufels (German Edition)
doch sie hatten immer noch die Kraft, sich auszubreiten. Als David die Tür öffnete, hörte ich ein Gezirpe zwischen den Blumen, für das ich keine vernünftige Erklärung fand. Auch David wusste nicht, was das Geräusch hervorbrachte. Ich stieg mit ihm aus und ging in den Garten, wo das Zirpen sich noch verstärkte. Es kam aus dem trockenen Gras, aber wir suchten vergeblich nach Heuschrecken oder anderen Insekten.
«Hast du es wirklich so eilig? Sag doch einfach, du seist in einen Stau geraten oder der SIM -Chip deines Handys sei kaputtgegangen und du hättest einen neuen kaufen müssen. Dir fällt bestimmt etwas ein. Komm mit mir in den Gasthof. Ich habe dich so vermisst.» David bekräftigte seine Worte mit einem Kuss, doch ich war nicht fähig, mich mitreißen zu lassen. Er löste seine Lippen von meinen, trat aber nicht zurück, sondern blickte mir tief in die Augen.
«Ich habe dir doch geschrieben, dass es mir nichts ausmacht, wenn du mit anderen Männern zusammen bist. Im vorigen Herbst habe ich gesehen, wie Trankow und du euch in Långvik geküsst habt. Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass du ausgerechnet mit ihm ins Bett gehen würdest.»
«Du hast uns gesehen?» Ich erinnerte mich an die dunkle Gestalt am Gegenufer; damals hatte ich geglaubt, es sei ein Trugbild, das mir meine Sehnsucht vorgaukelte. Aber es war tatsächlich David gewesen, der mich nicht einmal hatte wissen lassen, dass er in Finnland war.
«Ja. Aber ich konnte damals keinen Kontakt zu dir aufnehmen. Ich musste damit rechnen, dass Rytkönen dich rund um die Uhr beschatten ließ. Aber so war es ja nicht, er hat ganz allein gehandelt – beziehungsweise zusammen mit Trankow. Du brauchst mir nichts zu erklären.» David streichelte meine Haare, dann meinen Rücken, und ich war nahe daran, zu schnurren. Ich legte den Kopf an seine Brust und schob den Ring wieder auf meinen Finger. Wenigstens auf der Rückfahrt wollte ich ihn tragen.
«Natürlich müssen wir irgendwann miteinander reden. Einen Plan entwickeln. Wie lange bleibst du in Finnland?»
«Nur bis übermorgen. Zur Mai-Feier reise ich nach Estland. Meine Eltern haben ein Sommerhaus auf der Insel Ösel gemietet, das der Mutter des Exmannes meiner Schwester gehört, und Deividas ist ein paar Tage dort. Die Besitzerin ist nicht ohne weiteres mit unserer Familie in Verbindung zu bringen, daher glaube ich, dass wir dort sicher sind, zumindest für eine Weile. Aber können wir wenigstens per SMS kommunizieren? Gibt es eine Chance, dass wir uns morgen oder übermorgen am Vormittag treffen?»
«Julia ist launisch. Ich versuche es einzurichten. Aber jetzt muss ich los.»
Diesmal erwiderte ich Davids Kuss und brauchte meine ganze Willenskraft, um mich von ihm zu lösen. Der Angeberjeep hatte eine geräumige Rückbank … Doch ich bezwang mich und fuhr zurück. Der Vogelzug hatte begonnen, bald würden Buchfinken und Bachstelzen den Heidelerchen Gesellschaft leisten. Auch in Långvik sang eine Amsel, und im Garten schoben die Tulpen die ersten Blätter aus der Erde. Juris Wagen war nicht zu sehen, er war also immer noch in Kopparnäs. Ich wagte nicht daran zu denken, was geschehen würde, wenn David und er sich dort erneut begegneten, ohne mich.
«Die Herrschaft ist immer noch in der Sauna», verkündete Hanna, als ich in die Küche kam, um Wasser zu trinken. Das Wort «Herrschaft» hatte einen ironischen Beiklang, es war einer der seltenen Momente, in denen ihre Maske Sprünge bekam.
«Und Juri?», fragte ich scheinbar ahnungslos.
«Er ist nach Kopparnäs gefahren, um sich irgendwelche Lichtwinkelgeschichten anzusehen. Du kennst ihn ja. Hoffentlich werden die Pläne verwirklicht, aber ich fürchte, Syrjänen jagt Hirngespinsten nach.» Hanna holte den Zwiebelbeutel aus der Speisekammer, wählte drei große gelbe Zwiebeln aus, nahm das japanische Gemüsemesser aus dem Ständer und hackte sie. Sie arbeitete professionell, die Klinge bewegte sich rasend schnell, und die Zwiebelwürfel waren so gleichmäßig groß, dass selbst Jouni, der pedantische Koch des Sans Nom, zufrieden gewesen wäre.
«Wie meinst du das?»
«Syrjänen hat schwere Zeiten vor sich. Die Wahl ist aus seiner Sicht völlig verkehrt gelaufen, von den Politikern, die er gekauft hat, sitzen jetzt weniger im Parlament als früher. Wie die Regierung aussehen wird, weiß nicht einmal die berühmte blinde Greta. Usko hat immer auf seine Freunde zählen können, aber jetzt scheint sich die Situation zu ändern. Und dann
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