Das Netzwerk
oft soll ich das Ihnen noch sagen? Edward Stone.»
Hoffman überdachte die Lage und wurde milder. «Vielleicht haben die ja tatsächlich versucht, mich anzurufen», sagte er. «Aber ich habe das Telefon schon seit einer Weile ausgestöpselt.»
«Wie lange?»
«Keine Ahnung. Ein paar Tage vielleicht. Aber das ist ja auchegal. Jetzt, wo Sie schon mal hier sind, können Sie genauso gut hereinkommen.»
«Danke», sagte Taylor. Er trat in die Wohnung und stellte den Koffer mit dem Sprengstoff vorsichtig auf den Couchtisch im Wohnzimmer.
«Was ist denn das?», fragte Hoffman.
«Stone hat mir aufgetragen, Ihnen diesen Koffer zu bringen. Sie finden darin einen Brief, der Ihnen alles erklärt.»
«Lassen Sie den Unsinn, Jüngelchen. Wie ist überhaupt Ihr richtiger Name?»
«Taylor.»
«Okay, lassen Sie den Unsinn, Taylor. Was ist in dem Scheiß-Koffer da?»
«Sprengstoff.»
«Wie bitte?»
«Sprengstoff. Sie wissen schon. Bumm-Bumm.»
«Ach du Scheiße! Sprengstoff! Ist Stone jetzt komplett verrückt geworden? Was hat der alte Sack bloß vor? Will er den Dritten Weltkrieg anfangen?»
«Lesen Sie den Brief», sagte Taylor. «Dann wissen Sie Bescheid.»
«Dazu brauche ich keinen Brief zu lesen. Ich weiß nämlich genau, was da drinsteht. Stone schickt mir eine Mini-Atombombe oder sonst irgendein Teufelszeug, das ich diesem durchgeknallten iranischen Arschloch Ascari in den Hintern stopfen soll. Der bringt es dann in ein verwanztes Drecksnest mitten im Kaukasus oder in Zentralasien, damit Iwan daheim in Moskau glaubt, dass Onkel Sam noch immer was reißen kann. So in etwa ist es doch, oder nicht?»
«Kann sein. Ich habe den Brief nicht gelesen. Aber was Sie sagen, klingt nicht schlecht.»
«Natürlich nicht. Wie auch? Das ist das kleine Einmaleinsin unserem Metier. Sich Sachen ausdenken, damit den Russkis der Arsch auf Grundeis geht. Und jetzt probieren wir’s mal mit Bomben. Super!»
«Gefällt Ihnen das nicht?»
«Im Gegenteil. Gefällt mir gut. Ich finde es nur ein bisschen verrückt. Was ist denn auf einmal in Stone gefahren? Er war doch immer so konservativ.»
«Ich bin mir nicht sicher», sagte Taylor. «Aber ich glaube, dass ihn die ganze Stillhaltepolitik langsam nervt und er jetzt seine eigenen Wege geht.»
«Echt? Was für welche?»
«Er glaubt, dass die Sowjetunion zusammenkracht, wenn wir ihr nur genügend Feuer unter dem Hintern machen.»
«Hoffentlich irrt er sich da nicht. Denn wenn er sich irrt, dann stecken wir alle bis zum Hals in der Scheiße.»
«Wie meinen Sie das? Krieg?»
«Nein, so harmlos ist das nicht. Ich spreche von ganz anderen Problemen.»
«Was für welchen?»
«Vor ein paar Tagen waren zwei Männer aus unserem Büro in Athen bei mir und haben mir eine Menge Fragen gestellt. Ob ich einen Edward Stone kenne und wenn ja, was er gerade tut. Und wie es mit einer Frau namens Anna Barnes steht. Ob ich die vielleicht kenne? Kann sein, dass sie mich sogar nach Ihnen gefragt haben.»
«Und was haben Sie den Männern gesagt?»
«Dass sie sich verpissen sollen. Ich arbeite nicht mehr für die CIA. Wenn sie was von mir wissen wollten, müssten sie schon mit einer gerichtlichen Vorladung kommen.»
«Und? Haben sie danach noch einmal versucht, Kontakt mit Ihnen aufzunehmen?»
«Keine Ahnung. Deswegen habe ich ja das Telefon ausgestöpselt. Ich hatte genug von ihrem Bockmist. Wie Sie jetzt bei mir geklingelt haben, hab ich zuerst geglaubt, Sie würden auch zu denen gehören.»
Taylor lachte und schüttelte den Kopf. «Nein, ich gehöre zu denen, hinter denen sie her sind.»
«Das klingt viel besser», sagte Hoffman. «Und jetzt lassen Sie uns was trinken.»
Hoffman zeigte Taylor, dass das Telefon noch immer ausgesteckt war, und öffnete eine frische Flasche Scotch. Als sie am späten Abend leer war, hatten die beiden unzählige Male auf den ehrenwerten Edward Stone angestoßen und mit schwerer Stimme hundert Mal ihre Treue zueinander und zu ihrer Sache bekundet, was immer diese Sache auch sein mochte, und schließlich hatte Hoffman Taylor sogar einen Job bei den Arab-American Security Consultants angeboten, falls er jemals Ärger mit seinem bisherigen Brötchengebern bekommen sollte.
Die zweite Bombe explodierte in der usbekischen Stadt Samarkand, wohin sie im Gepäck eines iranischen Architekten gelangt war. Oder zumindest war es das, was der Mann vorgab zu sein. Immerhin hatte er eine große, persische Nase und sprach ein sanftes, melodiöses Farsi. Den Usbeken erzählte
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