Das Netz
doch jemand auf der Uferpromenade gesehen haben sollte - es kann ja immer mal sein, dass ein Streifenwagen vorbeifährt -, was sagen Sie dann?«
»Dass ich dort in Ihrem Auftrag überprüft habe, ob die Special Branch vor Ort ist. Übrigens habe ich keine einzige von den Pappnasen gesehen.«
»Sie haben erzählt, dass Sie das Taxi mit dem Killer zuvor schon hier in der Park Crescent bemerkt haben. Das gibt mir zu denken. Newman, wie steht es eigentlich mit den beiden Neuen, die wir demnächst kriegen sollen?«
»Meinen Sie Wilson und Walker? Die sind immer noch in der Ausbildung.«
»Dann rufen Sie bei der Ausbildungseinheit an und sagen Sie denen, dass sie die beiden hierher schicken sollen. Ich möchte, dass sie unauffällig die Straße beobachten und mir jeden melden, der so aussieht, als würde er unser Büro ausspionieren.«
»Wird gemacht.«
»Wo Paula und Jules wohl gerade sind...?«
»Richtig hübsche Gegend hier«, sagte Beaurain sarkastisch. »Enge Gassen, heruntergekommene Häuser und jede Menge Müll, den wohl nie einer abholt. Und dann diese ganzen Marktstände hier. Wer kauft denn bei dieser Kälte so spät am Abend im Freien ein?«
»Wir sind hier in Wapping, im Herzen des East End«, antwortete Paula amüsiert. »Ich dachte, da wollten Sie hin. Und was die Marktstände betrifft, so sind die für die Männer da, die unten am Fluss in Spätschicht arbeiten und auf dem Nachhauseweg noch etwas einkaufen wollen. Typisch East End eben. Passt Ihnen das nicht?«
»Doch, es passt mir sogar ausgezeichnet. Und da ist ja auch ein Pub. ›The Pig’s Snout‹ - drolliger Name, aber genau das, was ich suche. Und da ich Sie hier wohl schlecht allein im Auto lassen kann, nehme ich Sie mit hinein...«
»Hören Sie auf, den Beschützer zu spielen«, sagte Paula und knuffte den Belgier in den Oberarm. »Ich war schon in schlimmeren Spelunken.«
»Wo kann ich hier das Auto abstellen, ohne dass es gleich geklaut wird?«
Bei diesen Worten deutete er auf eine Bande von etwa zehn- bis sechzehnjährigen Jungen, die gar nicht einmal so schlecht gekleidet waren. Sie warfen begehrliche Blicke auf Paulas Auto.
»Stellen Sie es einfach direkt vor das Pub, da ist gerade ein Parkplatz frei.«
Bevor sie ausstiegen, nahm Beaurain drei Fünfpfundscheine aus seiner Geldbörse und steckte sie sich in die Hosentasche. Dann ließ er die Geldbörse wieder in der mit einem Reißverschluss gesicherten Innentasche seiner Jacke verschwinden.
»Alle Achtung. So viel Umsicht hätte ich nicht von Ihnen erwartet«, sagte Paula überrascht.
»In bestimmten Vierteln von Brüssel, Lüttich oder Antwerpen geht es auch nicht anders zu als hier. Aber sagen Sie mir doch bitte, warum Sie sich gerade zwei Zehnpfundscheine in den Handschuh gesteckt haben. Sie müssen im Pub nicht zahlen, das übernehme ich.«
»Seien Sie nicht so neugierig, Jules.«
Die beiden stiegen aus und gingen auf das Pub zu, als sich der größte und am brutalsten aussehende Junge der Bande ihnen in den Weg stellte. Paula zeigte ihm einen der Zehnpfundscheine, zog ihn aber gleich wieder weg, als der Junge danach greifen wollte.
»Wie heißt du?«
»Jem. Und du?«
»Ich gebe dir zehn Pfund, Jem, wenn du dafür auf unser Auto aufpasst. Und wenn wir wieder aus dem Pub kommen und es noch unversehrt dasteht, kriegst du noch mal einen Zehner.«
»Ist gebongt, Lady. Dem Schlitten wird bestimmt nichts passieren.«
»Das haben Sie gut gemacht«, sagte Beaurain anerkennend. »Dieser Jem schlägt bestimmt jeden zu Brei, der sich dem Wagen auch nur nähert.«
Das Pub war gesteckt voll, lärmig und rauchgeschwängert. Beaurain sah, dass einige der Gäste Ölzeug trugen, und schloss daraus, dass es sich bei ihnen um Arbeiter aus dem Hafenviertel handelte. Hier war er richtig. Er nahm Paula in den Arm und bugsierte sie zur Bar. Alle machten ihnen bereitwillig Platz. Offenbar sahen sie es Beaurain an seinem wettergegerbten Gesicht an, dass mit ihm nicht zu spaßen war.
»Was darf’s sein?«, fragte der stämmige Barkeeper, als sie sich bis an die Theke durchgearbeitet hatten.
»Haben Sie Wein?«, fragte Paula.
»Wir haben französischen Chardonnay. Echt gutes Zeug.«
»Das ist mein Lieblingswein.«
»Und was trinkt der Herr?«
»Dasselbe wie die Dame.«
Der Barkeeper schenkte aus einer großen Flasche zwei Gläser ein, nahm den Fünfpfundschein, den Beaurain ihm hinstreckte und knallte das Wechselgeld auf die Theke.
Inzwischen hatte sich ein rothaariger Bursche
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