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Das Netz der Schattenspiele

Titel: Das Netz der Schattenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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unvermittelt. »Wir gehen in einen Privatraum, da sind wir ungestörter.«
    Stella nickte. Auf diese Weise konnte sie vielleicht auch della Valle abhängen.
    Während sie Elektra folgte, die federleicht durch die Menge voranschwebte, versuchte sie zu begreifen, was da eben geschehen war. Elektra hatte ihre letzten Worte in eine Sprache gekleidet, die noch eigenwilliger gewesen war als ihr eigenes Kauderwelsch zuvor. Und trotzdem hatte Stella sie ohne Schwierigkeiten verstanden. Etwas sagte ihr, dass sie Elektra trauen durfte, obwohl da auch eine vage Unsicherheit war, schleierhaft und unfassbar, genauso wie diese flatternde Elfe selbst.
    »Hier herein«, sagte Elektra in ihrem geheimnisvollen Idiom und deutete auf eine offen stehende Tür, die sich an der Peripherie des Gästesaals befand.
    Stella folgte ihr in den kleinen Raum, der bis auf ein ausladendes Ledersofa keinerlei Ausstattung besaß. Die Glieder waren ihr schwer geworden und ein unangenehmer Druck machte sich hinter den Augäpfeln bemerkbar. Müde sank sie in das weiche Möbel. Den Speer legte sie sich quer über die Oberschenkel. Sesa Mina auf ihrer Schulter war reglos wie ein ganz normaler Pelzkragen.
    Elektra blieb in der Luft hängen. »Hier sind wir einigermaßen sicher. Rede weiter in unserer Geheimsprache. Das schützt uns zusätzlich. Was ist mit dir, Schnuppe?«
    »Ich weiß nicht, was Ihr… was du meinst.«
    »Du machst mir irgendwie einen verwirrten Eindruck.«
    »Ich glaube, ich werde verfolgt.«
    »Verfolgt? Hier in Blaxxun?«
    »Warum denn nicht? Der Kerl stellt mir schon seit einiger Zeit nach.«
    »Ist das der Grund, warum du mich aufgesucht hast?«
    »Habe ich das?«
    »Hast du Drogen genommen oder was? Irgendwie kommt mir dein Gerede so… schräg vor. Ich habe dir doch die Adresse hier gegeben. Erinnerst du dich etwa nicht mehr?«
    »Ehrlich gesagt, nein.« Stella musste an den schwarzen Grabstein des Dunklen Lauschers denken. »Ich bin eigentlich hierher gekommen, weil ich die Antwort auf ein Rätsel suche.«
    Elektras Flügel flirrten etwas schneller und brachten sie damit dicht unter die Decke. »Klingt aufregend! Lass mal hören.«
    In Stellas Kopf drehte sich alles. »Ich habe gestern in Amico, das heißt in Amon… Ach, vergiss, was ich eben gesagt habe. Da gibt es einen Text, den ich nicht verstehe. Eigentlich darf ich nicht darüber reden, aber ich weiß nicht, wie ich allein weiterkommen soll.«
    »Worüber sollst du nicht sprechen?«
    »Über den Wurm. Er bedroht unsere ganze Welt.«
    »Du… du sprichst doch nicht etwa von dem Ding, das eine Stadt nach der anderen zum Einstürzen bringt?« Stella sog erschrocken die Luft ein. »Er hat…?«
    »Sag bloß, du hast noch nicht davon gehört?« Nachdenklich murmelte Stella: »Jetzt wo du mich fragst… Es ist mir, als hätte ich davon reden hören, aber ich bin mir nicht sicher.«
    »Ist mit dir wirklich alles in Ordnung, Schnuppe?« Stella fühlte sich mit einem Mal tatsächlich unwohl. Ein seltsames Schwindelgefühl hatte sich in ihrem Kopf breit gemacht. Sie versuchte es ebenso zu ignorieren wie Elektras Frage. »Ich muss unbedingt das Nest dieses Wurmes finden! Nur ich kann verhindern, dass noch größeres Unglück geschieht.«
    Elektra sank wieder dem Boden entgegen. Sie blickte Stella ernst an. »Du hast doch nicht etwa mit Salomons Pandora-Büchse gespielt?« Dann schüttelte sie den Kopf. »Ach was, selbst die könnte ein solches Monster nicht erwecken.«
    »Frag nicht weiter«, bat Stella. Sie spürte, dass Elektra an der Oberfläche einer Wahrheit kratzte, die zu ungeheuerlich war, um sie ganz bloßzulegen. »Ich werde dir jetzt den Text zeigen.«
    Stella zog das Schattenwortfragment und den Brief des Lindwurmbundes aus dem Rucksack. Letzteren legte sie mit der Rückseite nach oben auf den Fußboden und begann mit einem Stück Schreibkohle die Runen von oben rechts nach unten links Reihe für Reihe aufzuschreiben. Mittlerweile wunderte sie sich schon gar nicht mehr darüber, wie leicht es ihr fiel, die fremdartigen Schriftzeichen auch jenes Teils zu rekonstruieren, den sie nur im Gedächtnis hatte.
    »Kagee?«, hauchte Elektra, als sie den ganzen Text vor Augen hatte. »Und das hast du in Amico gefunden?«
    »Im Katasteramt, ja.«
    »Ich kann’s nicht fassen! Wie kann das Kagee etwas mit dem Wurm zu tun haben? Das ist doch unmöglich.«
    »Du kennst es?«
    »Das System der Schattenworte? Natürlich.«
    Innerlich atmete Stella auf. Sie hatte wohl keinen Fehler begangen,

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