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Das Netz der Schattenspiele

Titel: Das Netz der Schattenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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fehlgeschlagen. Er hatte dafür sein Iridium-Telefon benutzt, weil er hoffte, dieses würde nicht so leicht abzuhören sein wie der Apparat im Hotelzimmer. Nach drei oder vier vergeblichen Anläufen sprach er schließlich eine Nachricht auf den Anrufbeantworter: Er und Stella befänden sich in den Staaten und wollten sie so bald wie möglich in Branford besuchen. Es gebe vieles zu besprechen. Die »neue« Zukunft habe schon begonnen – sie wisse, was er meine. Aber ohne sie bedeute ihm diese Zukunft nicht sehr viel. In den nächsten Tagen würde er sie vielleicht nicht anrufen können, sagte Mark noch zum Schluss, deshalb solle sie regelmäßig den E-Mail-Eingang prüfen.
    Stella bedauerte es zutiefst, ihre Mutter nicht wenigstens am Telefon gesprochen zu haben. Um sich abzulenken, blickte sie aus dem Wagenfenster. New York war ein Schmelztiegel der unterschiedlichsten Volksgruppen und alle schienen sie auf der Straße zu sein.
    Das gelbe Taxi hielt vor einer roten Ampel. Stella beobachtete interessiert die vorübereilenden Passanten. Auffällig viele Frauen trugen weiße Socken und Turnschuhe zu geschäftsmäßig dezenten Kostümen. Sie wusste, die meisten von ihnen hatten ihre Stöckelschuhe in der Tasche dabei. Im Büro würden sie wieder völlig korrekt gekleidet auftreten, aber hier, auf den teils abenteuerlichen Schlaglochpisten der Stadt, war zierliches Schuhwerk nur eine Gefahr für die Gesundheit.
    Stella suchte gerade im Rückspiegel Blickkontakt zum Fahrer, um einen entsprechenden Scherz anzubringen, als Billy die Augen weit aufriss, die großen weißen Augäpfel ein harter Kontrast zum dunklen Gesicht. Irgendetwas hinter dem Taxi hatte ihm einen Riesenschreck eingejagt.
    »Fest halten!«, schrie er.
    Im nächsten Moment schoss das Taxi mit qualmenden Reifen in die Kreuzung. Zum Glück traf der CIA-Agent mit seinem gelben Geschoss genau eine Lücke im fließenden Verkehr. Der schwere Wagen neigte sich bedrohlich nach links, als er mit quietschenden Rädern eine Rechtskurve beschrieb.
    Keine Sekunde zu früh. Denn schon donnerte hinter dem Fahrzeug ein riesiger Truck vorbei. Der mächtige Laster erfasste auf der Kreuzung zwei Fahrzeuge und wirbelte sie herum wie Spielzeugautos. Die Fahrer der Pkws konnten von Glück sagen, dass sie nicht voll getroffen worden waren – einen Frontalaufprall hätten sie nicht überlebt.
    Ohne zu bremsen jagte der riesige Sattelzug weiter die Straße hinab. Jetzt setzte er wenigstens seine Hupe ein, die wie das Horn eines Ozeandampfers klang. Ein Wagen, dessen Fahrer die Warnung beim Ausparken überhört haben musste, wurde wie mit einem Dampfhammer in die Parklücke zurückgestoßen. Dann bog der Lkw nach links ab und verschwand aus dem Blick der entsetzten Beobachter.
    Billy hatte inzwischen am Straßenrand angehalten, sein Funkgerät aktiviert und die Einsatzleitung informiert. Danach drehte er sich zu seinen kalkweißen Passagieren um, zeigte sein strahlendstes Lächeln und fragte eher beiläufig. »Alles in Ordnung? Können wir weiterfahren?«
    Stella hatte auf der Fahrt zum Flughafen kein Wort mehr herausgebracht. Der Schreck steckte ihr noch immer in den Knochen. Billy hatte, als sich das Sirenengeheul der von ihm alarmierten Polizei und Ambulanz durch die Häuserschluchten näherte, schnell und unauffällig den Schauplatz der Attacke verlassen. Er wolle nicht an einen übereifrigen Officer geraten, der sie mit lästigen Fragen nur aufhalten würde, war alles, was er dazu meinte.
    »Ich bin ja nun schon mehr als ein Dutzend Mal in dieser Stadt gewesen, aber so etwas habe ich noch nie erlebt«, brachte Mark endlich heraus.
    »Das war auch kein einfacher Unfall«, antwortete Billy.
    Mark horchte auf. »Wie meinen Sie das?«
    »Jede Wette, dass der Truck ‘n paar Blocks weiter leer aufgefunden wird. Und vom Fahrer fehlt natürlich jede Spur.«
    »Denken Sie etwa…?« Mark wagte den Gedanken nicht auszusprechen.
    »Der Schlepper ist direkt auf uns zugerast«, konkretisierte Billy seinen Verdacht. »Wenn er uns von hinten erwischt hätte, dann…« Er machte ein Geräusch, das sich für Stella nach Genickbruch anhörte. Ihr wurde schlagartig übel.
    Mark ging es kaum besser. Er wurde sogar noch ein Stück bleicher, als er es ohnehin schon war. »Aber warum sollte jemand so etwas tun?«
    »Vielleicht, um einen fähigen Professor von allzu neugierigen Nachforschungen abzuhalten.«
    »Nein, das glaube ich nicht.« Mark lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der

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