Das neue Buch Genesis
können eine Maschine so programmieren, dass sie durch Denken programmiert wird.«
Von dieser Erkenntnis bis zur Entwicklung funktionsfähiger Arbeitsmodelle war es immer noch ein gewaltiger Schritt und die ersten Versuche waren unausgereift und überwiegend erfolglos. Trotzdem hatte sich Philosoph William nicht von seiner Forschungsarbeit abbringen lassen. Als Adam vor Gericht gestellt wurde war William sicher, bei Artfink einen neuen Typus entwickelt zu haben, der imstande war, echte interaktive Intelligenz zu entwickeln.
Williams Problem war, dass sein Programm, ähnlich wie ein Kind, intensive menschliche Interaktion erforderte. Der Artfink brauchte einen Gefährten, den er beobachten, mit dem er sprechen und von dem er lernen konnte. Philosoph William hatte seinen neuen Prototypen vier Jahre lang heimlich betreut und dessen Entwicklung hatte all seine Erwartungen übertroffen.
Dennoch befürchtete William, dass sein Prototyp mit dem Spitznamen Art schon bald keine Fortschritte mehr machen würde. Warum, beschreibt der folgende Tagebucheintrag:
»Obwohl ich Art erschaffen habe, verstehe ich es nicht. Das immerhin ist das Ergebnis meiner Forschungen. Arts Entwicklung hat mich täglich überrascht, doch in letzter Zeit ist mir aufgefallen, dass die Überraschungen abnehmen. Dass Arts Verhalten mittlerweile einem vorhersehbaren Muster folgt, ist an und für sich nicht alarmierend, schließlich würden wir uns eine solche Entwicklung auch für ein Kind wünschen. Was mir jedoch Sorge bereitet, ist, dass dieses Stadium so schnell erreicht wurde. Mag sein, dass ich nun wie ein überstolzer Vater klinge, aber ich bin mir sicher, dass meine Erfindung viel mehr erreichen könnte. Meiner Meinung nach liegt das Problem darin, dass ich das Programm geschrieben habe und gleichzeitig für seine Entwicklung verantwortlich bin. Dass Art mich nicht mehr überrascht, liegt zum Großteil gewiss daran, dass ich Art nicht mehr überrasche. Er muss unbedingt einem neuen Stimulus ausgesetzt werden, ehe seine Mechanismen zur Anpassung und Neuorientierung einschlafen und er einem unterforderten Kind gleicht, dessen Neugierde allmählich erschlafft. Leider wird es nach dem Vorfall in der Kinderkrippe nicht leicht sein, eine geeignete Testperson für diese Aufgabe zu finden.«
Dann sah Philosoph William Adams Verhandlung und hatte plötzlich die ideale Lösung.
William schlug dem Rat vor, bei Adams Verurteilung einen Kompromiss einzugehen. Adam sollte weder exekutiert noch unter normalen Bedingungen inhaftiert werden. Stattdessen bekäme er eine Chance zur Wiedergutmachung, indem er für seine Gesellschaft einen einzigartigen Beitrag leistete. Er sollte Arts Gefährte werden, rund um die Uhr überwacht in einem sicheren Umfeld.
Adams Fürsprechern konnte man diese Lösung als mildernde Umstände und Anerkennung seiner einzigartigen Fähigkeiten schmackhaft machen. Seinen Kritikern hingegen würde die Maßnahme als Haftstrafe erscheinen, wenn man das für ihn bestehende Risiko übertrieben darstellte.
Bei diesem Vorschlag ging es William ganz sicher nicht um die Zukunft der Republik. D a er nicht mehr der Jüngste war, wollte er einfach nur noch miterleben, wie Art sein volles Potenzial entwickelte.
Adam war zweifellos ein kluger und provokativer Mensch, also genau die Art von Anregung, die Art benötigte. Und das Beste war: Ihm blieb gar nichts anderes übrig, als zuzustimmen. Dies war auch der Grund, warum der Rat angesichts William ‘ s Vorschlag keine Sekunde darüber nachdachte, welche Auswirkung Adam auf das innovative Computerprogramm haben könnte. Für sie zählte nur, dass es ihr einziger Ausweg aus der Misere war.
PRÜFER: Und wie reagierte Adam auf den Vorschlag?
ANAXIMANDER: Soweit ich weiß, waren seine genauen Worte: »Das ist mir viel lieber, als zu sterben.«
Der Hauptprüfer richtete sich unvermittelt auf und wandte sich zuerst seinem linken und dann seinem rechten Kollegen zu. Er nickte.
PRÜFER: Die zweite Stunde ist vorüber. Ich schlage vor, wir machen eine weitere Pause.
Die Tür glitt auf und dieses Mal verließ Anax den Raum in besserer Stimmung. Den Prüfern die Geschichte zu erzählen, fühlte sich nicht anders an, als wenn sie diese Perikles in einer ihrer endlosen Übungsstunden schilderte.
Dieses Mal war außer ihr niemand anderes im Wartezimmer und Anax ließ ihre Gedanken schweifen. Sie musste unweigerlich an ihren Tutor denken und daran, wie sie sich zum ersten Mal gesehen hatten.
Anax hatte
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