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Das Nest

Titel: Das Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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als Männer. Eine Schande, wirklich. Ich glaube, das ist einer der Gründe, warum sie von zu Hause weggezogen ist.«
    »Sie meinen, ihre Eltern waren dagegen?«
    »Um Gottes willen, nein! Sie wußten nichts davon. Rupert Crabtree hätte nie Geld für ihr Restaurant locker gemacht, wenn er auch nur im Traum auf den Gedanken gekommen wäre, daß seine Tochter lesbisch ist. Er hätte sie umgebracht!«

NEUN
    »Nein, Duncan. Ich kann noch nichts über den Steuerzahler-Verein schreiben. Ich hab’ lediglich die Erzählung von diesem Typen, und die Hälfte davon stammt aus zweiter Hand«, erläuterte Lindsay entnervt. »Aber bis morgen mittag müßte ich mehr wissen.«
    »Dann muß eben das genügen, was wir haben«, bellte er. »Aber sieh zu, daß du’s noch heute rauskriegst, in Ordnung? Und halt dich an die Bullen. Ich will der erste sein, der etwas von einer Verhaftung erfährt. Vergiß auch das Interview mit der verdächtigen Frau nicht, hörst du? Immer eine Nasenlänge vorausbleiben, Lindsay.«
    Er legte auf. Lindsay war dankbar. Das Interview mit Stanhope hatte mehr Verwertbares gebracht als angenommen. Der restliche Vormittag verflog mit Telefonaten, in denen sie versuchte, mit Mallard und Warminster Treffen zu vereinbaren. Aber keiner der beiden hatte noch am selben Tag für sie Zeit. Das bedeutete einen leeren Fleck im Layout des Nachrichtenredakteurs, einen Fleck, der gefüllt werden mußte – und zwar von ihr, die sie über nichts anderes verfügte als über das eine heikle Interview. Die Tatsache, daß sie nicht zum ersten Mal in ihrem Leben dringend eine Story aus dem Hut zaubern mußte, um eine Situation zu retten, hatte nichts mit ihrer Abneigung gegen derartige Manöver zu tun. Noch war sie nicht soweit, vor sich selbst zuzugeben, daß diese Sache immer mehr auf etwas hinauslief, was sie weder mit ihrem Gewissen noch mit ihren Prinzipien vereinbaren konnte. Nachdem sie die Schäbigkeit der Welt, in der sie mit Vorliebe arbeitete, nun einmal diagnostiziert hatte, konnte sie unmöglich weiter das Geld einstecken und sich einfach aus dem Staub machen.
    Um halb zwei traf sie im Frog and Basset ein, einem richtigen Bierlokal, etwa drei Kilometer außerhalb der Stadt in entgegengesetzter Richtung von Brownlow. Sie kämpfte sich durch das Gedränge der Mittagsgäste zum winzigen Clubraum vor, an dem ein Schild mit der handgeschriebenen Aufschrift »Geschlossene Gesellschaft« prangte. Der einzige Gast in dem Raum war Rigano, der mit einem Bier an einer zum Tisch umgestalteten Nähmaschine Platz genommen hatte. Er sah zu ihr auf. »Schön, daß Sie’s geschafft haben«, sagte er. »Ich muß um zwei wieder im Kommissariat sein. Die Glocke befindet sich an der Bar, falls Sie etwas bestellen wollen. Ich hätte gern noch ein Basset Bitter, sehr zu empfehlen.«
    Lindsays Augenbrauen wanderten in die Höhe, aber auf seinen Vorschlag ging sie trotzdem ein. Der Kellner, der auf ihr Läuten hin aufgetaucht war, verschwand und kehrte einige Augenblicke später mit zwei Riesentulpen kristallklaren Biers zurück. Lindsay zahlte und trug die Gläser schweigend von der Bar zum Tisch herüber. Rigano griff nach dem seinen und nahm einen tiefen Schluck. »War Carlton Stanhope eine Hilfe?«
    Lindsay zuckte die Achseln. »Interessant war er. Anscheinend hat’s da einige gröbere Unstimmigkeiten zwischen Crabtree und dem Kassenwart, einem gewissen Mallard, gegeben.«
    Rigano schüttelte den Kopf. »Darüber würde ich mich an Ihrer Stelle nicht zu sehr aufregen. Nur in schlechten Krimis werden die Leute umgelegt, um finanziellen Ruin und Skandale zu verhindern.«
    Leicht verstimmt erwiderte Lindsay: »Da wäre ich mir nicht so sicher. Lesen Sie denn keine Zeitungen? Die berichten doch ständig über Fälle, in denen Leute wegen Lappalien ermordet werden. Es kommt nur darauf an, wann beim potentiellen Mörder die Sicherung durchbrennt.«
    »Und hat Carlton Stanhope noch irgendwelche Namen von Leuten genannt, die möglicherweise etwas zu verlieren hatten?«
    Lindsay zuckte mit den Schultern. »Er erwähnte einen gewissen Warminster.«
    »Ein Wirrkopf. Nicht wirklich gefährlich. Redet viel und nichts dahinter.«
    »Vielen Dank. Und was haben Sie für mich? Ich brauchte dringend einen Knochen, den ich meinem Boß zuwerfen kann.«
    Rigano setzte seinen Bierkrug an und nahm einen großen Schluck. »Viel kann ich im Moment nicht sagen. Verhaftungen sind keine zu erwarten, aber wir verfolgen verschiedene Spuren.«
    »Na na, das kann

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