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Enttäuschung», sagte Ascari. «Eine sehr große Enttäuschung.»
«Aber warum denn?»
«Weil ich Kontakt will zur CIA. Ich habe wichtige Dinge über Iran zu erzählen. Seit drei Wochen versuche ich es, seit der Schah fort ist. Ich rufe in der Botschaft an, hinterlasse Nachrichten. Keine Reaktion. Ich dachte, vielleicht hat die CIA Sie geschickt.»
Er sah wirklich zutiefst enttäuscht aus, runzelte die Stirn und schob seine Gebetsperlen an ihrer Schnur hin und her. Anna dachte einen Augenblick nach, doch nichts von dem, was sie in der Ausbildung gelernt hatte, konnte ihr in dieser Situation weiterhelfen. Auf eine solche Begegnung war sie einfach nicht vorbereitet worden. Eines stand allerdings fest: Sie musste irgendwie herausfinden, was Ascari zu sagen hatte.
«Mr. Ascari …», sagte sie zögernd.
«Ja, Lady?», erwiderte er niedergeschlagen.
«Ich habe ein paar Bekannte bei der Botschaft. Würde Ihnen das vielleicht helfen? Ich könnte Ihre Informationen an sie weitergeben.»
«Sie haben Bekannte bei der Botschaft?»
Anna nickte. «Ja, ein paar. Es sind Freunde von mir.»
«Und diese Leute sind bei der CIA?»
«Das weiß ich nicht», sagte Anna. «Aber bei der Botschaft ist das doch alles ein und dasselbe, nicht?»
«Ja, vielleicht. Gut. Reden wir.» Ascari lächelte und legte Anna eine Hand aufs Knie. Sie schob die Hand beiseite, sagte aber nichts dazu.
«Gut, Miss», sagte er. «Wir reden über Iran, und Sie erzählen das Ihren Freunden bei der Botschaft, ja?»
«Ja.»
«Gut. Ich arbeite für Khomeini. Beim Sicherheitsdienst. Beim Spiondienst. Sie verstehen?»
Anna wollte schon bejahen, doch dann wurde ihr klar, dass sie im Grunde gar nichts verstand. «Nein», sagte sie. «Ich verstehe nicht.»
«Wo ist das Problem?»
«Wie kann Khomeini Spione haben?», fragte Anna leise. «Er ist doch gerade erst in den Iran zurückgekehrt.»
Ascari rollte mit den Augen und schnalzte mit der Zunge. «Natürlich hat er Spione! Was glauben Sie, hat er gemacht all die Jahre? Den Koran gelesen?»
«Vielleicht sollten Sie nicht ganz so laut sprechen.» Anna ließ den Blick durch das Lokal schweifen. Niemand schien sie zu belauschen, aber man wusste ja nie. «Vielleicht sollten wir lieber Farsi reden.»
«Nein. Englisch ist gut», sagte Ascari. «Kein Problem.» Der Gedanke, dass eine Amerikanerin seine Sprache beherrschte, schien ihm nicht sonderlich zu behagen.
«Gut. Erzählen Sie weiter.»
«Ich arbeite also für Khomeini-Leute. Aber ich arbeite auch für mich. Und ich denke, die Amerikaner wollen jetzt vielleicht treffen einen Khomeini-Mann wie mich. Amerika kennt doch nur Schah-Leute, und die sind weg von dem Fenster. Aber ich weiß viel.»
«Was wissen Sie denn?»
«Ich weiß, dass große Terroristen arbeiten für Khomeini. Sie lernen bei der PLO in Libanon. Sie lernen bei syrischem Mukhabarat. Sie lernen bei den Russen. Und ich weiß, wer sie sind.»
«Aha», sagte Anna.
«Sie sagen das der Botschaft, ja?»
Anna nickte.
«Ich kenne die großen Terroristen. Ich weiß, wo ihre Trainingslager sind. Das weiß ich ganz genau. Und vielleicht kann ich sogar herausfinden ihre Pläne. Wer weiß? Was sagen Sie dazu, Lady?»
«Das wird meine Freunde bei der Botschaft sicher interessieren.»
Ascari lächelte und legte Anna erneut die Hand aufs Bein, diesmal auf den Oberschenkel. Offenbar wollte er sich dafür belohnen, dass er diese wertvollen Informationen preisgegeben hatte. Anna schob seine Hand weg, diesmal mit etwas mehr Nachdruck.
«Reden Sie weiter», sagte sie. «Und hören Sie auf, mich anzufassen.»
«Gut. Gut. Ich sage Ihnen etwas Interessantes. Nächsten Monat schicken die Khomeini-Leute ihre Spione in iranische Botschaften nach London, nach Paris, nach Brüssel. Das sind gefährliche Männer. Sehr gefährlich. Aber leicht zu erkennen.»
«Wieso?»
«Weil sie alle Bärte haben!»
Anna musste lächeln. Sie wusste nicht recht, ob er das ernst meinte.
Ascari hob den Zeigefinger. «He, Lady. Das ist kein Scherz. Sagen Sie Ihren Freunden bei der Botschaft, sie sollen achten auf Bärte!»
Anna ließ ihr Lächeln verschwinden. «Gut», sagte sie. «Und wen schickt Khomeini noch?»
«Er schickt Männer, die Waffen kaufen sollen. Waffenhändler! Einer davon ist mein Freund. Seine Schwester ist verheiratet mit Bruder vom Mann meiner Schwester. Er ist der Anführer.»
«Wie heißt er?»
«Sie sagen es bei der Botschaft?»
«Natürlich.»
«Hussein Madaressi.»
«Hussein Madaressi»,
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