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Das Netz der Schattenspiele

Titel: Das Netz der Schattenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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gehörten offenbar unterschiedlichen Gruppen an, die mehr als nur die goldenen Namensschilder miteinander gemeinsam hatten. Da gab es die völlig Extravaganten, vermutlich Künstler – einige sahen aus wie ihre eigenen Erstlingswerke. Andere, zumeist in Schwarz gekleidet, legten ein vergleichsweise gesittetes Verhalten an den Tag. Sie diskutierten, manchmal sogar ziemlich angeregt, und nur selten flogen Gläser oder Flaschen. Stella rechnete diese Besucher der Spezies der Wissenschaftler zu. Einige Grüppchen waren einfach nur undefinierbar bunt, manchmal auch so einfallslos verkleidet wie ein Gespensterdarsteller mit einem Bettlaken. Sie hatten sich wohl mit Geld oder anderen Schmiermitteln den Zugang in das Gebäude erkauft.
    Dann zog ein einzelner Tisch Stellas Aufmerksamkeit auf sich. Sie durchstreifte gerade einen etwas abgelegeneren Bereich des Saales. Nur zwei Gäste saßen an dem schwebenden Quadrat, aber Gläser für drei Personen standen darauf. Einer der Zecher war ein merkwürdiger alter Mann, dessen graue Haare von seinem Kopf abstanden, als habe ihn gerade der Blitz getroffen. An den Füßen trug der Alte sonderbare, mit Rädern versehene Schuhe. Der zweite Gast war definitiv eine Vogelscheuche. In den Augen-, Mund- und Nasenlöchern ihres Kürbiskopfes brannten unstete Lichter. Das lumpenbehangene dürre Gestell redete wie ein Wasserfall und zappelte dabei, als müsse es eine Schar Krähen bereits im Anflug vertreiben.
    Stella wollte sich gerade in die Betrachtung einer anderen Gruppe vertiefen, als ihr Blick an einem Gesicht hängen blieb. Es blitzte nur kurz aus der Menge auf, gerade lange genug, um ihr einen gehörigen Schrecken einzujagen.
    »Della Valle! Er ist hier«, hauchte sie.
    »Wo?«, fragte Sesa Mina.
    »Da drüben.« Stella deutete unauffällig mit dem Kopf in die Richtung. »Jetzt kann ich ihn nicht mehr sehen.«
    Bevor noch das Frettchen etwas antworten konnte, sprach Stella von der Seite her eine fremde Stimme an.
    »Schnuppe? Schnuppe! Ich fasse es nicht. Du bist wirklich gekommen! Du ahnst ja nicht, wie ich mich freue!«
    Stella wandte sich um und staunte nicht schlecht. Vor ihr schwebte ein Mädchen in der Luft – etwa eine Handbreit über den schwarzen Fliesen – und lächelte sie an. Das hübsche Wesen hatte grüne Haare und verfügte über ein Paar schwirrender Flügel auf dem Rücken. Das blaue Gewand des Mädchens entsprach nicht eben dem, was in Illusion als schicklich galt. Es trug eine Art zweiter Haut aus einem glänzenden Material, garantiert wasserdicht. Um die Schultern der flatternden Schönheit wanden sich gepolsterte Wülste.
    »Erkennst du mich etwa nicht?«, fragte das elfengleiche Wesen die immer noch verdutzte Stella. »Ich habe etwas an meinem Outfit gefeilt. Der Anzug wirkt jetzt nicht mehr so plump. Gefällt er dir?«
    Stella schloss die Augen und versuchte sich zu sammeln. Dieses geflügelte Mädchen sah nicht nur merkwürdig aus, man konnte ihm auch nur schwer folgen. Aber noch etwas anderes verwirrte sie. Soeben hatte sie das Namensschild der Elfe gelesen.
    Das grünhaarige Mädchen hieß Elektra. Wie alles an dieser Person war auch der Name nicht eben alltäglich. Und trotzdem erinnerte sich Stella an ihn. In den letzten beiden Tagen war ihr das nun schon mehrere Male passiert. Sie sah etwas und wusste, dass sie es kannte. Genau das Gleiche war ihr im Keller des Turmes von Amico widerfahren, als sie das herzförmige Schwanzende Draggys entdeckt hatte. Woher hatte sie den Namen des Lindwurms gekannt? Und woher wusste sie den dieser flatternden Elfe?
    »He, bist du etwa gar nicht die Schnuppe, für die ich dich halte?«, sagte Elektra zweifelnd zu ihrem immer noch stummen Gegenüber.
    »Das wüsste ich selbst gerne«, antwortete Stella zögernd. In diesem Moment fiel ihr etwas ein. Der Gedanke kam wie die Namen Draggy, Schnuppe und Elektra aus einem Bereich ihres Gedächtnisses, der ihr wie durch einen Vorhang verborgen schien. Ab und zu drang zwar etwas hinter dieser Barriere hervor, aber der Blick auf das große Ganze blieb ihr verwehrt.
    »Ickhicklefick musshusslefuss drinhinlefm-gendhendlefend mithitlefit dirhirlefir sprehelefe-chenhenlefen.«
    Es trat eine längere Pause ein, die bei jedem der beiden Gesprächspartner unterschiedliche Ursachen hatte. Stella fragte sich, woher sie nur diese verrückte Sprechweise nahm, und Elektra überlegte, ob Schnuppe ihr nur so verschüchtert vorkam oder ob sie es wirklich war.
    »Komm mit«, sagte die Elfe

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