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ungünstigen Umständen verlassen, und ich fürchte, er hegt bis heute einen Groll gegen uns.»
«Wie heißt er?»
«Munzer Achmedow.»
«Und wie soll ich Kontakt zu ihm aufnehmen?»
«Seine Anschrift ist, gelinde gesagt, etwas eigenartig. Auf dem Einwohnermeldeamt hat er als ständigen Wohnsitz eine Moschee in Brooklyn angegeben. Das ist wohl sein bevorzugter Aufenthaltsort.»
«Ich wusste gar nicht, dass es in Brooklyn Moscheen gibt.»
«Offenbar schon.» Stone nahm sich ein Blatt Karpetland-Briefpapier und schrieb Taylor die Adresse auf.
«Fort Hamilton Avenue 4905», las Taylor laut vor. «Wo zum Geier ist das denn?»
«In Borough Park, ganz in der Nähe des Maimonides Medical Center», erklärte Stone.
«Soll das ein Witz sein?», fragte Taylor. «Das ist ein jüdisches Viertel.»
«Ich versichere Ihnen, es ist absolut kein Witz. Viel Glück bei der Suche nach Achmedow. Ich gebe Ihnen noch ein Empfehlungsschreiben mit.»
«Von wem? Von Ihnen?»
«Gott bewahre. Nein, von einem in New Jersey ansässigentürkischen Mullah, der mit uns und auch mit Mr. Achmedow befreundet ist. Anscheinend gehören sie zur selben Sufi-Bruderschaft.»
«Kann ich den Wagen nehmen?»
«Ich wüsste nicht, was dagegen spräche. Es sei denn, Miss Barnes hat Bedenken.»
«Meinetwegen kannst du ihn haben», sagte Anna. «Ich bin nicht so der Lieferwagentyp.»
«Nun zu Ihnen, Miss Barnes.» Stone wandte sich Anna zu. «Ihr Trumpf ist der ehrenwerte aserbaidschanisch-iranische Herr, der sich Ali Ascari nennt. Die erste Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, wer sich um ihn kümmern soll. Möchten Sie das persönlich übernehmen?»
«Auf keinen Fall», sagte Anna. «Das wäre sogar ein ganz großer Fehler. Um ehrlich zu sein, kann ich den Mann nicht ausstehen. Außerdem wäre es viel zu unsicher.»
«Ganz meine Meinung. Dann brauchen also auch Sie einen Strohmann. Und auch für Sie hätte ich einen Vorschlag.»
«Solange es kein weiterer Iraner ist.»
«Der Mann, an den ich denke, ist ein alter Bekannter von mir. Wir waren in den Fünfzigern zusammen in Deutschland tätig. Später leitete er den Stützpunkt in Beirut, bis er sich vor sieben Jahren gründlich eingeschnappt zurückzog. Er kann mitunter etwas schwierig sein. Er ist reizbar und jähzornig und der einzige mir bekannte Agent, der im Auslandseinsatz ständig eine Waffe trägt. Abgesehen davon ist er aber brillant, einer der Besten, die ich je erlebt habe. Er heißt Frank Hoffman.»
«Und was macht er jetzt?»
«Er hat eine private Sicherheitsfirma mit Sitz in Athen. Seine Kunden sind meist reiche Araber, er reist also häufig in die Golfregion, was Ihren Zwecken ebenfalls zugute kommt.»
«Klingt toll», sagte Anna.
«Das ist es auch», bestätigte Stone. «Doch wie bei Mr. Achmedow gibt es auch hier das Problem, dass Frank möglicherweise nicht mitmachen will.»
«Und warum nicht?»
«Er ist mit den Jahren ein alter Nörgler geworden. Er hält uns alle für unfähig.»
«Haben Sie schon mal bei ihm vorgefühlt?»
«Nein. Und das sollte ich auch tunlichst lassen.»
«Warum?»
«Weil er garantiert nein sagt, wenn ich ihn frage. Unglücklicherweise war ich nämlich mit daran schuld, dass er gekündigt hat.»
«Oh», machte Anna leise.
«Sie müssen also selbst mit ihm Kontakt aufnehmen. Er ist sicher nicht ganz leicht zu rekrutieren, aber falls er zustimmt, ist er der ideale Mann, um Ascari zu bändigen. Ihn in Athen aufzuspüren, dürfte nicht weiter schwierig sein.» Er schrieb Hoffmans Privat- und Büronummer auf ein weiteres Blatt und reichte es Anna.
«Gut», sagte sie. «Aber ich sollte Sie vielleicht warnen. Ich bin mir nicht sicher, ob Ascari wirklich einen guten Agenten abgibt. Abgesehen von der Tatsache, dass er ein kleiner Wichser ist, macht er auch nicht gerade einen zuverlässigen Eindruck.»
«Oh, er wird sicher kein schlechter Agent, vor allem, nachdem ihn Frank Hoffman erst mal in die Mangel genommen hat. Ich verrate Ihnen jetzt ein kleines Rekrutierungsgeheimnis, das perfekt auf Leute wie unseren Mr. Ascari passt. Ich nenne es Stones Gesetz der Umkehrung.»
«Stones Gesetz der Umkehrung?»
«Es lautet folgendermaßen: Wenn Sie einen Raum betreten und Ihnen jemand auf Anhieb unsympathisch ist – sei es, weil er besonders ordinär ist oder vollkommen uninteressant –, dann ist das fast schon eine Garantie dafür, dass dieser Mensch sich als Agent für die Vereinigten Staaten von Amerika rekrutieren
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