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Das Nest

Titel: Das Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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gewinnbringend genug umgehen. Sie wissen schon, wir sollten es statt auf das normale auf ein gesperrtes Konto mit hohen Zinsen legen. Aber Mallard wollte nicht zustimmen. Und da Rupert manchmal ziemlich stur sein konnte, überging er kurzerhand Williams Einwände, und machte sich mit dem letzten Finanzbericht unterm Arm auf den Weg zum Bankdirektor. Dort kam es zum Knalleffekt. Statt der siebentausend, die laut Bericht auf dem Konto hätten sein sollen, waren es nur knapp fünfhundert. Da sind Ruperts Sicherungen durchgebrannt. Er rannte zu Mallard und konfrontierte ihn mit den Tatsachen. Offenbar gab’s ein Hin und Her, der eine beschuldigte den anderen. Mallard meinte, er hätte nur getan, was er mit soviel Geld in seiner Verantwortung immer mache: Es in Sperrkontos mit hohen Zinssätzen zu stecken. Was nichts an der Tatsache änderte, daß er das Geld im Augenblick nicht vorweisen konnte. Rupert warf ihm vor, mit Vereinsgeldern zu spekulieren und sich an den Gewinnen selbst zu bereichern – und Mallards Hang zur Börse ist ja kein Geheimnis. Auf jeden Fall hatte Rupert Lunte gerochen. Als nächstes kam Mallard am darauffolgenden Tag zu ihm und legte Beweise vor, nach denen die fehlenden Sechstausendfünfhundert vorhanden und sauber waren. Aber das hat Rupert auch nicht mehr beruhigt, nachdem er einmal Blut geleckt hatte. Die ganze Nacht war ihm das Thema nicht aus dem Kopf gegangen und da hatte er genug Zeit gehabt, sich damit zu beschäftigen. Ihm war bewußt geworden, daß Mallard für die Überweisungen irgendwann damit begonnen haben mußte, seine Unterschrift zu fälschen: Für einen Scheck brauchte er nämlich ihre beiden Unterschriften. Er ließ Mallard wissen, er würde die leidige Geschichte beim nächsten Treffen aufgreifen und der Verein solle entscheiden, wer im Unrecht sei. Mallard kochte ganz offensichtlich vor Wut und drohte Rupert mit allem möglichen, von der Verleumdungsklage bis zum…«, er brach ab, dann stammelte er weiter, »… das überlasse ich Ihnen.«
    »Mord vielleicht? Ihr seid doch ein gemütlicher Haufen, nicht wahr?« stellte Lindsay fest. »Das Wunderbare daran ist, daß es so lange gedauert hat, bis es einen von euch erwischt hat.«
    Diese Aussage verwirrte ihn. »Das ist nicht fair«, protestierte er.
    »Das Leben ist nicht fair«, gab sie zurück und stand auf. »Jedenfalls zu den meisten Leuten nicht. Übrigens, wer hat jetzt die Unterlagen? Ich möchte sie gerne sehen.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich Mallard.«
    »Würden Sie ihn anrufen und ihm sagen, daß Jack Rigano seine Mitarbeit wünscht?« fragte Lindsay.
    »Hören Sie, ich hab’ schon einmal gesagt, ich möchte nicht mit Ihnen in dieser Geschichte genannt werden«, wandte er ein.
    »Na, dann erzählen Sie ihm, daß Rigano ihn darum bittet. Denn sonst hätten Sie sich unser Gespräch gleich sparen können.«
    Widerstrebend nickte er. »Na gut.«
    Lindsay stand schon in der Tür, als er sagte: »Jack meint, Sie werden mit einer Menge Leute aus Ruperts näherer Umgebung Gespräche führen?«
    »Stimmt. Ich möchte mir gern ein vollständiges Bild machen.«
    »Treffen Sie auch die Tochter, Ros?«
    Lindsay nickte. »Ich werde versuchen, sie diese Woche irgendwann einmal abends zu erreichen«, bestätigte sie.
    »Würden Sie sie von mir grüßen? Bitte richten Sie ihr aus, ich hoffe, ihr Geschäft geht gut. Und wenn sie wieder einmal zu Hause ist, soll sie mich anrufen – dann trinken wir miteinander auf die guten alten Zeiten.«
    »Sicher. Mir war nicht klar, daß Sie Ros Crabtree kennen.«
    »Hier kennt jeder jeden, wissen Sie. Fragen Sie Judith Rowe. Als Teenager verband Ros und mich eine besondere Art von Freundschaft – wir trafen uns immer in den Schulferien. Sie kennen das sicher: Pferde, Tennisclub, und so weiter…«
    Lindsay grinste, während sie an die Sommer ihrer eigenen Kindheit dachte. Sie hatte mit ihrem Vater auf seinem neun Meter langen Boot, mit dem er den Lebensunterhalt der Familie verdiente, nach Krebsen gefischt. »Ich kenn’s zwar nicht aus Erfahrung, aber ja, ich weiß, was Sie meinen. Sie war also ihre Freundin?«
    Er wurde tatsächlich rot. »Nicht so, wie Sie meinen. Vor ein paar Jahren haben wir uns eine Zeitlang recht oft gesehen, aber es war nie was Ernstes. Und dann… na ja, Ros hat beschlossen, daß ihre Interessen woanders liegen, verstehen Sie?«
    »Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher.«
    »Also, es wurde immer klarer, daß sie anscheinend Frauen lieber hatte

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