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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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fühle, was ihn angeht.«
    Dreimal? »Ich bin ganz anders«, sagte ich schnell, »ich liebe nur dich. Kinderliebe nennt Tante Elsbeth das. Aber ich erzähle ihr nie irgend etwas. Sie sieht mich an und sagt, es sei nicht nur die viele frische Luft, die meine Augen so leuchten und meine Haut glühen läßt. Sogar Papa sagt, ich hätte noch nie gesünder und glücklicherausgesehen. Aber ich glaube, das machst du, und ich glaube, es ist auch, weil ich gelernt habe, Sylvia so sehr zu lieben. Und sie liebt mich auch, Arden. Wenn ich nicht in der Nähe bin, verkriecht sie sich in eine dunkle Ecke, als wollte sie nicht, daß irgend jemand sie bemerkt. Ich glaube, sie hat Angst vor Tante Elsbeth. Und wenn ich dann ins Zimmer komme, kriecht sie zu mir und zupft an meiner Hand oder am Saum meines Rockes, und ihr kleines Gesicht kippt nach hinten…sie macht mich zum Mittelpunkt ihres Lebens.«
    Er schien sich nicht wohl zu fühlen, weigerte sich, sich nach Sylvia umzudrehen, die immer bei mir war–wenn nicht in Reichweite, dann doch zumindest in der Nähe. Sie verursachte in ihm ein ungutes Gefühl, aber er gab es niemals zu. Ich glaube, sie brachte ihn mit ihrem Gestank, ihren schrecklichen Gewohnheiten, ihrer Unfähigkeit zu sprechen und ihren leeren Augen in Verlegenheit.
    Nicht sehr weit entfernt kroch Sylvia auf dem Boden herum, folgte einer langen Reihe Ameisen, die zu ihrem Loch im Boden krabbelten.
    »Hör auf, Sylvia anzuschauen, die die Ameisen beobachtet«, spottete er, »und sieh statt dessen mich an.«
    Spielerisch schlug er nach mir, als ich mich weigerte, ihn anzusehen. Ich schubste ihn zurück, dann er mich, und schließlich stürzten wir beide zu Boden und rangen miteinander, ehe sich seine Arme um mich schlossen und wir einander in die Augen sahen. »Ich liebe dich«, flüsterte er heiser, »ich weiß, daß ich zu jung bin, um so etwas zu fühlen, aber ich habe mein Leben lang gehofft, daß es so sein würde, wenn ich noch jung bin, mit einem Mädchen wie dir–einem besonderen, hübschen, anständigen Mädchen.«
    MeinHerzfinganheftigzuschlagen,alsseineBernsteinaugen langsam von meinem Gesicht zum Nacken und weiter hinab zum Busen und zur Taille wanderten. Dann betrachtete er eine tiefere Stelle, was mich erröten ließ. Als er in meine Augen sah, ja, sogar als er meine Brust betrachtete, war ich mir geliebt vorgekommen, und schön. Aber als er jetzt dorthin sah, schossen schemenhaft gräßliche Erinnerungen durch meinen Kopf, wühlten die Alpträume aus dem Schaukelstuhl wieder auf, all das, was der ersten Audrina angetan worden war, die gestorben war, weil alle drei Jungen dorthin geschaut hatten, trotz ihrer verzweifelten Versuche, sie fortzustoßen. Scham erfüllte mich. Hastig bewegte ich meine Beine, bis sie alles verdeckten. Was ich tat, ließ Arden erröten.
    »Schäm dich doch nicht, daß du ein Mädchen bist, Audrina«, flüsterte er mit abgewandtem Gesicht. Ganz plötzlich fing ich an zu weinen. Sie hatte sich geschämt. Mein Leben lang war ich ihretwegen gequält worden. Ich haßte sie! Ich wünschte, sie wäre niemals geboren worden. Vielleicht würde ich mich dann wirklich und natürlich fühlen, anstatt falsch und unnatürlich.
    Ich zitterte trotzdem noch immer, sogar noch heftiger. Wessen Füße gingen da über mein Grab? Ihre?
    »Ich werde jetzt heimgehen«, erklärte ich steif, stand auf und klopfte den Schmutz von meinen Kleidern.
    »Du bist böse mit mir.«
    »Nein, bin ich nicht.«
    »Es ist noch eine halbe Stunde bis zur Dämmerung. Und bis es dunkel wird, dauert es noch lange.«
    »Wir sehen uns morgen wieder.«
    Ich lief zu Sylvia und ergriff ihre kleine Hand, zog sie auf die Füße, ehe ich mich umdrehte und Arden kurz zulächelte. »Bleib einfach stehen, wo du bist, und bring uns nicht bis an den Rand des Waldes. Wenn irgend etwaspassiert, rufe ich laut. Versteh mich bitte, Arden.«
    Die Sonne schien auf sein Gesicht, so daß ich den Ausdruck seiner Augen nicht entziffern konnte. »Ruf mich, wenn du an eurem Rasen bist, damit ich weiß, daß alles in Ordnung ist.«
    »Arden, wenn ich mich manchmal sonderbar verhalte, wenn ich zittere und zurückschrecke, dann verlaß mich deswegen nicht. Ohne dich wüßte ich nicht, wie ich den Wald oder die Tage überstehen sollte.«
    Verlegen wirbelte ich herum und versuchte zu laufen. Aber Sylvia konnte nicht rennen. Sie stolperte über Baumwurzeln, über Stöcke, über ihre eigenen Füße, und bald nahm ich sie auf die Arme. Sie war jetzt sechs

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