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Das Nest

Titel: Das Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Brauen, die sich finster über tiefliegenden Augen zusammenzogen, wandten sich Lindsay zu. »Sie sind aber verdammt flott«, bemerkte er widerwillig. »Kommissar Rigano, von der Fordhamer Polizei.«
    »Lindsay Gordon, vom Daily Clarion. Wir haben uns bei der Demonstration nach Deborah Pattersons Verhaftung getroffen. Ich war zufällig im Camp«, erklärte sie. »Wir arbeiten an einer Gegenüberstellung der beiden Friedenscamps Brownlow und Faslane für eine Reportage«, log sie fließend. »Ich sah die Lichter und hab’ mich gefragt, ob es da etwas zu holen gibt für mich.«
    Seine Stimme klang schneidend: »Es handelt sich hier um einem Mord. Am besten machen Sie sich ein paar Notizen. Es wäre doch schade um so einen Knüller.« Gehorsam zückte Lindsay Notizblock und Bleistift.
    »Bei dem Toten handelt es sich um Rupert Crabtree.« Der bekannt klingende Name versetzte Lindsay einen Schreck. Plötzlich war es aus mit dem unpersönlichen Bericht über einen Mord. Sie fühlte sich betroffen. Rigano, dem ihre Überraschung nicht entgangen war, wartete einen Moment, bevor er weitersprach. »Alter neunundvierzig. Rechtsanwalt aus dem Ort. Wohnte im Cottageviertel von Brownlow. Das sind diese Villen im georgianischen Stil, etwa einen Kilometer vom Haupttor des Camps entfernt. Mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen, das heißt, mit dem Teil eines Abflußrohrs, das beim Aufprall in Stücke ging. Für Sie wahrscheinlich von größerer Bedeutung ist seine Funktion als Vorsitzender einer lokalen Vereinigung, die gegen den verwahrlosten Haufen da unten angeht. Es scheint einen Kampf gegeben zu haben, bevor er umgebracht wurde. Wollen Sie noch etwas wissen?«
    Lindsay hoffte, daß ihre Beziehungen zu dem »verwahrlosten Haufen da unten« nicht allzu offensichtlich waren, und man ihr die Rolle der ehrgeizigen, an nichts anderem als ihrem heißen Exklusivbericht interessierten, Reporterin abnahm. »Ja. Was deutet Ihrer Meinung nach auf einen Kampf hin?«
    »Der Boden ist ziemlich aufgewühlt. Und Crabtree hatte einen Revolver gezogen, war aber nicht mehr dazu gekommen, ihn abzufeuern.«
    »Das läßt doch darauf schließen, daß er sein Leben in Gefahr sah, nicht?«
    »Kein Kommentar. Ich möchte auch nicht, daß Sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Waffe erwähnen. Noch irgendwelche Fragen?«
    Sie nickte heftig. »Wer hat die Leiche gefunden?«
    »Ein Einheimischer, der mit seinem Hund spazierenging. Ich werde seinen Namen nicht preisgeben, und er steht auch in absehbarer Zeit für kein Interview zur Verfügung.«
    »Irgendwelche Verdächtige? Ist mit einer Verhaftung innerhalb der nächsten Stunden zu rechnen? Und was hatte er zu dieser Tageszeit am Gelände hier zu suchen?«
    Rigano sah sie scharf an. »Keine unmittelbar bevorstehende Verhaftung. Wir verfolgen mehrere Spuren. Und er ging mit dem blöden Hund spazieren. Was er oft um diese Zeit tat. War im ganzen Ort bekannt.«
    »Irgendeine Ahnung bezüglich der Todeszeit?« wollte Lindsay wissen.
    Rigano zuckte ausdrucksvoll die Schultern. »Das ist Sache der Mediziner, die werden uns den Zeitpunkt schon noch nennen. Aber ohne dafür die Hand ins Feuer zu legen, nehme ich doch an, daß es zwischen zehn und elf passiert sein muß. Hoffentlich haben Sie ein Alibi«, fügte er mit einem Lächeln in den Mundwinkeln hinzu. »Na, kommen Sie schnell.« Er ging voran in der Gewißheit, daß sie folgen würde. Beim Eingang der Stoffwand hatte sie ihn eingeholt.
    »Nein, danke. Lieber nicht, wenn es Ihnen nichts ausmacht«, erklärte sie rasch.
    Seine Augenbrauen schossen in die Höhe. »Den Dreck verkaufen, das ja. Aber von der wirklich unangenehmen Seite der Sache wollen wir lieber nichts wissen, wie?«
    Lindsay ließ sich vom Sarkasmus in seiner Stimme aufrütteln. »Na gut«, erwiderte sie grimmig. Er führte sie durch einen Spalt in der Stoffwand.
    Sie hätte Rupert Crabtree nicht erkannt. Er lag mit dem Gesicht nach unten, sein eleganter Kamelhaarmantel und die Nadelstreifenhose waren vom feuchten Märzboden durchnäßt. An den Schuhen und an den schwarzen Lederhandschuhen waren Spuren von orangefarbenem Schlamm zu erkennen. Sein Hinterkopf war zertrümmert. In den Haaren klebte Blut, und ebenso auf den Resten eines etwa einen halben Meter langen Wasserrohrs aus Ton. Offensichtlich war es durch die gewaltsame Art, auf die es Bekanntschaft mit dem Schädel gemacht hatte, zerbrochen. Etwas entfernt lag eine Pistole im Schlamm. Lindsay wurde schlecht. Rigano nahm sie beim Arm und

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