Das Netz
elegant gekleidet war. Heute trug er einen grauen Anzug, ein frisch gestärktes Hemd und eine Krawatte von Chanel. Marler gehörte seit vielen Jahren zu Tweeds Team und galt als einer der besten Scharfschützen in ganz Westeuropa.
Nachdem er Monica einen flüchtigen Kuss auf die Wange gehaucht hatte, lehnte er sich in einer Ecke des Zimmers mit dem Rücken an die Wand. Dann zog er ein Päckchen mit King-Size-Zigaretten aus der Anzugtasche und steckte sich eine an.
»Ich treffe mich gleich mit meinem Informanten Eddie«, sagte Marler zu Newman. »Hätten Sie nicht Lust, mich zu begleiten?«
»Wie bitte? Sie treffen Ihre Informanten doch sonst immer allein, Marler. Warum soll ich denn dieses Mal dabei sein?«
»Weil das, was Eddie uns zu sagen hat, angeblich so brisant ist, dass er nur mit Tweed persönlich sprechen will.«
»Tweed ist mit Paula nach Surrey gefahren. Niemand weiß, wann er zurückkommt.«
»Das hat mir der gute George unten am Eingang auch schon gesagt. Aber wir können nicht auf Tweed warten. Deshalb möchte ich ja auch, dass Sie mitkommen. Vielleicht redet Eddie ja mit Ihnen. Worauf warten wir also noch?«
Newman trug Jeans, und über seiner Stuhllehne hing eine Winterjacke mit Reißverschluss. Mit einem leisen Seufzer stand er auf und zog die Jacke an, sodass man die in einem Schulterhalfter steckende.38er Smith & Wesson nicht mehr sehen konnte. Im Hinausgehen warf er Monica einen resignierten Blick zu, den diese mit einem schadenfrohen Grinsen quittierte.
»Wo fahren wir eigentlich hin?«, fragte Newman, als sie gemeinsam die Treppe vom ersten Stock ins Erdgeschoss hinunterstiegen.
»Ins finsterste Soho.«
»Nicht gerade eines meiner Lieblingsviertel, aber wenn Sie meinen...«
In Soho angekommen, führte Marler Newman in eine hell erleuchtete Straße, in der es sogar einige renovierte Häuser gab.
»Die haben hier ja mächtig was getan«, sagte Newman erstaunt. »Letztes Mal, als ich hier war, sah es noch weitaus schlimmer aus.«
»Der Schein trügt. Ist alles nur Fassade.«
Auf der schmalen Straße kamen ihnen immer wieder Horden lärmender Teenager entgegen, und an einem der Häuser lehnte ein stämmiger Mann mit einer Schirmmütze, der sich genüsslich eine Zigarre anzündete. Als Newman und Marler auf gleicher Höhe mit dem Mann waren, blies er ihnen eine übel riechende Rauchwolke ins Gesicht.
»War das Absicht, Kumpel?«, fragte Newman, der abrupt stehen geblieben war und sich bedrohlich vor dem Mann aufbaute.
»Worauf du einen lassen kannst.«
Newman holte aus und versetzte dem Mann einen Magenschwinger, dass dieser sich vor Schmerzen krümmte und zu Boden sank. Dabei schlug er mit dem Gesicht aufs Pflaster, sodass ihm die Zigarre aus dem Mund fiel und in einen Gully rollte, wo sie zischend verlosch. Newman bückte sich und zog dem Mann die Schirmmütze über die Augen. »Rauchen fügt Ihnen und Ihrer Umgebung schwere gesundheitliche Schäden zu«, sagte er und ging weiter.
»Willkommen in Soho«, sagte Marler spöttisch. »Wir müssen hier lang.«
Sie bogen in eine düstere Gasse ein, in der gerade ein schmierig aussehender Typ einem jungen Mann ein kleines Briefchen in die Hand drückte. Kokain, dachte Newman. Eine Neonreklame, deren Buchstaben den Namen Belles formten, hing ein wenig schief über einer Tür, neben der zwei ziemlich abgetakelte Blondinen standen und Newman und Marler taxierende Blicke zuwarfen.
»So, da wären wir«, sagte Marler. »Und pünktlich sind wir auch. Eddie mag es nämlich gar nicht, wenn man ihn warten lässt.«
»Na, Süßer, wie wär’s denn mit uns zwei beiden?«, sagte eine der Blondinen zu Marler, während die andere sich mit einem schmachtenden Blick an Newman wandte: »Bei uns kriegt ihr was Besseres als da drinnen.«
»Was du nicht sagst!«, erwiderte Newman schroff und folgte Marler ins Innere des Etablissements, wo eine spärlich bekleidete junge Farbige mit einem Mikrofon in der Hand auf einer winzigen Bühne stand und vergeblich versuchte, mit ihrem »Gesang« gegen das laute Stimmengewirr im Publikum anzukommen. Marler bahnte sich einen Weg zwischen den voll besetzten Tischen hindurch in den hinteren Teil des Raumes, wo eine Treppe nach oben führte.
An einem Tisch direkt unter der Treppe saß ein schäbig gekleideter Mann mit einer Boxernase und einer Narbe auf der linken Wange. Marler setzte sich mit dem Rücken zur Wand zu ihm, während sich Newman so platzierte, dass er das ganze Lokal überblicken
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