Das Netz Der Grossen Fische
Jahr und die von den letzten drei Jahren.«
»Hat der Mörder die mitgehen lassen?«
»Nein. Amalia bewahrte sie zwischen ihrer Wäsche auf. Commissario Bonanno hat sie gefunden und beschlagnahmt.«
»Und von wo wurden sie dann entwendet?«
»Aus Di Blasis Büro.«
»Waren die denn wichtig?«
»Direttore, was für ’ne dämliche Frage! Wenn man sie doch hat verschwinden lassen!«
»Was sollte denn da so Wichtiges drinstehen?«
»Vieles. Zum Beispiel Namen, die in diesem Notizbuch nicht hätten auftauchen dürfen, aber trotzdem drinstanden. Zum Beispiel Verabredungen mit Leuten, von denen man das nicht gedacht hätte. Solche Dinge eben.«
Während er redete, verschluckte er sich an einer marinierten Sardine. Und weil Michele voraussah, dass Lamantia husten würde, rückte er zur Seite. Lamantia trank ein halbes Glas Wein hinterher und aß dann weiter.
»Aber wieso sollte eine Studentin in ihrem Notizbuch denn …«
»Darum geht es doch gar nicht«, sagte Lamantia und schmetterte damit Carusos Einwurf rundheraus ab.
»Worum geht es denn dann?«
»Die Frage, die ich mir in erster Linie gestellt habe, ist: Warum hat Amalia so hartnäckig darauf bestanden, allein eine Wohnung zu beziehen, obwohl sie deshalb richtig Streit mit Manlio bekam?«
»Ja, warum?«
»Das will ich ja gerade erklären. Nachdem ich mir diese Frage gestellt hatte, habe ich mit den Eigentümern der Wohnung gesprochen, in der sie gelebt hatte, bevor sie indie gezogen ist, in der sie ermordet wurde. Die Kleine hatte bei der alten Wohnung wirklich eine erstklassige Wahl getroffen.«
»Wie meinst du das?«
»Eine kleine einstöckige Villa mit ’n bisschen Grün drumrum. Die Eigentümer bewohnen das Erdgeschoss, sie sind alt und wollen keine Treppen mehr steigen. Daher vermieten sie die erste Etage. Esszimmer, Schlafzimmer, kleines Arbeitszimmer, Wohnzimmer, zwei Bäder, Küche. Ich weise dich darauf hin, dass sich die Wohnung, in der sie ermordet wurde, ebenfalls in einer eher abseits gelegenen Villa mit vier Etagen befindet.«
»Kurz gesagt, sie bevorzugte ruhige, wenig befahrene Straßen.«
»Sagen wir: diskrete. Allerdings parkten in dieser Straße, wo ihre neue Wohnung lag, viele Autos. Soll ich dir was verraten, Direttore? Signora und Signor Lo Curto, die Eigentümer, sind nie verhört worden.«
»Wie kann das denn sein? Amalia wohnte doch schon seit geraumer Zeit da.«
»Was soll ich sagen? Die Polizei und der ermittelnde Staatsanwalt haben lieber ausschließlich in eine Richtung ermittelt. Sie haben sich auf Manlio konzentriert und basta.«
»Sag mir, was die Lo Curtos dir erzählt haben.«
»Das gerade ist ja die Bombe. Es war gar nicht so einfach, sie zum Sprechen zu bringen, verstehst du?«
»Als was hast du dich bei ihnen ausgegeben?«
»Polizei.«
»Bist du wahnsinnig? Wenn das rauskommt …«
»Wer soll das schon rauskriegen?«
»Die echte Polizei zum Beispiel …«
»Ach, das sind doch zwei von Gott und der Welt vergessene alte Leutchen!«
»Na, lassen wir das. Was haben sie dir erzählt?«
»Sie sind ziemlich sicher, dass Amalia vor Manlio von jemandem besucht wurde, der oft über Nacht bei ihr geblieben ist.«
»Haben sie ihn mal gesehen?«
»Nein. Nie. Zur ersten Etage, der von Amalia, gelangt man auf der Rückseite der Villetta. Dort gibt es eine separate Außentreppe. Der Mann kam immer von da.«
»Aber wenn sie ihn nie gesehen haben, wie können sie dann sagen …«
»Das Schlafzimmer der alten Herrschaften liegt genau unter dem von Amalia. Sie konnten alles hören – Kreischen, Stöhnen, Lachen –, Irrtum ausgeschlossen. Und außerdem parkte ja das Auto, mit dem der Mann kam, vor dem rückwärtigen Törchen, was ihre Vermutung bestätigte. Es stand ausschließlich nachts da. Tagsüber haben sie das Auto nie gesehen.«
»Na ja, die alte Geschichte. Scheint mir nicht so wichtig zu sein. Wer weiß, wie viele Affären der sonst noch gehabt hat!«
»Da irrst du dich. Auch als das Mädchen sich mit Manlio verlobt hatte, besuchte der Unbekannte sie weiter.«
»Und wie haben die das angestellt?«
»Manlio Caputo fuhr regelmäßig zwei Tage die Woche in eigener Sache geschäftlich nach Rom. Allerdings waren das nicht immer die gleichen Tage, manchmal fuhr er montags los, andere Male mittwochs … Dann rief Amalia ihren Freund an, sagte ihm, die Luft sei rein, und er kam.«
»Dann hatte sie also einen festen Liebhaber.«
»Das scheint mir sicher. Der Herr hatte höchstwahrscheinlich die
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