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Das Netz der Schattenspiele

Titel: Das Netz der Schattenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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als sie Elektra ins Vertrauen zog. »Kannst du den Text entziffern?«
    Elektra antwortete nicht sofort, doch ihr Gesicht spiegelte Zweifel wider. »Jedenfalls nicht so aus dem Stegreif. Ich brauche dafür mindestens zwei, eher drei Tage. Diese Zeit ist einfach notwendig, um so ein verzwicktes Kryptogramm zu knacken.«
    Stella warf verzweifelt die Arme in die Luft. »Zeit ist das, was ich am wenigsten habe. Der Wurm gewinnt mit jedem Tag an Macht. Du selbst hast mir das eben bestätigt. Das Manuskript mit dem Schattenwort war meine einzige Hoffnung…«
    Elektra landete vor Stellas Füßen. »Bitte beruhige dich wieder, Schnuppe. Ich habe ja nicht gesagt, dass ich den Text nicht entschlüsseln kann. Es wird nur etwas dauern. Können wir uns in zwei Tagen um dieselbe Zeit wieder hier treffen?«
    »Ich denke…« Stella schüttelte den Kopf, weil sich mit einem Mal alles um sie herum drehte. Die dunklen Wände des Raumes schienen seltsamerweise zu verblassen. »Ich denke schon. Ich komme, wann immer du willst – Hauptsache, bald.«
    Elektra lächelte verhalten. »Gut, dass ich dir den Namen von Blaxxun gegeben habe und du gekommen bist. Allerdings hast du Glück, mich um diese Zeit hier zu treffen. Ein paar Freunde hatten mich um ein Treffen gebeten. Zwei von ihnen sind schon draußen. Der alte Einstein und die Vogelscheuche Haeresia – vielleicht hast du sie ja gesehen.«
    Stella nickte abwesend. Warum sagte Elektra immer, sie hätte dieses Treffen in Blaxxun eingefädelt? Wieder musste Stella die Augen zusammenkneifen, weil sie bemerkte, wie ihre Hände durchsichtig wurden.
    »Elektra?«
    »Was ist?«
    »Hast du schon einmal etwas von einem Dunklen Lauscher gehört?«
    Die geflügelte Elfengestalt schwirrte wie ein wild gewordener Moskito durch den Raum und lachte höchst befremdlich. »Der Dunkle Lauscher? The Dark Listener?«, quietschte sie wie angestochen. »Ob ich den kenne? Natürlich kenne ich die alte Schwarzbacke. Er ist der dritte Freund, auf den ich noch warte.«
    »Du…?« Stella fehlten die Worte. Sie war entsetzt.
    »Sag bloß, du kennst ihn auch?«
    »Ich bin ihm einmal begegnet.«
    »Ist schon ein richtiger Weltenbummler, unser Lauscher.«
    »Mir kam er unheimlich vor.«
    »Lauscher?« Elektra kicherte. »Das gehört zu seinem Geschäftsprinzip. Er tut stets geheimnisvoll und ist nie zu finden, wenn man ihn sucht. Dafür taucht er dann an anderer Stelle auf, nicht immer erwünscht.«
    »Ich muss jetzt gehen.«
    Stella war abrupt aufgestanden. Weil das Zimmer jedoch heftig zu schwanken begann, ließ sie sich gleich wieder in das Sofa zurückfallen. Sie sammelte noch einmal ihre Kräfte und nahm einen neuen Anlauf. Diesmal kam sie auf die Beine.
    »Komm, ich bringe dich raus«, erbot sich Elektra. »Dann kann ich Oper Ator gleich Bescheid sagen, dass er dich beim nächsten Mal auch wieder hereinlässt.«
    »Heißt das, du hast ihm vorher schon meinen Spitznamen verraten?«
    »Schnuppe? Damit hab ich doch richtig gelegen, oder nicht?«
    »Aber woher wusstest du…?«
    »Ich kenne dich zwar noch nicht lange, Stella, aber durch Salomon länger, als du denkst.«
    Der Name Salomon hatte eine seltsame Wirkung auf Stella. Es war beinahe so, als habe ihn Elektra aus jener verbotenen Ecke ihres Bewusstseins hervorgezerrt. Eben noch schien er nicht einmal existiert zu haben und nun wusste sie, Salomon war ihr Vater.
    Benommen taumelte sie hinter Elektra durch die große und laute Empfangshalle der Schwarzen Sonne. Sie hatten schon fast den Ausgang erreicht, als Elektras Flügel plötzlich aufgeregt zu brummen begannen.
    »Schnuppe, sieh nur dort!«
    »Was meinst du?«, stammelte Stella. Um sich einen klaren Blick zu verschaffen, drückte sie die Augen zu und öffnete sie wieder. Ihr Magen brannte, als hätte sie Schwefelsäure geschluckt. Sie hatte wirklich das Gefühl, ihre Eingeweide würden sich jeden Moment auflösen. »Ich kann… kann niemanden…«
    »Irgendetwas stimmt doch mit dir nicht. Komm, sag es mir! Vielleicht kann ich dir helfen.«
    »Nein! Nein, es geht schon. Was wolltest du mir zeigen?«
    »Dahinten«, sagte Elektra vergnügt und deutete in das Getümmel aus Schweinen, sprechenden Kleiderständern, Zauberern und anderem Volk.
    Ein Schrecken fuhr Stella in die Glieder, als sie bemerkte, auf wen sie Elektra da hingewiesen hatte. Die jäh aufsteigende Furcht schwächte ihre Selbstkontrolle und so wurde sie von einem neuen Schwindelgefühl geschüttelt wie ein Baum vom Wind. Ihre Hand tastete

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