Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
Vom Netzwerk:
überrascht hast, aus dem Weg. Billie sagt, sie hätte mit dir geredet und du hättest sie verstanden. Verstehst du wirklich?«
    Ich begegnete seinem Blick und hielt ihm stand. »Ich verstehe sie, ja, aber dich nicht. Du wirst sie doch niemals heiraten.«
    Er schien wie vom Donner gerührt. »Sie möchte, daß ich sie heirate? Also wirklich, verdammt will ich sein…aber so schlecht ist die Idee gar nicht.«
    Er grinste und stupste mich ans Kinn, als wäre ich zwei Jahre alt. »Wenn ich wieder eine Frau hätte, die mich bewundern würde, dann brauchte ich überhaupt keine Töchter, nicht wahr?«
    Wieder grinste er, als ich ihn anstarrte und versuchte herauszufinden, ob er es ernst meinte oder mich nur neckte. Er verabschiedete sich und eilte hinaus, um mit Arden zur Arbeit zu fahren.
    »Komm mit, Sylvia«, sagte ich, nahm ihre Hand und führte sie durch die Seitentür hinaus. »Wir betrachten heute einmal die Natur. Die Blumen blühen alle, und es wird Zeit, daß du weißt, wie sie heißen.«
    »Wohin geht ihr?« wollte Vera wissen, als wir an ihr vorüberkamen. Sie hatte jetzt, wo Arden fort war, ihr Oberteil wieder angezogen. »Warum fragt ihr nicht, ob ich Lust habe mitzukommen? Ich kann jetzt wieder laufen…wenn ihr nicht zu schnell geht.«
    Ich weigerte mich, ihr zu antworten. Je früher sie abreiste, desto besser.
    Sylvia trottete hinter mir her und versuchte, mit mir Schritt zu halten. »Wir gehen und sehen den Fischen beim Springen zu«, rief ich ihr zu. »Dann schauen wir uns Enten, Gänse, Eichhörnchen, Kaninchen, Vögel, Frösche und Blumen an. Es ist Frühling, Sylvia, Frühling! Die Dichter schreiben mehr über den Frühling als über jede andere Jahreszeit, denn es ist die Zeit der Wiedergeburt, man feiert das Ende des Winters…und wir hoffentlich die Abreise von Vera. Dann kommt der Sommer. Wir werden dir das Schwimmen beibringen. Sylvia wird bald eine junge Frau sein, kein Kind mehr. Und wenn sie es ist, dann wollen wir, daß Sylvia alles tun kann, was andere junge Frauen in ihrem Alter tun.«
    Ich kam ans Ufer und drehte mich nach meiner Schwester um. Sie war nicht hinter mir. Ich sah zum Haus zurück und bemerkte, daß Vera die Decke jetzt zum Rasen hinuntergetragen hatte und sich dort sonnte und ein Buch las.
    Ein leises Geräusch vom Waldrand ließ mich vermuten, daß Sylvia mit mir Verstecken spielen wollte, etwas, was ich ihr seit Monaten beizubringen versucht hatte. »Okay, Sylvia«, rief ich. »Fertig oder nicht…ich komme!«
    Nichts als Schweigen antwortete mir aus dem Wald. Ich stand da und sah mich um. Sylvia war nirgendwo in Sicht. Ich fing an zu rennen. Die Wege hier waren kaum zu erkennen. Es waren unbekannte Wege, und bald war ichverwirrt und ängstlich. Plötzlich tauchte vor mir ein Goldregenbaum auf, und darunter war ein niedriger, moosbewachsener Hügel. Ich erstarrte, konnte ihn nur ansehen. Sie fanden die erste und unvergessene Audrina tot auf einem Hügel unter einem Goldregen, umgebracht von diesen schrecklichen Jungen. Ich wich zurück. Der Wald war für gewöhnlich voller Leben, Vögel kreischten und behaupteten ihr Territorium, Insekten summten und brummten. Warum war es jetzt so still? Totenstill? Nicht einmal die Blätter an den Bäumen regten sich. Unwirkliche Stille trat ein, als meine Blicke an dem Hügel klebten, der jener Hügel gewesen sein mußte.
    Eine Trommel fing an zu schlagen.
    Tod.
    Ich konnte den Tod riechen. Ich wirbelte herum, schrie wieder Sylvias Namen. »Wo bist du? Versteck dich jetzt nicht, Sylvia…hörst du mich? Ich kann dich nicht finden. Ich gehe jetzt zum Haus zurück, Sylvia. Versuch mal, ob du mich fangen kannst!«
    In der Nähe des Hauses fand ich einen Strauß Moosröschen, der zu Boden gefallen war. Das war ein Zeichen für mich. Es gab nur eine Stelle, wo sie wuchsen–in der Nähe des Häuschens, in dem Arden und Billie gewohnt hatten. War sie in der kurzen Zeit dorthin und zurück gelaufen? Es war vom ersten Tag ihres Hierseins Sylvias Angewohnheit gewesen, immer die hübschesten Blumen zu pflücken und daran zu riechen. Wieder sah ich mich um, fragte mich, was ich tun sollte. Die Rose, die ich jetzt in der Hand hielt, war warm, die winzige Blüte zermalmt, als wäre sie zu fest in einer kleinen Hand gehalten worden. Ich starrte zum Himmel empor. Er war bewölkt und sah nach Regen aus. Ich konnte Whitefern sehen, obwohl es noch ein gutes Stück entfernt war…aber wo, zum Teufel, steckte Sylvia? Daheim, natürlich. Dasmußte die

Weitere Kostenlose Bücher