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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Gleichgültigkeit. Und du weißt, wer sie ist– du weißt es!«
    »Ich weiß überhaupt nichts«, erklärte Papa, und sein Ton war so eiskalt, daß ich vor Angst schauderte. Seine dunklen, drohenden Augen starrten meine Tante an. Es war fast, als wollte er ihr auf diese Weise befehlen, den Mund zu halten, sonst würde er sie auch noch niederschlagen.
    Panik überkam mich. Vera kroch zur Tür, um sich, an ihr hochzuziehen. Noch immer weinend verschwand sie im Haus. Und ich blieb zurück, starrte Sylvia noch immer an, die nichts und niemanden ansehen konnte.
    Was hatte sie eigentlich für Augen? Leere Augen. Ihre Farbe war schön, die langen Wimpern dunkel und geschwungen, aber was machte das schon aus, wenn hinter diesem leeren Blick kein Interesse lag?
    Ich schluckte an dem dicken Klumpen, der mir in derKehle saß und meine Stimme zu ersticken drohte. In meinen Augen brannten Tränen. Ich hatte die Hände zu Fäusten geballt und wischte mir die Tränen fort, versuchte, es Papa nicht sehen zu lassen.
    Papa starrte mich an. »Sagst du nichts, Audrina? Nun komm schon, irgend etwas mußt du doch denken?«
    Unsere Blicke trafen sich. Er lächelte, dünn und zynisch. »Warum kann Sylvia ihren Mund nicht zumachen und ihre Augen auf einen Punkt richten?« fragte ich mit schwacher Stimme. »Und warum kann sie nicht so gut laufen wie andere Kinder, die fast drei Jahre alt sind?«
    »Laß uns allein«, befahl Papa meiner Tante, die wie angewurzelt bei uns stand. Noch immer konnte ich Veras Weinen hören, das zu uns schallte. Obwohl unser riesiges Haus mit dunklen, massiven Möbeln vollgestellt war, schien es doch wie hohl zu sein, wenn jemand so schrie, wie Vera jetzt schrie. Es war schrecklich, gespenstisch.
    »Warum soll ich gehen, Damián? Sag es mir.«
    »Zwischen Audrina und ihrer Schwester soll nicht der Einfluß eines anderen Menschen stehen. Elsbeth, sieh mich nicht so mißbilligend an. Es steht dir nicht.«
    Ohne ein weiteres Wort des Protestes betrat meine Tante das Haus und warf die Tür hinter sich zu. Papa ging mit Sylvia auf die Veranda und ließ ihre Hand los. Sofort fing sie an, umherzustolpern, taumelte ziellos einmal hierhin, einmal dorthin, drehte sich unbeholfen um und stieß gegen einen Korbstuhl, warf dann einen Farn um, der in einem Topf auf dem weißen Korbregal gestanden hatte, das endlich auch noch umkippte.
    Oh! »Sie ist blind, Papa, nicht wahr?« rief ich, als mir plötzlich klar wurde, warum ihre Augen so leer waren. »Warum hast du mir das nicht längst gesagt?«
    »Es wäre besser, wenn sie nichts sehen könnte«, meintePapa traurig. »Sylvia sieht vielleicht so aus, als sei sie blind, aber sie kann fast genauso gut sehen wie du und ich–nur kann sie die Muskeln ihrer Augen nicht beherrschen und auf einen Fleck schauen. Kurz nach der Geburt dachten die Ärzte, sie hätte eine Nervenkrankheit, und untersuchten sie daraufhin. Man hat jede Untersuchung vorgenommen, die die moderne Medizin kennt, um herauszufinden, was mit ihr nicht in Ordnung ist. Sie kann sehen, sie kann hören, aber trotzdem reagiert sie auf nichts so, wie sie sollte. So, und jetzt frag, woher die Ärzte das wissen, und ich werde dir all die langweiligen Details erzählen, werde dir all die Tests erklären, denen man sie unterworfen hat, sobald man vermutete, daß etwas nicht stimmte.«
    »Erzähl es mir«, flüsterte ich.
    »Wenn du genau aufpaßt, wirst du sehen, daß sie zwar gegen Stühle rennt und Dinge umwirft, aber nie die Treppe hinunterfällt.«
    Er sah mich an, nicht Sylvia, die eigentlich beaufsichtigt werden müßte. »Wenn du ihren Namen häufig rufst, wird sie irgendwann reagieren. Sie geht vielleicht direkt an dir vorbei, aber sie kommt. Ich wollte sie noch ein Jahr bei den Therapeuten lassen. Ich hoffte, in dieser Zeit hätten sie ihr wenigstens beigebracht, ihren Körper zu kontrollieren.«
    Er sah meinen Gesichtsausdruck und erklärte leise: »Audrina, Sylvia trägt Windeln wie viele andere Kinder in ihrem Alter, aber im Gegensatz zu anderen Kindern wird Sylvia wahrscheinlich ihr Leben lang Windeln tragen müssen.«
    Ach, wie schrecklich! Ich starrte Sylvia ungläubig an.
    Papa fuhr fort: »Wenn es stimmt, was die Spezialisten sagen, dann ist Sylvia schwer behindert–und wird esimmer sein. Ich möchte nicht daran glauben, und doch muß ich die Tatsache akzeptieren. Trotzdem ist da ein kleiner Teil in mir, der mir sagt, daß Sylvia vielleicht eines Tages ein ganz normales Mädchen sein wird, wenn man sie nur

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