Das Nest des Teufels (German Edition)
auf ein Schiff nach Schweden oder zum Bungee-Springen gebracht wurde. Ich hockte mich in eine Zimmerecke, während Lescha und Paskewitsch sich daranmachten, David aus dem Zimmer zu schleifen. Seine Hose rutschte, und Lescha knöpfte sie mit professionellem Gleichmut zu.
«Danke, Hilja», sagte Gezolian und hob sein iPhone. «Du bist gerade eine halbe Million reicher geworden.» Dann ging auch er.
Ich saß minutenlang auf dem Fußboden. Das Zimmer roch nach David. Ich öffnete den Schrank und fand die vertraute schwarze Lederjacke, legte das Gesicht daran. David war auch früher schon mit brenzligen Situationen fertiggeworden, und jetzt hatte er Jaans Unterstützung … Durfte ich es schon wagen, zu Jaan zu gehen?
Ich schrak auf, als eine Gestalt in weißer Kutte das Zimmer betrat. Die Schirmmütze und die Sonnenbrille waren verschwunden, aus Jaan Rand war wieder Bruder Gianni geworden. Er legte einen Finger auf die Lippen und bedeutete mir, ihm ins Nachbarzimmer zu folgen. Nachdem er die Tür geschlossen hatte, zog er ein Handy unter der Kutte hervor. Auf dem Display flackerte die Karte von Kopparnäs.
«Beide Schmuckstücke sind Sender. Sie werden natürlich früher oder später entdeckt, Gezolian ist ja kein Anfänger. Ein dritter Sender sitzt in Davids Leistengegend. Wir lassen ihnen ein bisschen Vorsprung, bevor wir hinterherfahren. Alle Gespräche werden aufgezeichnet, und in dem Halsschmuck steckt außerdem eine kleine Videokamera. Vielleicht bekommen wir einen Teil der Ereignisse auch aufs Bild.»
«Sind alle in demselben Wagen abgefahren?»
«Gezolian ist zu David hinten in den Lieferwagen gestiegen, Paskewitsch hat deinen Audi genommen. Aha, jetzt funktioniert die Übertragung allmählich.»
Zuerst war nur ein Rauschen zu hören, dann Gezolians eisige Stimme:
«Wohin hast du es gebracht?»
«Es ist ganz in der Nähe. Wie viel zahlst du mir, wenn ich dir das Versteck verrate?» Das Klebeband war offenbar entfernt worden, denn David sprach klar und deutlich.
Der dumpfe Schlag klang ganz nahe, ihm folgte ein zweiter. «Gar nichts zahle ich! Hier in der Nähe also? Wer garantiert mir, dass du die Wahrheit sagst?»
«Niemand.» David schien Blut zu schlucken. Auf dem Display des Handys war die Råbergintie zu sehen, der Lieferwagen war noch nicht weit. Wohin fuhr er? Der Sandstrand am Ende der Straße würde an diesem sonnigen Tag bevölkert sein.
«Wie hast du es gefunden?»
«Das verrate ich nicht. Wenn ich so oder so ein toter Mann bin, nehme ich mein Geheimnis mit ins Grab, oder wo immer ihr mich ablegt.»
«Los», sagte Jaan im selben Moment, als habe David ihm den Befehl zum Aufbruch gegeben. «Hast du eine Waffe?»
«Die konnte ich nicht mitnehmen, Gezolian hat mich abgesucht.»
«Hier.» Unter der Mönchskutte kam eine Glock hervor. «Ich leite diese Operation. Du tust, was ich dir befehle. Ist das klar?» Die mönchische Sanftheit war verschwunden, vor mir stand ein Polizist, für den verdeckte Operationen Routine waren. Ich hatte bei der Armee gedient und wusste, dass man in gefährlichen Situationen eine klare Befehlsstruktur brauchte, um unnötige Opfer zu vermeiden. Also nickte ich, sosehr es mir auch gegen den Strich ging.
Wir verließen das Haus und liefen zum Parkplatz. Jaans Kutte erregte Aufmerksamkeit, in Kopparnäs sah man nicht jeden Tag Mönche.
«Sie erinnern sich später an die Kutte, nicht an den Mann», sagte er und hielt mir die Tür eines weißen Kombiwagens auf. An der einen Seite war ein Aufkleber mit den Worten «Kirchliche Nachrichten» befestigt. An der anderen Seite prangte das Bild eines Engels.
«Die Leute werden sich an den Wagen und an meine Kleidung erinnern, aber nicht an uns», fuhr Jaan fort. «Hier, nimm du das Ding.» Er reichte mir das Ortungsgerät. Ich sah, dass das Objekt von der Leiritie abgebogen war und sich nun sehr langsam bewegte. Wieder war Gezolians Stimme zu hören.
«Du bist schon seit Jahren tot, du hast nur noch auf gestundete Zeit gelebt. Glaubst du, deine Tricks würden dir auch nur eine Minute mehr verschaffen? Deine Schlampe hat dich für eine halbe Million verkauft. Du kannst stolz sein, dass ich so viel für dich ausgegeben habe.» Wieder hörte ich einen Schlag und fragte mich, ob Gezolian nicht Verdacht schöpfte, wenn David nicht einmal versuchte, sich mit Tritten zu verteidigen.
Aus Davids Gebrüll hörte ich nur das Wort Nutte heraus. Wir fuhren durch flache Felder, dem Display zufolge waren wir schon sehr nahe, aber an
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