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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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immer leuchtende Kleider zu tragen: karmesinrot, scharlachrot, blau, smaragdgrün, purpur und strahlendes Gelb. Blitzende Farben…Farben und das Klimpern der Mobiles, wenn sich Ärger ankündigte. Ich legte die Hände über meine Ohren, kniff die Augen zu, wandte ihr den Rücken zu und weigerte mich, den Blick aufzufangen, der um mein Verständnis flehte.
    »Dreh dich nur um, halt dir auch die Ohren zu, verschließe deinen Geist, aber ich glaube, er liebt mich auch, Schatz«, fuhr sie fort. »Vielleicht glaubst du, er kann mich nicht lieben, weil ich ein Krüppel bin. Trotzdem meine ich, daß er es tut, und selbst wenn nicht, bin ich einfach dankbar, weil er mir gegeben hat, was ich immer haben wollte–einen richtigen Mann. Verglichen mit ihm waren meine drei Ehemänner kleine Jungs, die bloß Erwachsene gespielt haben. Damián hätte mich niemals verlassen, das weiß ich.«
    Da mußte ich sie ansehen, mußte sehen, ob sie wirklich glaubte, was sie sagte. Ihre schönen Augen flehten mich an, als sie die Hände nach mir ausstreckte. Ich ging noch weiter weg.
    Sie rollte näher zu mir. »Hör mir jetzt zu. Versetz dich einmal in meine Lage, vielleicht verstehst du dann, warum ich ihn liebe. Ardens Vater hat uns gerade an dem Tag verlassen, an dem ich mein zweites Bein verloren habe. Er war ein schwacher Mann, der von mir erwartet hat, daß ichihn mit meiner Eislauferei ernährte. Als ich das nicht mehr konnte, hat er sich eine andere Frau gesucht, die Geld zur Verfügung stellte. Er schreibt nie. Er hat, lange ehe Arden volljährig wurde, aufgehört, Unterhalt für ihn zu bezahlen. Ich mußte Geld verdienen, was ich konnte, und du weißt selbst, daß Arden wie ein Mann gearbeitet hat, seit er zwölf Jahre alt war, und sogar noch vorher…«
    Hör auf! wollte ich schreien. Was du mit meinem Vater machst, ist häßlich, unverzeihlich, und du hättest es besser wissen sollen. Wir mußten es doch herausfinden, mußten es…
    »Dein Vater ist ein Mann, der eine Frau in seinem Leben braucht, genau wie mein Sohn. Damián haßt das Alleinsein, haßt es, irgend etwas allein zu tun. Er möchte heimkommen und gutes Essen riechen. Er liebt es, wenn jemand sein Haus in Ordnung hält, sich um seine Kleider kümmert, und ich tue das alles gern für ihn, selbst wenn er mich niemals heiratet. Audrina, macht denn die Liebe die Dinge nicht weniger häßlich? Macht Liebe nicht alles…alles anders?«
    Ich glaubte nicht, daß Papa sie liebte. Mit dem Rücken zu ihr stand ich da und wollte schreien.
    »Also schön, Liebes«, flüsterte sie heiser. »Haß mich, wenn du das tun mußt, aber zwing mich nicht, das einzige wirkliche Heim zu verlassen, das ich je gehabt habe, und den einzigen wirklichen Mann, der mich je geliebt hat.«
    Ich drehte mich zu ihr um und meinte ironisch: »Vielleicht interessiert es dich zu hören, daß meine Tante Elsbeth ihn genauso sehr geliebt hat, wie du es zu tun behauptest, und er hat behauptet, sie wiederzulieben. Trotzdem war er ihrer bald überdrüssig, und Nacht für Nacht, nachdem sie den ganzen Tag geschuftet hatte, um seine Mahlzeiten zuzubereiten, sein Haus sauberzuhalten,für seine Kinder zu sorgen, hatte er immer noch andere Frauen. Am Ende war sie nichts weiter als seine Sklavin. So hat sie sich selbst genannt. Seine Küchen- und Bettsklavin. Ist es das, was du dir wünschst?«
    Ich machte eine Pause, schnappte nach Luft und hörte den Fernseher in Veras Zimmer mit den Morgennachrichten. Die faule Vera, die selten vor Mittag aufstand.
    »Es wird der Tag kommen, an dem er aufhören wird, dich zu lieben, Billie, ein Tag, an dem er dich anschauen und dir so häßliche Worte sagen wird, daß du keinerlei Selbstbewußtsein mehr behältst. Er wird eine andere Frau haben und sagen, daß er sie liebt, wie er noch nie eine Frau geliebt hat, und du bist nur eine weitere Öse an seinem Gürtel, mit vielen Ösen neben dir.«
    Sie zuckte zusammen, als hätte ich sie geschlagen. Wieder traten Tränen in ihre blauen Augen.
    »Wenn ich Damián auch nicht mehr bedeute als eine Küchensklavin, oder eine weitere Öse…selbst dann werde ich noch dankbar sein, Audrina, selbst dann.«
    Ihre Stimme wurde leiser. »Als ich meine Beine verloren habe, habe ich gedacht, daß mich niemals mehr ein Mann in die Arme nehmen und mir sagen würde, daß er mich liebt. Damián hat mir das Gefühl gegeben, wieder eine ganze Frau zu sein. Du kannst mir sagen, daß ich lächle und fröhlich wirke, Audrina, aber das ist nur eine

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