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Das Netzwerk

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Titel: Das Netzwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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erst mit meinen Freunden von der Botschaft Rücksprache halten.»
    «Hmm», brummte Ascari. «Ich weiß, Sie sind nur die Botin.» Er zwinkerte ihr zu und heftete den Blick dann wieder auf den Aktenkoffer. «Was haben Sie mir denn mitgebracht? Was ist die Überraschung für Ali Ascari?»
    Anna hob den Aktenkoffer auf, zögerte dann aber einen Moment, weil sie nicht mehr sicher war, ob Ascari das Geld auch wirklich verdient hatte. Sie konnte nicht sagen, welche Version des Mordkomplotts stimmte, ob nicht alles gelogen war. Und sie konnte erst recht nicht beurteilen, ob die Sache mit den Waffenlieferungen aus dem Iran der Wahrheit entsprach. Andererseits hatte sie das Geld extra hierher nach Istanbul gebracht, um es Ascari auszuhändigen; sie würde es ganz sicher nicht wieder mit nach Hause nehmen.
    Sie öffnete die Schnappschlösser des Aktenkoffers, und Ascari setzte sich auf dem Sofa auf wie ein erwartungsvolles Hündchen. Die Aussicht auf Geld schien ihn wieder ganz nüchtern zu machen.
    «Zunächst einmal habe ich ein Geschenk für Sie.» Anna hob den Deckel, nahm das abgegriffene Buch über die heiligen Stätten in Aserbaidschan aus dem Aktenkoffer und überreichte es Ascari.
    «Ah. Und was ist das?»
    «Ein Buch.»
    «Oh, sehr schön. Was haben Sie mir sonst noch mitgebracht?» «Meine Freunde dachten, es könnte Ihnen gefallen. Es ist ein sehr seltenes Buch.»
    «Sehr schön, Lady, vielen Dank. Aber Ali Ascari liest nicht viel.» Mehr aus Höflichkeit als aus Interesse schlug er die Titelseiteauf, dann bemerkte er die kyrillische Schrift, las das Wort «Baku». «Sekunde, Lady», sagte er.
    «Was denn?»
    «Das ist ein Buch aus Sowjetunion. Was zum Teufel soll das? Sind Sie KGB, Lady?»
    «Nein, Gott bewahre. Das ist ein Buch über den Islam in Aserbaidschan. Meine Freunde dachten, es könnte Ihnen gefallen, weil Sie doch ein religiöser Mensch sind.»
    «Richtig, Lady. Gut. Schön. Ich lese später. Was haben Sie noch für Ali?»
    «Ich soll Ihnen im Namen meiner Freunde von der Botschaft in London eine Belohnung überbringen», sagte Anna mit ruhiger Stimme. «Sie möchten sich für die bisherigen Informationen erkenntlich zeigen. Natürlich müssen sie erst überprüfen, ob das alles auch stimmt, und deshalb kann es sein, dass Sie sich in London einem Test mit dem Apparat unterziehen müssen, von dem ich vorhin schon gesprochen habe. Damit können wir feststellen, ob Sie die Wahrheit sagen.»
    «Das Geld», drängte Ascari. «Das Geld.»
    Anna klappte den Aktenkoffer ganz auf und zeigte ihm die zehn schmalen Bündel aus jeweils zehn Zehndollarscheinen. Ascari schaute mit gierigem Blick hinüber, und Anna reichte ihm den Koffer. Das Geld bedeckte nicht einmal den ganzen Boden. Der Iraner begutachtete die Scheine, dann ließ er den Koffer samt Inhalt mit verächtlichem Grunzen zu Boden fallen.
    «Mist!», rief er und fuchtelte Anna mit einem der mickrigen Bündel vor dem Gesicht herum. «Das ist Mist. Das sind eintausend Dollar!»
    «Richtig», bestätigte Anna. «Eintausend Dollar. Ein einmaliger Bonus für Ihre bisherigen Informationen. Meine Freunde dachten, Sie würden sich freuen.»
    «Freuen? Sind Sie verrückt? Eintausend Dollar? So viel gibt Ali Ascari sonst in einer Nacht aus! Für ein Hotelzimmer! Dieses Geld ist wie Beleidigung. Es sagt mir: Fahr zur Hölle!»
    «Beruhigen Sie sich», sagte Anna. Doch es war vergebens. Der Iraner war überzeugt, beleidigt worden zu sein, und steigerte sich in einen regelrechten Tobsuchtsanfall hinein.
    «Eintausend Dollar!», brüllte er und warf die Geldbündel quer durchs Zimmer. «Besser, Sie hätten mir gar nichts gegeben!» Zehndollarscheine flatterten auf den Teppichboden.
    «Wenn Ihre Informationen der Wahrheit entsprechen, gibt es später vielleicht mehr Geld», sagte Anna, doch Ascari hörte sie gar nicht.
    «Wissen Sie eigentlich, Lady, wie sehr Sie mich beleidigen? So viel Geld ich zahle für eine Nacht mit Frau! Mit guter Frau! Keiner billigen CIA-KG B-Hure !»
    «Ich werde jetzt gehen.» Anna stand rasch auf und strebte zur Tür. Doch Ascari war schneller, als sie erwartet hatte. Mit der Wendigkeit, die fette Männer manchmal an den Tag legen, war er vor ihr an der Tür, versperrte ihr den Weg und legte die Kette vor.
    «Wo wollen Sie hin, Lady? Ali Ascari ist noch nicht fertig. Ali Ascari will etwas haben für sein Geld!» Er keuchte angestrengt, Schweißperlen standen ihm auf der Stirn, und er streckte die fetten Finger nach ihr aus.
    Anna erstarrte.

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