Das Nest des Teufels (German Edition)
nicht nur den Herrn, sondern auch seinen Knecht. Wenn die vorige Frau Syrjänen oder die Fotografin noch mal auftaucht, sag ihnen, sie sollen sich an die Polizei wenden.» Ich ließ den kopfschüttelnden Pete stehen und ging hinein, um mir den Hochzeitswalzer anzusehen. Syrjänen war ein guter Tänzer, und Julia hatte keine Mühe, in seinen Armen strahlend zu wirken. Juri trat neben mich und legte mir den Arm um die Taille. «Wollen wir tanzen, wenn der Tanzboden gleich für alle frei ist?»
Ich schob seinen Arm weg. «Ich bin nicht zum Tanzen hier, sondern zum Arbeiten. Es gibt doch genug willige Partnerinnen. All die schönen Freundinnen der Braut und natürlich Frau Beck.»
Juri stöhnte auf. Nun betrat Gezolian die Tanzfläche und übernahm seine Tochter, während Syrjänen die Großmutter der Braut aufforderte, die flink aufstand. Die beiden hatten keine gemeinsame Sprache, tanzten aber fließend miteinander. Gezolians Mutter war klein und rundlich, ihre großen goldenen Ohrreifen funkelten und schaukelten im Takt der Musik. Sie strahlte eine ähnliche Autorität aus wie ihr Sohn. Wusste sie über seine Tätigkeit Bescheid, oder hatte sie in der Zeit der Zwangsumsiedlungen gelernt, dass es besser war, Mund, Augen und Ohren geschlossen zu halten?
Ich erinnerte mich plötzlich, dass ich eine SMS bekommen hatte, und las sie rasch. Sie kam von Jaan. «Bring Gezolian morgen nach Kopparnäs, sein Versteck überprüfen. Wir sind bereit, sag uns den Zeitpunkt. G.»
Sonst nichts. Wie in aller Welt sollte ich Gezolian nach Kopparnäs locken? Das Ehepaar Syrjänen – Julia hatte sich entschlossen, den Namen ihres Mannes anzunehmen – würde in einer Suite im Hotel Kämp übernachten. Die Hochzeitsreise sollte erst im August stattfinden. Gezolian, seine Mutter und Lescha waren in der Wohnung am Bulevardi einquartiert, wir wohnten also unter einem Dach.
Lescha wollte ich auf keinen Fall dabeihaben, denn er war ein Profi. Im Übrigen hatte ich nichts gegen ihn, er tat seine Arbeit, genau wie ich. Aber wie konnte ich ihn ausspielen?
Make Hannula hatte die schönen Freundinnen der Braut entdeckt und führte eine nach der anderen zum Tanz. Ich hörte, wie er vor der größten jungen Frau, deren Haare zudem den schönsten Glanz hatten, damit prahlte, er sei vielleicht bald Minister und auch sonst ein einflussreicher Mann. Das wäre ein Glücksfall für Syrjänen: Wenn Hannula in der Regierung säße, würde die Entscheidung über Kopparnäs sicher zu Syrjänens Gunsten ausfallen.
Ulla Beck hatte Trankow auf die Tanzfläche geholt und umklammerte besitzergreifend seinen Po. Herr Beck saß an der Bar. Es wurde großzügig ausgeschenkt, auf der Hochzeit von Gezolians Tochter durfte an nichts gespart werden. Julia tanzte mit Jukka Vatanen, während seine Frau telefonierte. Gezolian lehnte neben der Küchentür an der Wand, ich ging zu ihm.
«Wollen wir tanzen? Ich habe gute Nachrichten.»
Gezolian deutete eine Verbeugung an, wie es sich für einen Gentleman gehört. Der Stoff seines Anzugs war glatt, meine Hände fanden kaum Halt. Gezolian führte mich an der Wand entlang, seine Hand lag bleischwer auf meiner Hüfte. Das Orchester spielte einen langsamen finnischen Tango, dessen Takt Gezolian mit messerscharfen Bewegungen folgte.
«Stahl ist in Kopparnäs. Er sucht etwas und möchte, dass ich ihm morgen dabei helfe.»
«Er sucht etwas?» Gezolian drückte meine Hand fester. «Hat er gesagt, was?»
«Nein. Aber er ist dort. Wie willst du vorgehen?»
«Lass uns darüber am Bulevardi reden, wenn alle anderen schlafen. Mach für den frühen Nachmittag ein Treffen mit ihm aus. Über Nacht arbeiten wir an unserem Plan. Diese Nachricht krönt das heutige Fest, und dich erwartet die halbe Million. Nur ein paar Mausklicks, und sie gehört dir.» Gezolian lächelte und drehte mich im Kreis, wie um zu testen, ob ich ihm folgte. Das tat ich natürlich.
Ich hatte also eine kleine Gnadenfrist bekommen. Als das Stück zu Ende war, schlüpfte ich auf die Personaltoilette, um Jaan zu simsen, dass Gezolian gegen ein Uhr in Kopparnäs sein würde. Bei meiner Rückkehr wurde ich von Trankow erwartet, der mir ohne zu fragen die Hand um die Taille legte und mich auf die Tanzfläche führte. Inzwischen war eine russische Sängerin hinzugekommen, das Lied, das sie sang, war mir unbekannt, aber Juri summte es mit.
«Ironie des Schicksals, Teil zwei», sagte er.
«Was?»
«Der Song stammt aus einem Film dieses Namens. Passt zur Stimmung,
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