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passabel.»
«Ach du Scheiße», polterte Hoffman. «Na, dann kommen Sie mal vorbei, Puppe. Ich hab hier nämlich eine Aussicht, die ist locker ’ne Million wert. So was muss man mit jemandem teilen.» Offenbar war er gut im Aufbrausen, brachte es aber dann nicht fertig, dauerhaft wütend zu bleiben. Und so machte sich die «Puppe» umgehend auf den Weg.
Frank Hoffman war in der Sicherheitsbranche tätig. Als Anfang der Siebziger der Ölboom einsetzte, hatte er rasch erkannt, dass die neureichen Wüstenprinzen vor allem eines brauchten: jemanden, der dafür sorgte, dass sie am Leben blieben, und der ihren meist nicht ganz legal erworbenen Besitz verteidigte. Und so hatte er 1972 beim Geheimdienst gekündigt und eine Sicherheitsfirma gegründet, für die er sich den Namen «AA – Arab-American Security Consultants, Inc.» ausdachte, um an erster Stelle im Telefonbuch von Riad zu stehen. Was er nicht bedacht hatte, war die Tatsache, dass es in Riad überhaupt kein Telefonbuch gab und dass ein solches Telefonbuch, hätte es existiert, ganz sicher nicht dem englischen Alphabet gefolgt wäre. Inzwischen war Hoffman so reich, dass es im Grunde egal war, wie man ihn oder seine Firma nannte. Er hatte eine riesige Wohnung in Kolonaki, einem zentral gelegenen Stadtteil von Athen am Fuße des Lykavittos. Die Fensterfront schaute auf die Akropolisund eröffnete damit tatsächlich den millionenschweren Blick, mit dem Hoffman sich gerne brüstete.
Wie um seiner Umgebung und seinem neugewonnenen Vermögen Respekt zu zollen, hatte Hoffman sich in den letzten Jahren auch äußerlich dem Klischeebild eines reichen Griechen angenähert. Er war klein und stämmig (um nicht zu sagen: fett), doch auch das bereitete ihm inzwischen kein Kopfzerbrechen mehr. Er bezahlte seinem Friseur fünfzig Dollar pro Haarschnitt, trug Gucci-Slipper, halb aufgeknöpfte Seidenhemden und um den Hals eine schwere Goldkette mit einem Anhänger, der aussah wie der Buchstabe O. Die einzige Verbindung zu seinem früheren Leben bestand darin, dass er immer noch eine Waffe trug: Er hatte den zuständigen Beamten beim griechischen Innenministerium bestochen, ihm einen Waffenschein auszustellen.
Als Anna bei Hoffman klingelte, hatte sie keine Vorstellung davon, was sie erwartete. Stone hatte ihr erzählt, Hoffman sei exzentrisch und habe die CIA im Zorn verlassen, weil er sich vom damaligen Direktor – und ganz nebenbei auch von Stone – ungerecht und herablassend behandelt fühlte. Unmittelbarer Anlass war irgendein palästinensischer Agent in Beirut. Doch darüber hinaus wusste Anna absolut nichts über Hoffman. Er gehörte zu den CI A-Originalen , von denen die alten Hasen gern erzählten, obwohl sich im Grunde keiner mehr recht an sie erinnern konnte.
«Immer rein mit Ihnen, Süße», sagte Hoffman, als er öffnete. Es war früher Abend, und durch die großen Fenster des Wohnraums sah Anna die majestätischen, effektvoll ausgeleuchteten Säulen der Akropolis. Direkt neben den Fenstern buhlte ein riesiger Farbfernseher mit einer Folge von
Starsky und Hutch
um Aufmerksamkeit.
«Nicht übel, was?» Hoffman führte sie näher an die Fensterheran. «Und, hab ich übertrieben? Ist das eine Aussicht, für die man ’ne Million hinblättern würde?»
«Vielleicht sogar zwei Millionen», sagte Anna.
«Nee, nee. Der Dollar steht hier noch ziemlich gut. Eine Million. Setzen Sie sich. Was wollen Sie trinken?»
«Weißwein.»
«Blödsinn. Ich trinke Whiskey.»
«Das können Sie gerne tun, ich möchte aber trotzdem Weißwein.»
«Wie Sie wollen, Kleine.»
Er ging den Wein holen, und Anna deutete auf den laut gestellten Fernseher. «Haben Sie was dagegen, wenn ich das ausmache? Ich kann Sie kaum verstehen.»
«Das ist
Starsky und Hutch
, ziemlich klasse Folge. Starsky gibt sich als Tangotänzer aus, um einen Erpresserring zu zerschlagen.»
«Ich schaue mir dann irgendwann die Wiederholung an», sagte Anna.
«Dann schalten Sie von mir aus ab. Aber nur den Ton, ja?»
Hoffman kam mit einem Glas Wein zurück, setzte sich Anna gegenüber und beugte sich vor. «Also, wer zum Teufel sind Sie?»
«Ich heiße Lucy Morgan.»
«Ach ja? Ist das ein Deckname?»
«Ja», sagte sie. «Ist es.»
«Und, Süße, wie heißen Sie richtig?»
«Das sollte ich Ihnen wohl besser nicht sagen.»
«Wie Sie wollen.» Er lehnte sich auf dem Sofa zurück und richtete den Blick auf den tonlosen Fernsehbildschirm.
«Anna Barnes», sagte Anna.
Hoffman richtete sich wieder auf.
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