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Das Netzwerk

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Titel: Das Netzwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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sehen, Mr.   Achmedow, dann erzähle ich Ihnen, wie wir beide – Sie und ich – endlich einen wirklich entscheidenden Schlag für die Freiheit und Unabhängigkeit von ganz Turkestan führen werden. In Ordnung?»
    Munzer gab keine Antwort. Er wirkte verwirrt. Da hatte er sich viele Jahre lang nur noch um seine eigenen Angelegenheiten gekümmert und dabei ein anonymes, relativ glückliches Leben geführt. Und nun tauchte auf einmal dieser Fremde auf und wollte ihn zurück an die Front holen.
    «In Ordnung?», wiederholte Taylor.
    «Gut. So soll es sein», erwiderte Munzer.
     
    «Ich schätze, dieser Achmedow ist zu knacken», berichtete Taylor Stone am nächsten Tag in Washington. Sie hatten sich in der Nähe von Stones Haus in Georgetown getroffen, auf dem Parkplatz eines Drugstores in der Wisconsin Avenue. Den Lieferwagen hatte Taylor ein paar Häuser weiter an einer Straßenecke geparkt.
    «Das haben Sie gut gemacht», sagte Stone. «Der Mann ist eine ziemlich harte Nuss, wenn ich ihn richtig in Erinnerung habe.»
    «Er ist wie alle Emigranten ziemlich fanatisiert, wenn es um die alte Heimat geht, aber ansonsten ein netter Kerl.»
    «Und wie kann ich Ihnen helfen?», fragte Stone. «An diesem herrlichen Samstagvormittag, den ich eigentlich auf dem Tennisplatz verbringen wollte.»
    «Tut mir leid, dass ich Sie gestört habe, aber um den Deal mit Achmedow unter Dach und Fach zu bringen, müssen Sie möglichst rasch etwas für mich in die Wege leiten.»
    «Was denn?»
    «Ich muss etwas über den turksprachigen Dienst von Radio Freies Europa gesendet kriegen. Sie haben doch gesagt, dass Sie einen Freund in München haben, der früher solche Dinge für Sie erledigt hat. Ich dachte, Sie könnten ihn vielleicht um einen Gefallen bitten.»
    «Sicher kann ich das. Was wollen Sie denn gesendet haben?»
    «Ein Gedicht. Ein nationalistisches Gedicht mit dem Titel ‹Wach auf, Kasache.› Ich habe es hier.» Er reichte Stone das Buch, das Munzer ihm gegeben hatte.
    «Das dürfte eigentlich kein Problem sein.»
    «Das Gedicht gehört zu den wichtigsten Dingen in Achmedows Leben. Weil es antirussisch ist, ist er fest davon überzeugt, dass wir es nicht senden. Aber ich habe ihm gesagt, dass die Regeln sich geändert hätten. Wenn ich das schaffe, steigt er bei uns ein, wenn nicht, bin ich der Gelackmeierte, und wir müssen uns jemand anderen suchen.»
    «Lassen Sie sich deshalb keine grauen Haare wachsen. Wie gesagt, das dürfte kein großes Problem sein. Niemand prüft genau, was über diese Sender geht. Und selbst wenn es jemandem auffallen sollte, kommen sie nicht drauf, wer es veranlasst hat. Wann soll das Gedicht denn gesendet werden?»
    «So schnell wie möglich. Ich habe Achmedow versprochen, dass es innerhalb einer Woche geschieht.»
    «Wie wäre es mit Dienstag? Heute in drei Tagen?»
    «Schaffen Sie das so schnell?»
    «Warum nicht?»
    «Prima», sagte Taylor. «Das wäre mir eine große Hilfe.»
    «Brauchen Sie sonst noch was?», fragte Stone und sah auf die Uhr. «Ich will nicht zu spät zu meinem Tennismatch kommen.»
    «Nein, das war’s», erwiderte Taylor.
     
    26  Am Tag ihrer Ankunft in Athen rief Anna bei Frank Hoffman an und benutzte dabei seinen früheren CI A-Decknamen , Oscar D.   Fabiolo. Das war Stones Idee gewesen. Er glaubte, es könne helfen, das Eis zu brechen. Anna hatte insofern Glück, dass Hoffman überhaupt zu Hause war und nicht auf einem seiner regelmäßigen Besuche bei Kunden in Saudi-Arabien, Kuwait und Abu Dhabi – oder zunehmend auch an den sehr viel angenehmeren Orten, wo diese Herrschaften Häuser besaßen, in Monte Carlo beispielsweise, in Genf, Paris oder London. Zu Annas Pech war Hoffman allerdings in ausgesprochen miesepetriger Stimmung.
    «Kann ich bitte mit Oscar D.   Fabiolo sprechen?», fragte Anna.
    «Nein», knurrte die barsche Stimme am anderen Ende der Leitung. «Der ist tot.»
    Anna ließ nicht locker. «Sind Sie das, Mr.   Fabiolo?»
    «Wer ist denn da?»
    «Ich bin die Freundin eines alten Freundes.»
    «Blödsinn. Ich habe keine alten Freunde, nur neue. Wer sind Sie überhaupt?»
    «Lucy.»
    «Ich kenne keine Lucy.»
    «Umso besser», sagte Anna. «Dann falle ich ja unter die neuen Freunde.»
    «Sie scheinen ja richtig dringend mit mir reden zu wollen, wer immer Sie sind.»
    «Ja, Sir, so ist es. Ich bin ziemlich weit gereist, um mit Ihnen zu reden.»
    «Sind Sie hübsch?»
    Anna überlegte einen Augenblick, wie sie darauf reagieren sollte, dann sagte sie: «Ganz

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