Das Nest des Teufels (German Edition)
schwülstig waren, dass Monikas Mundwinkel zuckten und sie geflissentlich vermied, mich anzusehen.
Gezolian war am Vorabend eingetroffen, ich hatte ihn, seine Mutter und Lescha vom Flughafen abgeholt. Er hatte Lescha und die alte Frau auf die Rückbank beordert und war auf den Beifahrersitz von Syrjänens Jeep geklettert.
«Wann kommt Stahl?», fragte er, sobald wir die Schnellstraße erreicht hatten.
«Er ist schon in Finnland. Wann willst du ihn treffen?»
«Eigentlich halte ich mich an das Prinzip ‹Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen›, aber diesmal machen wir es umgekehrt. Wir feiern zuerst die Hochzeit meiner Tochter – falls du mir versichern kannst, dass Stahl mir inzwischen nicht durch die Finger schlüpft. Wie hast du ihn hergelockt?»
«Berufsgeheimnis», gab ich zurück. Davids Plan war immer noch nicht ausgearbeitet. Er hatte sich mit Jaan im Gasthof in Kopparnäs einquartiert, das war bisher alles.
Juri Trankow, der neben mir stand, schien die Trauschwüre überaus ernst zu nehmen. Er und Paskewitsch hatten einander kaum gegrüßt. Paskewitsch war bei meinem Anblick zusammengezuckt, hatte aber nichts gesagt. Juri bemühte sich, sowohl seinem Vater aus dem Weg zu gehen als auch Ulla Beck, die ihn beim Eintreffen forsch begrapscht hatte. Doch ich konnte mir jetzt keine Gedanken über Juris Züchtigkeit machen, ich jonglierte ohnehin bereits mit zu vielen Bällen.
«Du hast Jaan nie in Aktion erlebt», hatte David am Telefon gesagt. «Gemeinsam meistern wir die schwierigsten Situationen. Und Gezolian wird Jaan nicht erkennen. Meines Wissens hat er keine Ahnung von der Existenz eines Bruders Gianni, und unter der Mönchskutte kann man allerhand verbergen. Mach dir keine Sorgen, Hilja, wir verlassen das Feld als Sieger.»
Hoffentlich war David klar, dass Gezolian, den er selbst nur an die Behörden ausliefern wollte, ganz andere Ziele hatte. Gezolians Rache war tödlich. Solange David mir keine Anweisungen gab, musste ich mit verbundenen Augen handeln, nur auf meinen Instinkt gestützt.
Nach der Trauung nahmen alle zum Hochzeitsmenü Platz: Amuse-Bouche, Vorspeise, Fischgericht, Zwischengericht, Fleischgang und Hochzeitstorte. Monika und Jouni hatten mit mir und Julia eine Speisenfolge zusammengestellt, die finnische und russische Spezialitäten vereinte. Die Getränke stammten vorwiegend aus Russland: Wodka, ein Sekt, der immer noch denselben Namen trug wie zur Sowjetzeit, Tee für diejenigen, die Alkohol verschmähten, außerdem toskanischer Chianti für Blasierte, die über die leichte Süße des Sekts die Nase rümpften. Syrjänen hatte Anweisung gegeben, die Gläser in kurzen Abständen aufzufüllen. Ich behielt vor allem seine Bekannten Jukka und Anne Vatanen im Auge, immer darauf gefasst, dass die Dame wieder Krach schlagen würde. Anne wusste natürlich nicht, welchen Kreisen der Brautvater angehörte, und ich hatte das Gefühl, eher das Ehepaar Vatanen vor Gezolian schützen zu müssen als Julia vor neuerlichen Schmähungen.
Nach der Vorspeise stand Paskewitsch auf, er wollte offenbar zum Rauchen vor die Tür gehen und kam auf dem Weg an mir vorbei. Er blieb vor mir stehen. Obwohl ich flache Schuhe trug, in denen ich bei Bedarf rennen konnte wie ein Sprinter, überragte ich ihn um fast zehn Zentimeter.
«Hilja Ilveskero, hier sehen wir uns also wieder.» Seine Stimme klang alles andere als erfreut.
«Unsere letzte Begegnung liegt schon Jahre zurück, seitdem ist viel Wasser die Moskwa hinuntergeflossen.» Ich bemühte mich ebenfalls um einen kalten, knurrenden Ton.
«Jahre, tja. Wie viele, um genau zu sein? Hast du vielleicht eine Schwester, die im … Amüsiergeschäft arbeitet? Eine gewisse junge Dame, die mir einmal begegnet ist, hat mich nachträglich sehr an dich erinnert, auch wenn sie ganz anders gekleidet war als du jetzt.»
Ich kämpfte darum, mir nichts anmerken zu lassen. Es lag nicht unbedingt in Paskewitschs Interesse, die Ereignisse in Bromarv aufs Tapet zu bringen, schließlich war er es, der damals gedemütigt worden war. Immerhin hatte Juri, der längst erraten hatte, wer sich in Wirklichkeit hinter Suzy verbarg, es seinem Vater nicht verraten.
«Soweit ich mich erinnere, sind wir uns zuletzt in Anita Nuutinens Haus in Lehtisaari begegnet. Sie sind dort aufgekreuzt, um Anita zu beschimpfen, und ich habe Sie rausgeworfen. Das war einen Monat vor Anitas Tod.»
«Soso. Sind wir uns nicht auch in diesem Frühjahr in Saunalahti begegnet, bei meinem Freund
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