Das Netz Der Grossen Fische
machen?«
»Wir können uns in dem Restaurant treffen, wo wir dasletzte Mal gewesen sind, gegen halb eins, dann essen wir da eine Kleinigkeit, fahren anschließend nach Hause und bleiben bis um fünf zusammen. Was hältst du davon?«
»Ich hätte einen anderen Vorschlag.«
»Lass hören.«
»Wir sehen uns um elf zu Hause, um eins gehen wir essen, kommen zurück und bleiben dann bis sechs zusammen.«
»Warte eine Sekunde, ich schaue mal eben nach, was morgen Vormittag bei mir ansteht.«
Warum nur hatte er Giudittas Vorschlag nicht gleich abgelehnt? Um doch noch ein bisschen länger mit ihr zusammen zu sein? Er musste zugeben, dass es, alles in allem, doch nicht so einfach für ihn war. Doch dann fiel ihm wieder ein, dass Scandaliato gesagt hatte, der Haftrichter würde am späten Vormittag seine Entscheidung bekannt geben.
»Hör zu, es geht auf keinen Fall.«
»Aber warum denn nicht?«
»Weil die Sitzung morgen Vormittag wichtig ist. Und wenn Alfio nicht da ist, muss ich da sein. Machen wir’s so, wie ich gesagt habe. Um halb eins in besagtem Restaurant.«
Nach dem Nachrichtenjournal kam Alfio vorbei, um ihm mitzuteilen, was er bereits wusste.
»Ist das mit deiner Mutter eine größere Sache, diese Operation?«
»Sagen wir mal, es ist keine Kleinigkeit.«
»Dann also meine besten Wünsche.«
»Danke. Ich gebe euch auf jeden Fall Bescheid, ob ich rechtzeitig zum Abendjournal wieder zurück sein kann. Ich fahre jetzt gleich los, dann kann ich noch ein paar Stunden bei meiner Mutter zu Hause schlafen.«
»Hast du nicht gesagt, dass sie morgen Vormittag operiert wird?«
»Doch, aber man hat mich telefonisch verständigt, dass die Operation auf sieben Uhr morgen früh vorverlegt wurde.«
Giuditta hatte ganz sicher von diesem Anruf gewusst, als sie ihn anrief. Aber wenn sie wusste, dass ihr Mann gleich losfahren würde, warum hatte sie ihm dann nicht vorgeschlagen, die Nacht gemeinsam zu verbringen?
Früher hätte sie sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Aber vielleicht hatte sie diese Nacht ja auch schon mit Filippone verplant? Das war kein so abwegiger Gedanke. Er beschloss, sie auf die Probe zu stellen.
Er stand auf, machte die Tür zu, zog das Handy heraus und rief Giuditta an. Sie antwortete unverzüglich.
»Michele, was ist los?«
»Wusstest du, dass Alfio schon heute Abend losfährt?«
»Er hat es mir vorhin gesagt, nach dem Nachrichtenjournal.«
»Hör mal, wenn du willst, können wir …«
Sie zögerte einen Augenblick.
»Es ist nur so, dass …«
Na, komm schon, Giuditta, denk dir eine schöne Ausrede aus.
»Du kannst nicht?«
»Nein, ich kann nicht, leider.«
Und dann in einem Atemzug:
»Ich gehe zum Abendessen zu Agnese, da findet ein Klassentreffen statt, das schon seit einer Weile geplant ist und bestimmt lange dauern wird. Ich werde wahrscheinlich bei ihr übernachten. Tut mir leid. Wir sehen uns morgen um halb eins im Restaurant. Buonanotte, amore.«
»Viel Spaß!«
Er musste wohl einigermaßen ironisch geklungen haben, denn sie beeilte sich noch zu sagen:
»Na ja, mal sehen! Da wird bestimmt nur wieder den ganzen Abend um die Wette getratscht und gelästert!«
Ja, jetzt war offenbar Filippone an der Reihe, und sie hatte auch noch die Stirn, ihm zu sagen, sie würde bei Agnese übernachten! Solche Märchen konnte sie Alfio erzählen!
»Direttore, da ist Signora Pignato am Telefon.«
Das Herz rutschte ihm in die Hose, und er hatte Angst, dass ihn gleich der Schlag treffen würde. Ganz sicher ging es um etwas, das mit Giulia zu tun hatte. Er brachte gar keine Antwort heraus, so fest hatte er die Zähne zusammengebissen.
»Direttore? Ich stelle durch.«
»In Ordnung.«
Er nutzte diese paar Sekunden, um sich wieder einigermaßen zu fassen.
»Salve, Mariè.«
»Salve, Michè. Ich reiche dich mal weiter.«
Würde er überhaupt sprechen können, wo sein Mund doch ganz plötzlich wie ausgetrocknet war?
»Ciao.«
»Ciao.«
Dann Stille. Er hörte ihren schweren Atem, so wie sie seinen hörte. Keiner von beiden verspürte den Wunsch, etwas zu sagen, denn es gab nichts zu sagen. So verharrten sie gut eine Minute und lauschten jeweils dem Atem des anderen. Dann sagte Giulia:
»Ciao.«
Und legte auf.
Während er am nächsten Morgen unter der Dusche stand, klingelte das Telefon.
Fluchend und eine nasse Spur hinter sich herziehend ging er zum Telefon und nahm ab. Sofort erkannte er die Stimme von Totò Basurto. Wieso rief er ihn an, statt ihm unverhofft in seinem
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