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Das Netzwerk

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Titel: Das Netzwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Wirtschaftsabteilung, seine eigentliche Aufgabe bestand jedoch darin, für das Wohlergehen verdeckter Agenten wie Anna Barnes zu sorgen. Er rief sie von einer Telefonzelle an, um ein Treffen mit ihr zu vereinbaren.
     
    Sie verabredeten sich in einem sicheren Haus in Stoke Newington. Es war ein bescheidenes Arbeiterhäuschen an der Carysfort Road, einer ruhigen Straße in der Nähe des Clissold Park, wo Milchmänner und Taxifahrer wohnten und die Anwohner, wenn sie auswärts essen wollten, zum Fish-and-Chips-Laden um die Ecke gingen. Anna fand den Ort für ein sicheres Haus bemerkenswert schlecht gewählt. In einer solchen Gegend musste ein unbewohntes Haus, wo nur hin und wieder irgendwelche Amerikaner ein und aus gingen, doch ganz besonders auffallen. Aber sie war ja noch neu in der Branche.
    Howard wartete vor der Tür. Er war Mitte vierzig, hatte schütteres Haar und machte einen gequälten, unausgeglichenen Eindruck. Seine Karriere neigte sich massiv dem Ende zu. Die Stelle in London hatte er als eine Art Entschädigung für die vielen Dienstjahre in Schwarzafrika bekommen, schien sie aber vor allem als unwillkommene Ablenkung von viel wichtigeren Tätigkeiten wie Besuchen im Theater oder im Pub zu betrachten. NOCs betreuen war so ziemlich das Letzte, was er wollte. Die waren doch immer völlig durchgeknallt. Sogar die Männer.
    «Und, haben Sie sich gut eingelebt?», fragte Howard besorgt und meinte damit eigentlich: Und, fangen Sie schon an durchzudrehen?
    «Alles bestens», antwortete Anna fröhlich.
    «Haben Sie schon eine Wohnung?»
    «Ja, eine ganz hübsche sogar. Gleich über einem Antiquitätenladen.»
    Howard musterte sie. Sie wirkte keineswegs neurotisch auf ihn und auch nicht wie die sprichwörtliche graue Maus. In Rock und Kaschmirpullover sah sie ansprechend, um nicht zu sagen attraktiv aus und wirkte auch sonst recht munter. Und sie beklagte sich nicht.
    «Ich hätte eine kleine Aufgabe für Sie», sagte Howard.
    «Großartig!», sagte Anna. «Worum geht es?»
    «Wir haben da einen Mann, der alles Mögliche versucht, um Kontakt mit uns aufzunehmen. Einen Iraner. Er ruft ständig in der Botschaft an und bittet um Rückruf. Angeblich gehört er zu Khomeinis Geheimdienst, was schon mal seltsam ist, weil Khomeini unseres Wissens gar keinen Geheimdienst hat. Und er behauptet, er hätte brandheiße Informationen. Wir wussten bisher nicht, was wir mit ihm anstellen sollen, also haben wir gar nichts gemacht. Ehrlich gesagt kommt er mir wie ein ziemlich schräger Vogel vor. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie so was interessiert.»
    «Und ob», rief Anna. «Das interessiert mich sogar sehr. Wann soll ich anfangen?»
    Der Botschaftsmitarbeiter musste lächeln. Annas Begeisterung erinnerte ihn an seinen eigenen, längst vergangenen jugendlichen Überschwang. «Hören Sie», sagte er. «Ich muss Sie wirklich warnen. Der Mann kann sich als absoluter Flop entpuppen. Und seltsam ist er noch dazu.»
    «Das macht mir nichts aus», sagte Anna. «Wie heißt er denn?»
    «Ali Ascari. Zumindest meldet er sich immer unter diesem Namen.»
    «Wann soll ich mich mit ihm treffen?»
    «Immer langsam, Kindchen. Wir brauchen erst noch ein paar Eckdaten. Wir werden in der Zentrale und in Teheran nachfragen, was über Ascari vorliegt, ob er früher schon Verbindung mit uns oder einem anderen Geheimdienst hatte, vielleicht auch unter einem anderen Namen. Nachher haben die längst eine dicke Akte über ihn.»
    «Und wie soll ich Kontakt zu Mr.   Ascari aufnehmen?»
    «Das dürfte nicht weiter schwierig werden. Am besten über SDFIBBER.»
    «Wer ist denn SDFIBBER?»
    «Ein iranischer Journalist hier in London. Eigentlich heißt er Farduz oder Marduz oder so ähnlich. Er ist der perfekte Kontaktmann, kennt Gott und die Welt. Wir lassen ihn einfach ein Mittagessen mit Ihnen und Ascari arrangieren.»
    «Dann ist ‹SD› das Kürzel für den Iran?»
    «Ganz genau.»
    «Und unter welchem Vorwand soll ich bei diesem Mittagessen dabei sein? Oder ist das eine dumme Frage?»
    «Im Gegenteil, das ist eine sehr gute Frage. Lassen Sie mich mal überlegen. Sie sind eine hübsche junge Frau, Sie könnten einfach eine Freundin von SDFIBBER sein, die gern neue Leute kennenlernt   …»
    «Auf keinen Fall», protestierte Anna. «Dann hält er mich ja gleich für eine Nutte.»
    «Na gut. Dann sind Sie eben eine ernsthafte junge Investmentbankerin, die sich brennend für die iranische Wirtschaft interessiert. Besser?»
    «Viel

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