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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Überhaupt kein Talent, wenn man ihn erst einmal aus der Provinz fortgeholt hatte. Spielst du noch immer Klavier?«
    Nein, ich übte nicht mehr. Es gab zuviel zu tun. Aber als ich Vera mit ihren drei Taschen half–ich trug zwei, sie eine–,schwor ich mir, daß ich einen neuen Klavierlehrer finden würde, sobald ich Zeit hatte. »Vera, ich würde gern mehr von Lámar Rensdale hören. Er war sehr nett zu mir, und es tut mir leid, daß er tot ist.«
    »Später«, sagte Vera und folgte mir die Treppe hinauf. »Wenn wir gegessen haben, können wir uns ausführlich unterhalten, während wir auf Papa warten. Der wird esgenießen, mich wiederzusehen.«
    Auf dem Weg zu ihrem Zimmer sahen wir Sylvia, die in Billies Karren fuhr und sich geschickt vorwärts stieß.
    »Sylvia, bring Billies Karren in die Küche zurück. Du hast kein Recht, ihn zu benutzen, selbst wenn sie ihn gerade nicht braucht. Jeden Augenblick kann sie vielleicht damit fahren wollen, und dann ist er nicht da.«
    Ich streckte den Arm aus, um Sylvia aus dem Karren zu ziehen. Wenn es irgend etwas gab, was Sylvia stur werden ließ und sie mit Haß erfüllte, dann war es, daß man ihr den Karren fortnahm, den sie für sich haben wollte.
    »Großer Gott!« rief Vera aus und starrte Sylvia an wie ein seltenes Geschöpf im Zoo, »warum vergeudest du deinen Atem auf diese Idiotin? Warum stößt du sie nicht einfach beiseite, und basta?«
    »Sylvia ist nicht so zurückgeblieben, wie Papa uns glauben gemacht hat«, erklärte ich unschuldig. »Stück für Stück lernt sie sogar zu reden.«
    Aus irgendeinem Grund starrte Vera Sylvia mit zusammengekniffenen, mißtrauischen Augen an. Abscheu stand ihr deutlich im Gesicht geschrieben. »Herrje, dieses Haus ist voll von Krüppeln. Eine beinlose Frau und ein stammelndes Monstrum.«
    »Solange du dich in diesem Haus aufhältst, wirst du Sylvia weder als Idiotin noch als Krüppel oder Monstrum bezeichnen. Und du wirst Billie mit dem Respekt behandeln, den sie verdient, oder ich bin sicher, daß Papa dich rauswirft. Und wenn er es nicht tut, tue ich es.«
    Scheinbar überrascht lächelte Vera schwach, drehte mir dann den Rücken zu und marschierte in ihr altes Zimmer, um die Koffer auszupacken.
    Während des Essens, als Billie ihr möglichstes tat, umVera daheim willkommen zu heißen, blieb ich schweigsam. Vera sah in dem reizenden beigen Strickkleid, das sie jetzt trug, sehr elegant aus. Die weiche Farbe schmeichelte ihrem Teint. Sie schien nicht so blaß zu sein wie früher. Ihr Makeup war gekonnt aufgetragen, ihr Haar perfekt frisiert, während meines vom Wind zerzaust und wild war. Meine Nägel waren kurz und nicht lackiert, seit ich Billie im Haushalt half. Jede einzelne meiner Unzulänglichkeiten erhob sich wie ein Berg, als ich Vera anstarrte.
    »Das mit deiner Mutter tut mir leid, Vera«, sagte Billie. »Ich hoffe, du bist nicht böse, daß Audrina mir erzählt hat, daß sie deine Mutter war. Audrina ist für mich wie eine Tochter, die Tochter, die ich immer haben wollte.«
    Ich lächelte dankbar, glücklich, weil sie mich nicht Veras wegen verstieß. Ich wußte, daß Billie alles bewunderte, was Vera jetzt repräsentierte. Hübsche Kleider, lange, lackierte Nägel und die Art von Schmuck, die Vera trug–in diesem Augenblick erkannte ich, daß es Mutters Schmuck war und der Schmuck meiner Tante. Der gestohlene Schmuck!
    Schmuck, den sie abnahm und versteckte, ehe Papa und mein Mann heimkamen.
    Wir saßen im neurömischen Salon. Die Sonne war gerade am Horizont untergegangen und ließ flammenfarbene Wolken zurück, als Papa die Tür aufriß und ins Zimmer marschierte; Arden folgte ihm auf dem Fuße.
    Papa redete. »Verdammt, Arden, wie kannst du das vergessen, wenn du dir Notizen machst? Ist dir eigentlich klar, daß deine Fehler uns ein paar gute Klienten kosten können? Du mußt alle Aktien aufführen, die ein Kunde besitzt, und ihn anrufen, sobald sich an der Börse eindramatischer Kurswechsel vollzieht, besser noch, ehe er sich vollzieht. Vorahnung, Junge, Vorahnung!«
    In diesem Augenblick entdeckte Papa Vera. Er brach mitten in einer weiteren, boshaften Bemerkung ab und starrte Vera voll Ekel an. »Was, zum Teufel, suchst du hier?«
    Billie zuckte zusammen. Papa hatte sie enttäuscht. Arden warf Vera einen Blick zu, der verriet, daß er sich alles andere als wohl in seiner Haut fühlte. Dann kam er zu mir, um mich auf die Wange zu küssen, ehe er sich neben mich aufs Sofa setzte und den Arm um meine Schultern

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