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Das Netzwerk

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Titel: Das Netzwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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gleich darauf nach Saudi-Arabien geflogen. Er meint, es wäre an der Zeit, dort ein paar alte Kunden aufzusuchen. Wollen Sie vielleicht eine Nachricht für ihn hinterlassen?»
    «Nein. Keine Nachricht. Mr.   Hoffman weiß selber sehr gut, was er tut.»
     
    41  Stone ging weiterhin jeden Morgen zur Arbeit, wo er sich in sein kleines, tief im Labyrinth von Langley verborgenes Büro zurückzog. Am Tag nach der großen Razzia kamen mehrere Leute aus der Sicherheitsabteilung zu ihm und fragten ihn nach den fehlenden Unterlagen von Karpetland. Stone antwortete, dass er überhaupt nicht wisse, wovon sie sprechen. Am Nachmittag konsultierte er einen Anwalt aus einer Kanzlei in Washington, deren Inhaber – leidenschaftliche Tennisspieler wie Stone – zu den besten ihres Faches gehörten. Der Anwalt riet ihm, auf keinen Fall etwas einzugestehen, dann würde alles schon wieder in Ordnung kommen. Für diesen Rat verlangte er 250   Dollar, und selbst die waren noch ein Freundschaftspreis.
    Ein paar Tage später schaute der Generalinspektor höchstpersönlichbei Stone vorbei. Er machte ein verlegenes Gesicht und erklärte, dass er wegen ihrer langjährigen Freundschaft diesen Fall nicht selbst untersuchen könne. Dennoch bat er Stone darum, ihnen bei der Suche nach Anna Barnes zu helfen, andernfalls wolle der Direktor die französische Polizei ersuchen, einen Haftbefehl für sie auszustellen.
    «Wie unangenehm», sagte Stone und schrieb dem Generalinspektor Adresse und Telefonnummer von Annas Hotel in Deauville auf. Schon am nächsten Morgen war Anna in Begleitung einer Agentin aus dem Pariser CI A-Büro auf dem Rückweg in die französische Hauptstadt.
    Danach blieb es ein paar Tage lang ziemlich ruhig. Es schien fast so, als ob die Weisen aus dem siebten Stock nun nicht mehr so recht wussten, was sie als Nächstes tun sollten. Vielleicht hatten sie ja Angst vor dem, was aufgescheucht werden könnte, wenn sie weiter in diesem trüben Gewässer fischten. Ein paar von Stones engsten Freunden fingen an, ihn abends zu Hause anzurufen und sich mit ihm auf Parkplätzen oder anderen sicheren Orten zu verabreden, um ihm den neuesten Klatsch aus den oberen Etagen zu berichten.
    Aus diesen und anderen Informationen reimte sich Stone zusammen, dass die Operation nicht durch ein einzelnes Sicherheitsleck, sondern nach und nach aufgeflogen war. Ende Juli hatte der CI A-Direktor die Sicherheitsabteilung mit der Untersuchung von Gerüchten über eine nicht autorisierte CI A-Operation in den sowjetischen Staaten Zentralasiens beauftragt, die in der Münchner Zentrale von Radio Freies Europa ihren Anfang genommen hatten. Zunächst hatten die beauftragten Beamten die Untersuchung nicht sonderlich ernst genommen und die üblichen Alibi-Akten angelegt, aber irgendwann war mehr Zug in die Sache gekommen. Offenbar hatte ein ehrgeiziger, jungerErmittler, der nach einem wenig erfolgreichen Auslandseinsatz in Südamerika erst vor kurzem in die Sicherheitsabteilung versetzt worden war, die Untersuchung zu seiner Sache gemacht. Als er – zu Recht – den Eindruck bekam, dass man ihn an der Nase herumführte, ergriff er die Gelegenheit, sich im siebten Stock beliebt zu machen, und berichtete die Sache einem von Hinkles Spezialassistenten, die ständig überall Gefahr und Verrat witterten.
    Aber selbst dann wäre die Untersuchung vermutlich immer noch im Sand verlaufen, hätte nicht der Spezialassistent seiner Freundin davon erzählt, die für den Geheimdienstausschuss des Kongresses arbeitete. Dessen Vorsitzender wiederum fragte im September bei einem Gespräch über den Ergänzungshaushalt FY 80 den Direktor der CIA, ob seine Organisation denn in den zentralasiatischen Republiken der Sowjetunion eine nicht genehmigte Operation durchführe. Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Von diesem Augenblick an lief die Maschinerie einer offiziellen Untersuchung mit voller, nicht mehr aufzuhaltender Macht an.
     
    Eine Woche nach dem großen Knall kam Taylor aus Istanbul zurück. Seine Karriere bei der CIA war ihm mittlerweile so gleichgültig, dass er ernsthaft daran dachte, seinen Beruf zu wechseln. Allerdings gingen seine Überlegungen diesbezüglich nicht über die Standardphantasien aller unzufriedenen CI A-Mitarbeiter hinaus: einen Agentenroman schreiben, ein Restaurant in Nord-Kalifornien aufmachen, als Broker an der Wall Street einen Haufen Geld machen. Das deutlichste Anzeichen für seine Ermattung war die Tatsache, dass er sich

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