Das Netz Der Grossen Fische
Dinge liegen, lasse ich die Nachricht nicht raus. Tut mir leid. War sonst noch was?«
Was für ein Glück, dass er über diese Angelegenheit mit dem Senator gesprochen hatte.
Acht
Gleich nach Beginn des Nachrichtenjournals schaltete er sein Handy aus. Er befürchtete, Giuditta könnte ihn anrufen. Dann bat er Cate, zu ihm zu kommen.
»Komm rein, schließ die Tür und setz dich.«
»Ich hole nur noch schnell den Schreibblock.«
»Brauchst du nicht. Du hattest mir doch gesagt, du wolltest dich ein bisschen umhören … Hast du denn gar nichts mehr über die Geschichte mit Alfio erfahren? Du weißt schon, wer ihm Hörner aufsetzt.«
Sofort fingen Cates Augen an zu leuchten, jetzt war sie in ihrem Element, beim Tratsch. Doch gleich darauf zeigte sie sich unsicher und voller Zweifel.
»Direttore, die Sache ist gar nicht so klar. Ausgangspunkt der ganzen Geschichte ist Anna.«
Anna Gomez war die Redaktionssekretärin, eine attraktive junge Frau um die dreißig, mit einem fröhlichen, kontaktfreudigen Wesen. Und weil sie keinen festen Freund hatte, gab es keinen Redakteur, der nicht schon versucht hätte, sie abzuschleppen. Aber keiner konnte sich damit brüsten, erfolgreich gewesen zu sein.
»Anscheinend«, fuhr Cate fort, »hat Alfio Anna vor ungefähr drei Wochen zum Abendessen eingeladen, und natürlich hat auch er sie angebaggert.«
»Alfio?!«
»Direttore, Sie sind der Einzige hier drinnen, der es noch nicht bei ihr probiert hat. Natürlich hat Alfio die übliche Geschichte von der Ehefrau heruntergeleiert, die ihn nicht versteht. Nicht nur, dass sie ihn nicht verstehe, hat er erzählt, sondern auch, dass er sich sicher sei, dass sie ihn betrüge. Und er nannte Anna, die ihn eigentlich gar nicht danach gefragt hatte, sogar den Namen des angeblichen Liebhabers seiner Frau.«
»Und wer ist es?«
»Der Abgeordnete Filippone.«
Er erinnerte sich, dass Giuditta bei der Aufzählung der ihr persönlich bekannten Abgeordneten Filippone nicht erwähnt hatte.
»Erzähl weiter.«
»Um ihn ein bisschen zu foppen, hat Anna ihn gefragt, wie er überhaupt auf die Idee gekommen sei, dass seine Frau ihn betrüge. Da hat Alfio geantwortet, er habe Giuditta einmal in das Haus der Filippones begleitet, denn die Frau des Abgeordneten und Giuditta seien Freundinnen, und bei dieser Gelegenheit seien ihm bestimmte Blicke und Aufmerksamkeiten seitens des Abgeordneten aufgefallen. Das war alles. Also, meiner Meinung nach hat die ganze Geschichte weder Hand noch Fuß.«
»Scheint mir auch so. Danke, Cate. In der nächsten halben Stunde bin ich für niemanden zu sprechen.«
Er musste sich erst sammeln und nachdenken.
Ciccio Filippone war ein Regionalabgeordneter um die vierzig, in derselben Partei wie der Senator, doch dessen verbissener Widersacher. Mit einem Wort, er strebte die Nachfolge an und machte kein Hehl daraus. Er war skrupellos,clever, intelligent, und es gab viele, die große Stücke auf ihn hielten.
Sollte Giuditta wirklich Filippones Geliebte geworden sein, dann möglicherweise, um Alfio Vorteile zu verschaffen. Dabei hatte sie sich bestimmt der gleichen Tricks bedient, die sie auch bei ihm angewandt hatte.
Dass sie dann allerdings Geschmack daran gefunden hatte, die Dankesschuld ihm gegenüber zu begleichen, stand auf einem anderen Blatt.
Doch Cates Geschichte hatte einen Schwachpunkt. Wieso hatte Alfio Anna gegenüber spontan den Namen Filippones genannt? Das war doch irgendwie seltsam. Oder hatte er es vielleicht absichtlich getan, damit bekannt wurde, dass er im Haus des Abgeordneten verkehrte? Damit er für die Besuche eine plausible Erklärung geben und zugleich den eigentlichen Grund verschleiern konnte, der politischer Natur war? Ein geschickter Schachzug: Wenn jemand Alfio in das Haus eines Politikers wie Filippone gehen sah, konnte man keine Schlussfolgerungen daraus ziehen. Der arme Junge, so hatte er ja selbst gesagt, war von seinem untreuen Eheweib dorthin geschleppt worden. Und Giuditta spielte bei diesem Spiel mit, denn sie besaß nicht mehr Ehrgefühl als eine Miesmuschel.
Es war durchaus möglich, dass Alfio von Filippone angeheuert worden war, weil er von dessen altem Groll gegen Caputo erfahren hatte. Ja, denn das eigentliche Hindernis für Filippones Aufstieg war, dass Caputo ihm gegenüber mauerte: Obwohl der Senator und Caputo gegnerischen Parteien angehörten, erwiesen sie sich unter der Hand wechselseitig Gefälligkeiten, etwas, das zwischen Caputo und Filippone eben nie vorgekommen
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