Das Netz
vielleicht heure ich sogar drauf an.«
Beaurain und Paula tranken aus und verabschiedeten sich dann. Draußen nahm Paula den zweiten Zehnpfundschein aus ihrem Handschuh und gab ihn Jem, der breitbeinig neben ihrem Auto stand. Vor ihm auf dem Randstein hockte ein anderer Junge mit einer blutigen Nase.
»Danke fürs Aufpassen«, sagte Paula.
»War auch nötig«, antwortete Jem. »Die Dumpfbacke da wollte Ihnen vorhin doch glatt den Lack zerkratzen.«
»Und dann?«
»Dann hab ich ihm eine reingesemmelt. Aber machen Sie sich wegen dem keine Sorgen. Der wird schon wieder.«
Sie stiegen ein, und Beaurain wendete so rasch wie möglich.
»Am liebsten würde ich jetzt Mrs Wharton besuchen, die Frau mit dem Pudel, die uns von dieser seltsamen Flugzeugbombe erzählt hat«, sagte Beaurain, als er an den nunmehr zugeklappten Marktständen vorbeifuhr.
»Sie wohnt in der Upper Cheyne Lane fünfzig«, sagte Paula. »Soll ich Ihnen sagen, wie Sie dort hinkommen?«
»Ich bitte darum. Vielleicht kann uns Mrs Wharton ja eine Skizze von dieser Waffe anfertigen.«
»Wozu brauchen Sie die?«, fragte Paula, aber Beaurain gab ihr keine Antwort. Als sie ihn von der Seite ansah, erkannte sie ein Funkeln in seinen Augen, als ob ihm gerade unglaublich aufregende Dinge im Kopf herumgingen.
»Lassen Sie uns vorher noch schnell in der Park Crescent vorbeischauen«, sagte er. »Und dann nichts wie in die Upper Cheyne Lane fünfzig.«
Paula boxte Beaurain sanft gegen die Schulter. Er war genau wie Tweed: Solange er sich einer Sache nicht hundertprozentig sicher war, blieb er verschlossen wie eine Auster.
34
»Ali hier...«
»Abdullah. Der Countdown läuft!«
»Ich weiß. Wir sind bereits vor Ort und arbeiten auf Hochtouren.«
»Sind die Lieferungen in der Anlage?«
»Wir haben Stufe zwei erreicht. Stufe drei folgt morgen früh. Alles verläuft nach Plan.«
»Und was ist mit dem Wachmann? Kann da nichts schief gehen?«
»Den haben wir im Griff. Seine Frau auch. Gestern ist ihm einer unserer Männer bis nach Hause gefolgt. Vince Proctor...«
»Keine Namen! Dann ist er also glücklich, dass seine Frau Gesellschaft hat, wo er doch so viele Überstunden machen muss.«
»Das ist er. Und seine Frau auch. Wir sind alle glücklich.«
Wie üblich hatte Abdullah einfach aufgelegt, was Ali inzwischen aber nur noch mit einem gleichgültigen Schulterzucken registrierte. Er trat aus der Telefonzelle in den dichten Nebel hinaus und ging langsam zur »Anlage« zurück.
Als es klingelte, machte Mrs Proctor in ihrem kleinen, in einer Seitenstraße gelegenen Reihenhaus gerade den Abwasch. Sie wischte sich die nassen Hände an der Schürze ab, ging aus der Küche zur Tür und öffnete. Draußen stand ein Mann in einem Regenmantel, der seinen Schlapphut tief ins Gesicht gezogen hatte. Der Mann hielt Mrs Proctor eine Pistole unter die Nase und legte zum Zeichen, dass sie nur ja keinen Laut von sich geben solle, den Zeigefinger auf die Lippen.
Dann schob der Fremde Mrs Proctor vor sich her in die Küche, wo er sie gewaltsam auf einen Stuhl drückte und die völlig verängstigte Frau an Händen und Füßen fesselte. Mrs Proctor war kreidebleich und zitterte am ganzen Körper.
Dann zog der Eindringling Mantel und Hut aus. Zu ihrem Entsetzen sah Mrs Proctor, dass der Mann, der einen dunklen Teint und kurze Haare hatte, einen Tarnanzug trug. Er kam aus Ägypten und hieß Haydar, was Mrs Proctor aber nie erfahren sollte.
»Wir haben deinen Mann in unserer Gewalt«, sagte er zu der gefesselten Frau. »Wenn du keine Dummheiten machst, wird ihm nichts geschehen. Wenn du allerdings um Hilfe rufst, ist er schon so gut wie tot.«
Um seine Worte zu unterstreichen, zog er ein Polaroidfoto heraus, das einen gefesselten Mann zeigte, der mit angstverzerrtem Gesicht auf einem Stuhl saß. Ein anderer Mann, den man nur von hinten sah, hielt ihm eine Pistole an die Schläfe.
»Wer sind Sie?«, keuchte Mrs Proctor und schluckte schwer. »Wo ist Vince? Ist er im Kraftwerk?«
»Halt den Mund«, zischte Haydar. »Wenn du schön brav sitzen bleibst und keine Dummheiten machst, verschwinde ich wieder, als wäre überhaupt nichts geschehen. Und dein Mann kommt auch frei. Kommt normalerweise abends noch jemand bei dir vorbei?«
»Nur manchmal Mrs Wilkinson von nebenan.«
»Und was ist, wenn du nicht aufmachst?«
»Dann denkt sie, dass ich eingedöst bin, und geht wieder.«
»Dann brauchen wir uns also keine Sorgen zu machen«, sagte Haydar zufrieden. Natürlich
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