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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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holte einen Schwamm, um das Wasser aufzuwischen, während ich lief, um frisches Wasser in die Vase zu füllen. »Papa, nun sag schon! Erzähl mir von Mammi. Es kommt mir vor, als sei sie schon einen ganzen Monat fort.«
    Seine dunklen Augen glänzten von ungeweinten Tränen. Er schüttelte den Kopf von einer Seite zur anderen, mit derselben Bewegung, wie Hunde es tun, wenn sie Wasser abschütteln wollen. Panik wollte sich in seinen Augen zeigen, und als er sprach, hörte ich voll Angst das Zögern in seiner Stimme. »Audrina, du mußt jetzt tapfer sein. Ein großes, tüchtiges Mädchen.«
    Ich starrte ihn an und verabscheute, was er sagte. »Weißt du noch, wie du mir immer von den Teestunden erzählt hast, und wie Tante Mercy Marie dafür zu sorgen schien, daß Tod und Leben in ständigem Krieg miteinander lagen? Nun, so ist das nun einmal. Leben und Tod gehören nun einmal zu unserem menschlichen Dasein, genau wie Tag und Nacht, Schlafen und Wachen. Der eine wird geboren, der andere stirbt. Wir verlieren, wir gewinnen. Nur so kann man das Leben ertragen und gesund bleiben.«
    »Papa«, schluchzte ich, »du–«
    »Ach, hör auf!« rief meine Tante. »Damián, warum bist du nicht einfach offen zu ihr? Du kannst Audrina nicht immer vor den Härten des Lebens bewahren. Je länger du es hinauszögerst, desto schwerer wird es für sie, wenn sie sich dann doch der Wahrheit stellen muß. Hör endlich auf damit, deine Tochter in einer Phantasiewelt leben zu lassen.«
    Er lauschte ihren harten Worten, ihrer rauhen Stimme und sah mich traurig an. »Du hast wahrscheinlich recht«, sagte er seufzend. Eine der Tränen, die in seinen Augen glänzten, lief jetzt über sein Gesicht. Er nahm mich in die Arme, hob mich dann auf seinen Schoß und drückte mich an die Brust. Dann räusperte er sich. »Liebling, es fällt mir nicht leicht, das zu sagen. Ich mußte noch niemals jemandem eine solche Nachricht überbringen, schon gar nicht meinem liebsten Kind. Du hast vielleicht schon einmal gehört, daß es für deine Mutter sehr schwer war,dich zur Welt zu bringen.«
    Ja, ja, ich hatte davon gehört–aber sie hatte auch mit der ersten Audrina Probleme gehabt.
    »Mit Sylvia war es nun noch schlimmer.«
    Er hielt mich noch fester, brach mir fast die Knochen. »Ich glaube, ich habe dir schon vor einiger Zeit erklärt, wie ein Baby durch den Geburtskanal auf die Welt kommt.«
    Er zögerte, was mir nur noch mehr Angst machte. »Die arme Sylvia blieb in diesem Kanal stecken–vielleicht zu lange.«
    Wieder machte er eine Pause. Mein Herz klopfte so laut, daß ich es hämmern hören konnte. Vera trat in die Küche und hörte jetzt auch zu. Ihre dunklen Augen wirkten, als ob sie bereits Bescheid wüßte.
    »Liebling, halt dich jetzt ganz fest. Ich muß es sagen, und du mußt es hören. Deine Mutter ist nicht mehr bei uns, Liebling. Sie ist jetzt im Himmel…Sie ist gestorben, kurz bevor Sylvia geboren wurde.«
    Ich hörte es ihn sagen, aber ich glaubte ihm nicht. Nein, nein, es konnte einfach nicht sein. Ich brauchte meine Mutter. Ich mußte sie haben, und Gott hatte Papa doch schon seine beste Audrina geraubt. War er so herzlos, daß er ihm noch einmal so weh tun konnte?
    »Nein, Papa. Meine Mutter ist zu jung und zu hübsch, um tot zu sein.«
    Ich schluchzte. Ich war noch immer ein kleines Mädchen. Wer sollte mir helfen, erwachsen zu werden? Ich starrte ihn an, wollte sehen, ob er lächelte und zwinkerte. Das würde bedeuten, daß alles nur ein häßlicher Scherz war, den Vera sich ausgedacht hatte. Ich sah zu meiner Tante hinüber, die mit gesenktem Kopfdastand und ihre Hände an der fleckenlosen Schürze trocknete. Vera sah sonderbar aus, als wäre sie ebenso verblüfft wie ich. Papa ließ den Kopf auf meine Schulter sinken und weinte. Oh, er würde nicht weinen, wenn es nicht wahr wäre!
    In meinem Innern war alles wie betäubt; Tränen liefen über mein Gesicht.
    »Ich habe sie geliebt, Audrina«, schluchzte mein Vater. »Manchmal war ich nicht so, wie ich hätte sein sollen, aber ich habe sie trotzdem geliebt. Sie hat so viel aufgegeben, um mich zu heiraten; ich weiß, daß ich sie von der Karriere abgehalten habe, die sie sich so sehr gewünscht hat, und ich habe mir selbst jeden Tag eingeredet, daß sie es zu nichts gebracht haben würde; aber das hätte sie, wenn ich nicht in ihr Leben getreten wäre. Sie hat einen Antrag nach dem anderen abgelehnt, war entschlossen, Konzertpianistin zu werden. Aber ich wollte nicht zulassen, daß

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